The Project Gutenberg EBook of Der junge Gelehrte, by Gotthold Ephraim Lessing Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. Der junge Gelehrte Ein Lustspiel in drei Aufzuegen Gotthold Ephraim Lessing Verfertigt im Jahre 1747 Personen: Chrysander, ein alter Kaufmann Damis, der junge Gelehrte, Chrysanders Sohn Valer Juliane Anton, Bedienter des Damis Lisette Der Schauplatz ist die Studierstube des Damis. Erster Aufzug Erster Auftritt Damis (am Tische unter Buechern). Anton. Damis. Die Post also ist noch nicht da? Anton. Nein. Damis. Noch nicht? Hast du auch nach der rechten gefragt? Die Post von Berlin-- Anton. Nun ja doch; die Post von Berlin; sie ist noch nicht da! Wenn sie aber nicht bald koemmt, so habe ich mir die Beine abgelaufen. Tun Sie doch, als ob sie Ihnen, wer weiss was, mitbringen wuerde! Und ich wette, wenn's hoch koemmt, so ist es eine neue Scharteke oder eine Zeitung oder sonst ein Wisch.-- Damis. Nein, mein guter Anton; dasmal moechte es etwas mehr sein. Ah! wann du es wuesstest-- Anton. Will ich's denn wissen? Es wuerde mir weiter doch nichts helfen, als dass ich einmal wieder ueber Sie lachen koennte. Das ist mir gewiss etwas Seltnes?--Haben Sie mich sonst noch wohin zu schicken? Ich habe ohnedem auf dem Ratskeller eine kleine Verrichtung; vielleicht ist's ein Gang? Nu? Damis (erzuernt). Nein, Schurke! Anton. Da haben wir's! Er hat alles gelesen, nur kein Komplimentierbuch.--Aber besinnen Sie sich. Etwa in den Buchladen? Damis. Nein, Schurke! Anton. Ich muss das Schurke so oft hoeren, dass ich endlich selbst glauben werde, es sei mein Taufname.--Aber zum Buchbinder? Damis. Schweig, oder-- Anton. Oder zum Buchdrucker? Zu diesen dreien, Gott sei Dank! weiss ich mich, wie das Faerbepferd um die Rolle. Damis. Sieht denn der Schlingel nicht, dass ich lese? Will er mich noch laenger stoeren? Anton (beiseite). St! Er ist im Ernste boese geworden. Lenk ein, Anton.--Aber, sagen Sie mir nur, was lesen Sie denn da fuer ein Buch? Potz Stern, was das fuer Zeug ist! Das verstehen Sie? Solche Krakelfuesse, solche fuerchterliche Zickzacke, die kann ein Mensch lesen? Wann das nicht wenigstens Fausts Hoellenzwang ist--Ach, man weiss es ja wohl, wie's den Leuten geht, die alles lernen wollen. Endlich verfuehrt sie der boese Geist, dass sie auch hexen lernen.-- Damis (nimmt sein muntres Wesen wieder an). Du guter Anton! Das ist ein Buch in hebraeischer Sprache.--Des Ben Maimon Jad chasaka. Anton. Ja doch; wer's nur glauben wollte! Was Hebraeisch ist, weiss ich endlich auch. Ist es nicht mit der Grundsprache, mit der Textsprache, mit der heiligen Sprache einerlei? Die warf unser Pfarr, als ich noch in die Schule ging, mehr als einmal von der Kanzel. Aber so ein Buch, wahrhaftig! hatte er nicht; ich habe alle seine Buecher beguckt; ich musste sie ihm einmal von einem Boden auf den andern raeumen helfen. Damis. Ha! ha! ha! das kann wohl sein. Es ist Wunders genug, wenn ein Geistlicher auf dem Lande nur den Namen davon weiss. Zwar, im Vertrauen, mein lieber Anton, die Geistlichen ueberhaupt sind schlechte Helden in der Gelehrsamkeit. Anton. Nu, nu, bei allen trifft das wohl nicht ein. Der Magister in meinem Dorfe wenigstens gehoert unter die Ausnahme. Versichert! der Schulmeister selber hat mir es mehr als einmal gesagt, dass er ein sehr gelehrter Mann waere. Und dem Schulmeister muss ich das glauben; denn wie mir der Herr Pfarr oft gesagt hat, so ist er keiner von den schlechten Schulmeistern; er versteht ein Wort Latein und kann davon urteilen. Damis. Das ist lustig! Der Schulmeister also lobt den Pfarr, und der Pfarr, nicht unerkenntlich zu sein, lobt den Schulmeister. Wenn mein Vater zugegen waere, so wuerde er gewiss sagen: Manus manum lavat. Hast du ihm die alberne Gewohnheit nicht angemerkt, dass er bei aller Gelegenheit ein lateinisches Spruechelchen mit einflickt? Der alte Idiote denkt, weil er so einen gelehrten Sohn hat, muesse er doch auch zeigen, dass er einmal durch die Schule gelaufen sei. Anton. Hab ich's doch gedacht, dass es etwas Albernes sein muesse; denn manchmal mitten in der Rede murmelt er etwas her, wovon ich kein Wort verstehe. Damis. Doch schliesse nur nicht daraus, dass alles albern sei, was du nicht verstehst. Ich wuerde sonst viel albernes Zeug wissen.--Aber, o himmlische Gelehrsamkeit, wieviel ist dir ein Sterblicher schuldig, der dich besitzt! Und wie bejammernswuerdig ist es, dass dich die wenigsten in deinem Umfange kennen! Der Theolog glaubt dich bei einer Menge heiliger Sprueche, fuerchterlicher Erzaehlungen und einiger uebel angebrachten Figuren zu besitzen. Der Rechtsgelehrte bei einer unseligen Geschicklichkeit, unbrauchbare Gesetze abgestorbner Staaten, zum Nachteile der Billigkeit und Vernunft, zu verdrehen und die fuerchterlichsten Urtel in einer noch fuerchterlichern Sprache vorzutragen. Der Arzt endlich glaubt sich wirklich deiner bemaechtiget zu haben, wann er durch eine Legion barbarischer Woerter die Gesunden krank und die Kranken noch kraenker machen kann. Aber, o betrogene Toren! die Wahrheit laesst euch nicht lange in diesem sie schimpfenden Irrtume. Es kommen Gelegenheiten, wo ihr selbst erkennet, wie mangelhaft euer Wissen sei; voll tollen Hochmuts beurteilet ihr alsdann alle menschliche Erkenntnis nach der eurigen und ruft wohl gar in einem Tone, welcher alle Sterbliche zu bejammern scheinet, aus: Unser Wissen ist Stueckwerk! Nein, glaube mir, mein lieber Anton: der Mensch ist allerdings einer allgemeinen Erkenntnis faehig. Es leugnen, heisst ein Bekenntnis seiner Faulheit oder seines maessigen Genies ablegen. Wenn ich erwaege, wieviel ich schon nach meinen wenigen Jahren verstehe, so werde ich von dieser Wahrheit noch mehr ueberzeugt. Lateinisch, Griechisch, Hebraeisch, Franzoesisch, Englisch, Italienisch--das sind sechs Sprachen, die ich alle vollkommen besitze: und bin erst zwanzig Jahr alt! Anton. Sachte! Sie haben eine vergessen; die deutsche-- Damis. Es ist wahr, mein lieber Anton; das sind also sieben Sprachen; und ich bin erst zwanzig Jahr alt! Anton. Pfui doch, Herr! Sie haben mich oder sich selbst zum besten. Sie werden doch das, dass Sie Deutsch koennen, nicht zu Ihrer Gelehrsamkeit rechnen? Es war ja mein Ernst nicht.-- Damis. Und also denkst du wohl selber Deutsch zu koennen? Anton. Ich? ich? nicht Deutsch! Es waere ein verdammter Streich, wenn ich Kalmuckisch redete und wuesste es nicht. Damis. Unter koennen und koennen ist ein Unterschied. Du kannst Deutsch, das ist: du kannst deine Gedanken mit Toenen ausdruecken, die einem Deutschen verstaendlich sind; das ist, die ebendie Gedanken in ihm erwecken, die du bei dir hast. Du kannst aber nicht Deutsch, das ist: du weisst nicht, was in dieser Sprache gemein oder niedrig, rauh oder annehmlich, undeutlich oder verstaendlich, alt oder gebraeuchlich ist; du weisst ihre Regeln nicht; du hast keine gelehrte Kenntnis von ihr. Anton. Was einem die Gelehrten nicht weismachen wollen! Wenn es nur auf Ihr "das ist" ankaeme, ich glaube, Sie stritten mir wohl gar noch ab, dass ich essen koennte. Damis. Essen? Je nun wahrhaftig, wenn ich es genau nehmen will, so kannst du es auch nicht. Anton. Ich? ich nicht essen? Und trinken wohl auch nicht? Damis. Du kannst essen, das ist: du kannst die Speisen zerschneiden, in Mund stecken, kauen, herunterschlucken und so weiter. Du kannst nicht essen, das ist: du weisst die mechanischen Gesetze nicht, nach welchen es geschiehet; du weisst nicht, welches das Amt einer jeden dabei taetigen Muskel ist; ob der Digastrikus oder der Masseter, ob der Pterygoideus internus oder externus, ob der Zygomatikus oder der Platysmamyodes, ob-- Anton. Ach ob, ob! Das einzige Ob, worauf ich sehe, ist das, ob mein Magen etwas davon erhaelt und ob mir's bekoemmt.--Aber wieder auf die Sprache zu kommen. Glauben Sie wohl, dass ich eine verstehe, die Sie nicht verstehen? Damis. Du, eine Sprache, die ich nicht verstuende? Anton. Ja; raten Sie einmal. Damis. Kannst du etwa Koptisch? Anton. Foptisch? Nein, das kann ich nicht. Damis. Chinesisch? Malabarisch? Ich wuesste nicht woher. Anton. Wie Sie herumraten. Haben Sie meinen Vetter nicht gesehn? Er besuchte mich vor vierzehn Tagen. Der redete nichts als diese Sprache. Damis. Der Rabbi, der vor kurzen zu mir kam, war doch wohl nicht dein Vetter? Anton. Dass ich nicht gar ein Jude waere! Mein Vetter war ein Wende; ich kann Wendisch; und das koennen Sie nicht. Damis (nachsinnend). Er hat recht.--Mein Bedienter soll eine Sprache verstehen, die ich nicht verstehe? Und noch dazu eine Hauptsprache? Ich erinnere mich, dass ihre Verwandtschaft mit der hebraeischen sehr gross sein soll. Wer weiss, wieviel Stammwoerter, die in dieser verloren sind, ich in jener entdecken koennte!--Das Ding faengt mir an, im Kopfe herumzugehen! Anton. Sehen Sie!--Doch wissen Sie was? Wenn Sie mir meinen Lohn verdoppeln, so sollen Sie bald so viel davon verstehen als ich selbst. Wir wollen fleissig miteinander wendisch parlieren, und--Kurz, ueberlegen Sie es. Ich vergesse ueber dem verdammten Plaudern meinen Gang auf den Ratskeller ganz und gar. Ich bin gleich wieder zu Ihren Diensten. Damis. Bleib itzt hier; bleib hier. Anton. Aber Ihr Herr Vater koemmt. Hoeren Sie? Wir koennten doch nicht weiterreden. (Geht ab.) Damis. Wenn mich doch mein Vater ungestoert lassen wollte. Glaubt er denn, dass ich so ein Muessiggaenger bin wie er? Zweiter Auftritt Damis. Chrysander. Chrysander. Immer ueber den verdammten Buechern! Mein Sohn, zuviel ist zuviel. Das Vergnuegen ist so noetig als die Arbeit. Damis. O Herr Vater, das Studieren ist mir Vergnuegens genug. Wer neben den Wissenschaften noch andere Ergoetzungen sucht, muss die wahre Suessigkeit derselben noch nicht geschmeckt haben. Chrysander. Das sage nicht! Ich habe in meiner Jugend auch studiert; ich bin bis auf das Mark der Gelehrsamkeit gekommen. Aber dass ich bestaendig ueber den Buechern gelegen haette, das ist nicht wahr. Ich ging spazieren; ich spielte; ich besuchte Gesellschaften; ich machte Bekanntschaft mit Frauenzimmern. Was der Vater in der Jugend getan hat, kann der Sohn auch tun; soll der Sohn auch tun. A bove majori discat arare minor! wie wir Lateiner reden. Besonders das Frauenzimmer lass dir, wie wir Lateiner reden, de meliori empfohlen sein! Das sind Narren, die einen jungen Menschen vor das Frauenzimmer aerger als vor Skorpionen warnen; die es ihm, wie wir Lateiner reden, cautius sanguine viperino zu fliehen befehlen.-- Damis. Cautius sanguine viperino? Ja, das ist noch Latein! Aber wie heisst die ganze Stelle? Cur timet flavum Tiberim tangere? cur olivum Sanguine viperino Cautius vitat?-- Oh, ich hoere schon, Herr Vater, Sie haben auch nicht aus der Quelle geschoepft! Denn sonst wuerden Sie wissen, dass Horaz in ebender Ode die Liebe als eine sehr nachteilige Leidenschaft beschreibt, und das Frauenzimmer-- Chrysander. Horaz! Horaz! Horaz war ein Italiener und meinet das italienische Frauenzimmer. Ja vor dem italienischen warne ich dich auch! das ist gefaehrlich! Ich habe einen guten Freund, der in seiner Jugend--Doch still! man muss kein Aergernis geben.--Das deutsche Frauenzimmer hingegen, o das deutsche! mit dem ist es ganz anders beschaffen.--Ich wuerde der Mann nicht geworden sein, der ich doch bin, wenn mich das Frauenzimmer nicht vollends zugestutzt haette. Ich daechte, man saehe mir's an. Du hast tote Buecher genug gelesen; guck einmal in ein lebendiges! Damis. Ich erstaune-- Chrysander. O du wirst noch mehr erstaunen, wenn du erst tiefer hineingehen wirst. Das Frauenzimmer, musst du wissen, ist fuer einen jungen Menschen eine neue Welt, wo man so viel anzugaffen, so viel zu bewundern findet-- Damis. Hoeren Sie mich doch! Ich erstaune, will ich sagen, Sie eine Sprache fuehren zu hoeren, in der wahrhaftig diejenigen Vorschriften nicht ausgedruckt waren, die Sie mir mit auf die hohe Schule gaben. Chrysander. Quae, qualis, quanta! Jetzt und damals! Tempora mutantur! wie wir Lateiner sagen. Damis. Tempora mutantur? Ich bitte Sie, legen Sie doch die Vorurteile des Poebels ab. Die Zeiten aendern sich nicht. Denn lassen Sie uns einmal sehen: was ist die Zeit?-- Chrysander. Schweig! die Zeit ist ein Ding, das ich mir mit deinem unnuetzen Geplaudre nicht will verderben lassen. Meine damaligen Vorschriften waren nach dem damaligen Masse deiner Erfahrung und deines Verstandes eingerichtet. Nun aber traue ich dir von beiden so viel zu, dass du Ergoetzlichkeiten nicht zu Beschaeftigungen machen wirst. Aus diesem Grunde rate ich dir also-- Damis. Ihre Reden haben einigen Schein der Wahrheit. Allein ich dringe tiefer. Sie werden es gleich sehen. Der Status Controversiae ist-- Chrysander. Ei, der Status Controversiae mag meinetwegen in Barbara oder in Celarent sein. Ich bin nicht hergekommen mit dir zu disputieren, sondern-- Damis. Die Kunstwoerter des Disputierens zu lernen? Wohl! Sie muessen also wissen, dass weder Barbara noch Celarent den Statum-- Chrysander. Ich moechte toll werden! Bleib Er mir, Herr Informator, mit den Possen weg, oder-- Damis. Possen? diese seltsamen Benennungen sind zwar Ueberbleibsel der scholastischen Philosophie, das ist wahr; aber doch solche Ueberbleibsel-- Chrysander. Ueber die ich die Geduld verlieren werde, wann du mich nicht bald anhoerst. Ich komme in der ernsthaftesten Sache von der Welt zu dir,--denn was ist ernsthafter als heiraten?--und du-- Damis. Heiraten? Des Heiratens wegen zu mir? zu mir? Chrysander. Ha! ha! Macht dich das aufmerksam? Also ausculta et perpende! Damis. Ausculta et perpende? ausculta et perpende? Ein gluecklicher Einfall-- Chrysander. Oh, ich habe Einfaelle-- Damis. Den ich da bekomme! Chrysander. Du? Damis. Ja, ich. Wissen Sie, wo sich dieses ausculta et perpende herschreibt? Eben mache ich die Entdeckung; aus dem Homer. O was finde ich nicht alles in meinem Homer? Chrysander. Du und dein Homer, ihr seid ein paar Narren! Damis. Ich und Homer? Homer und ich? wir beide? Hi! hi! hi! Gewiss, Herr Vater? O ich danke, ich danke. Ich und Homer! Homer und ich! --Aber hoeren Sie nur: sooft Homer--er war wirklich kein Narr, so wenig wie ich--sooft er, sag ich, seine Helden den Soldaten zur Tapferkeit ermuntern oder in dem Kriegsrate eine Beratschlagung anheben laesst; sooft ist auch der Anfang ihrer Rede: Hoeret, was ich vortragen werde, und ueberlegt es! Zum Exempel in der Odyssee: "Keklute dae nun meu, Ithakhsioi, oti ken eipo." [Greek] Und darauf folgt denn auch oft: "Oy eiath' oi d' ara tau mala men chluon, aed' epithonto," [Greek] das ist: so sprach er, und sie gehorchten dem, was sie gehoeret hatten. Chrysander. Gehorchten sie ihm? Nu, das ist vernuenftig! Homer mag doch wohl kein Narr sein. Sieh zu, dass ich von dir auch widerrufen kann. Denn wieder zur Sache: ich kenne, mein Sohn-- Damis. Einen kleinen Augenblick Geduld, Herr Vater. Ich will mich nur hinsetzen und diese Anmerkung aufschreiben. Chrysander. Aufschreiben? was ist hier aufzuschreiben? Wem liegt daran, ob das Spruechelchen aus dem Homer oder aus dem Gesangbuche ist? Damis. Der gelehrten Welt liegt daran; meiner und Homers Ehre lieget daran! Denn ein Halbhundert solche Anmerkungen machen einen Philologen. Und sie ist neu, muss ich Ihnen sagen, sie ist ganz neu. Chrysander. So schreib sie ein andermal auf. Damis. Wenn sie mir aber wieder entfiele? Ich wuerde untroestlich sein. Haben Sie wenigstens die Guetigkeit, mich wieder daran zu erinnern. Chrysander. Gut, das will ich tun; hoere mir nur jetzt zu. Ich kenne, mein Sohn, ein recht allerliebstes Frauenzimmer; und ich weiss, du kennst es auch. Haettest du wohl Lust-- Damis. Ich soll ein Frauenzimmer, ein liebenswuerdiges Frauenzimmer kennen? Oh, Herr Vater, wenn das jemand hoerte, was wuerde er von meiner Gelehrsamkeit denken?--Ich ein liebenswuerdiges Frauenzimmer?-- Chrysander. Nun wahrhaftig; ich glaube nicht, dass ein Gastwirt so erschrecken kann, wenn man ihm schuld gibt, er kenne den oder jenen Spitzbuben, als du erschrickst, weil du ein Frauenzimmer kennen sollst. Ist denn das ein Schimpf? Damis. Wenigstens ist es keine Ehre, besonders fuer einen Gelehrten. Mit wem man umgeht, dessen Sitten nimmt man nach und nach an. Jedes Frauenzimmer ist eitel, hoffaertig, geschwaetzig, zaenkisch und zeitlebens kindisch, es mag so alt werden, als es will. Jedes Frauenzimmer weiss kaum, dass es eine Seele hat, um die es unendlich mehr besorgt sein sollte als um den Koerper. Sich ankleiden, auskleiden und wieder anders ankleiden; vor dem Spiegel sitzen, seinen eignen Reiz bewundern; auf ausgekuenstelte Mienen sinnen; mit neugierigen Augen muessig an dem Fenster liegen: unsinnige Romane lesen und aufs hoechste zum Zeitvertreibe die Nadel zur Hand nehmen: das sind seine Beschaeftigungen; das ist sein Leben. Und Sie glauben, dass ein Gelehrter, ohne Nachteil seines guten Namens, solche naerrische Geschoepfe weiter als ihrer aeusserlichen Gestalt nach kennen duerfe? Chrysander. Mensch, Mensch! deine Mutter kehrt sich im Grabe um. Bedenke doch, dass sie auch ein Frauenzimmer war! Bedenke doch, dass die Dinger von Natur nun einmal nicht anders sind! Obschon, wie wir Lateiner zu reden pflegen, nulla regula sine exceptione. Und so eine Exzeption ist sicherlich das Maedchen, das ich jetzt im Kopfe habe und das du kennst.-- Damis. Nein, nein! ich schwoere es Ihnen zu; unsere Muhmen ausgenommen und Julianen-- Chrysander. Und Julianen? bene!-- Damis. Und ihr Maedchen ausgenommen, kenne ich kein einziges Weibsbild. Ja, der Himmel soll mich strafen, wenn ich mir jemals in den Sinn kommen lasse, mehrere kennenzulernen! Chrysander. Je nun, auch das! wie du willst! Genug, Julianen, die kennst du. Damis. Leider! Chrysander. Und eben Juliane ist es, ueber die ich deine Gedanken vernehmen moechte.-- Damis. Ueber Julianen? meine Gedanken ueber Julianen? O Herr Vater, wenn Sie noch meine Gedanken ueber Erinnen oder Korinnen, ueber Telesillen oder Praxillen verlangten-- Chrysander. Schocktausend! was sind das fuer Illen? Den Augenblick schwur er, er kenne kein Frauenzimmer, und nun nennt er ein halb Dutzend Menscher.-- Damis. Menscher? Herr Vater! Chrysander. Ja, Herr Sohn, Menscher! Die Endung gibt's gewiss nicht? Netrix, Lotrix, Meretrix.-- Damis. Himmel, Menscher! griechische beruehmte Dichterinnen Menscher zu nennen!-- Chrysander. Ja, ja, Dichterinnen! das sind mir eben die rechten. Lotrix, Meretrix, Poetrix-- Damis. Poetrix? O wehe, meine Ohren! Poetria muessten Sie sagen: oder Poetris-- Chrysander. Is oder ix, Herr Buchstabenkraemer! Dritter Auftritt Chrysander. Damis. Lisette. Lisette. Hurtig herunter in die Wohnstube, Herr Chrysander! Man will Sie sprechen. Chrysander. Nun, was fuer ein Narr muss mich jetzo stoeren? Wer ist es denn? Lisette. Soll ich alle Narren kennen? Chrysander. Was sagst du? Du hast ein unglueckliches Maul, Lisette. Einen ehrlichen Mann einen Narren zu schimpfen? Denn ein ehrlicher Mann muss es doch sein; was wollte er sonst bei mir? Lisette. Nu, nu; verzeihen Sie immer meinem Maule den Fehler des Ihrigen. Chrysander. Den Fehler des meinigen? Lisette. O gehen Sie doch! der ehrliche Mann wartet. Chrysander. Lass ihn warten. Habe ich doch den Narren nicht kommen heissen.--Ich werde gleich wieder da sein, mein Sohn. Lisette (beiseite). Ich muss doch sehen, ob ich aus dem wunderlichen Einfall meiner Jungfer etwas machen kann. Vierter Auftritt Lisette. Damis. Damis. Nun? geht Lisette nicht mit? Lisette. Ich bin Ihre gehorsamste Dienerin. Wenn Sie befehlen, so werde ich gehorchen. Aber nur eines moechte ich erst wissen. Sagen Sie mir, um des Himmels willen, wie koennen Sie bestaendig so allein sein? Was machen Sie denn den ganzen Tag auf Ihrer Studierstube? Werden Ihnen denn nicht alle Augenblicke zu Stunden? Damis. Ach, was nutzen die Fragen? Fort! fort! Lisette. Ueber den Buechern koennen Sie doch unmoeglich die ganze Zeit liegen. Die Buecher, die toten Gesellschafter! Nein, ich lobe mir das Lebendige; und das ist auch Mamsell Julianens Geschmack. Zwar dann und wann lesen wir auch; einen irrenden Ritter, eine Banise, und so etwas Gutes; aber laenger als eine Stunde halten wir es hintereinander nicht aus. Ganze Tage damit zuzubringen wie Sie, hilf Himmel! in den ersten dreien waeren wir tot. Und vollends nicht ein Wort dabei zu reden wie Sie; das waere unsre Hoelle. Ein Vorzug des ganzen maennlichen Geschlechts kann es nicht sein, weil ich Mannspersonen kenne, die so fluechtig und noch fluechtiger sind als wir. Es muessen nur sehr wenig grosse Geister diese besondere Gaben besitzen.-- Damis. Lisette spricht so albern eben nicht. Es ist schade, dass ein so guter Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert wird. Lisette. Sie machen mich schamrot. Bald duerfte ich mich dafuer raechen und Ihnen die Lobeserhebungen nacheinander erzaehlen, die Ihnen von der gestrigen Gartengesellschaft gemacht wurden. Doch ich will Ihre Bescheidenheit nicht beleidigen. Ich weiss, die Gelehrten halten auf diese Tugend allzuviel. Damis. Meine Lobeserhebungen? meine? Lisette. Ja, ja, die Ihrigen. Damis. O besorge Sie nichts, meine liebe Lisette. Ich will sie als die Lobeserhebungen eines andern betrachten, und so kann meine Bescheidenheit zufrieden sein. Erzaehle Sie mir sie nur. Bloss wegen Ihrer lebhaften und ungekuenstelten Art, sich auszudruecken, wuensche ich sie zu hoeren. Lisette. O meine Art ist wohl keine von den besten. Es hat mir ein Lehrmeister wie Sie gefehlt. Doch ich will Ihrem Befehle gehorchen. Sie wissen doch wohl, wer die Herren waren, die gestern bei Ihrem Herrn Vater im Garten schmauseten? Damis. Nein, wahrhaftig nicht. Weil ich nicht dabeisein wollte, so habe ich mich auch nicht darum bekuemmert. Hoffentlich aber werden es Leute gewesen sein, die selbst lobenswuerdig sind, dass man sich also auf ihr Lob etwas einbilden kann. Lisette. Das sind sie so ziemlich. Was wuerde es Ihnen aber verschlagen, wenn sie es auch nicht waeren? Sie wollen ja Ihre Lobeserhebungen aus Bescheidenheit als fremde betrachten. Und haengt denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vortraegt? Hoeren Sie nur-- Damis. Himmel! ich hoere meinen Vater wiederkommen. Um Gottes willen, liebe Lisette, dass er nicht merkt, dass Sie sich so lange bei mir aufgehalten hat. Geh Sie hurtig unterdessen in das Kabinett. Fuenfter Auftritt Damis. Chrysander. Chrysander. Der verzweifelte Valer! er haette mir zu keiner ungelegnern Zeit kommen koennen. Muss ihn denn der Henker eben heute von Berlin zurueckfuehren? Und muss er sich denn eben gleich bei mir anmelden lassen? Hui dass--Nein, Herr Valer, damit kommen Sie zu spaet. --Nun mein Sohn--(Damis steht zerstreut, als in tiefen Gedanken.) Hoerst du, mein Sohn? Damis. Ich hoere; ich hoere alles. Chrysander. Kurz, du merkst doch, wo ich vorhin hinauswollte? Einem Klugen sind drei Worte genug. Sapienti sat! sagen wir Lateiner. --Antworte doch-- Damis (noch immer als in Gedanken). Was ist da zu antworten?-- Chrysander. Was da zu antworten ist?--Das will ich dir sagen. --Antworte, dass du mich verstanden; dass dir mein Antrag lieb ist; dass dir Juliane gefaellt; dass du mir in allem gehorchen willst.--Nun, antwortest du das?-- Damis. Ich will gleich sehn--(Indem er in der angenommenen Zerstreuung nach einem Buche greift.) Chrysander. Was kann in dem Buche davon stehen?--Antworte aus dem Herzen und nicht aus dem Buche.--Ex libro doctus quilibet esse potest; sagen wir Lateiner.-- Damis (als ob er in dem Buche laese). Vollkommen recht! Aber nun wie weiter?-- Chrysander. Das weitere gibt sich, wie 's Griechische. Du sagst ja; sie sagt ja; damit wird Verloebnis; und bald darauf wird Hochzeit; und alsdenn--Du wirst schon sehen, wie's alsdenn weitergeht.-- Damis. Wenn nun aber diese Voraussetzung--(Immer noch als ob er laese.) Chrysander. Ei, ich setze nichts voraus, was im geringsten zweifelhaft waere. Juliane ist eine Waise; ich bin ihr Vormund; ich bin dein Vater; was muss mir angelegner sein, als euch beide gluecklich zu machen? Ihr Vater war mein Freund und war ein ehrlicher Mann, obgleich ein Narr. Er haette einen honetten Bankerott machen koennen; seine Glaeubiger wuerden aufs Drittel mit sich haben akkordieren lassen; und er war so einfaeltig und bezahlte bis auf den letzten Heller. Wie ist mir denn? hast du ihn nicht gekannt? Damis. Von Person nicht. Aber seine Lebensumstaende sind mir ganz wohl bewusst. Ich habe sie, ich weiss nicht in welcher Biographie, gelesen' Chrysander. Gelesen? gedruckt gelesen? Damis. Ja, ja; gelesen. Er ward gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts geboren und ist, etwa vor zwanzig Jahren, als Generalsuperintendent in Pommern gestorben. In orientalischen Sprachen war seine vornehmste Staerke. Allein seine Buecher sind nicht alle gleich gut. Dieses ist noch eines von den besten. Eine besondere Gewohnheit soll der Mann an sich gehabt haben-- Chrysander. Von wem sprichst denn du? Damis. Sie fragen mich ja, ob mir der Verfasser dieses Buchs bekannt waere? Chrysander. Ich glaube, du traeumest; oder es geht gar noch etwas Aergers in deinem Gehirne vor. Ich frage dich, ob du Julianens Vater noch gekannt hast? Damis. Verzeihen Sie mir, wann ich ein wenig zerstreut geantwortet habe! Ich dachte eben nach,--warum wohl die Rabbinen--das Schurek M'lo Pum heissen. Chrysander. Mit dem verdammten Schurek! Gib doch auf das acht, was der Vater mit dir spricht!--(Er nimmt ihm das Buch aus der Hand.) Du hast ihn also nicht gekannt? Ich besinne mich; es ist auch nicht wohl moeglich. Als er starb, war Juliane noch sehr jung. Ich nahm sie gleich nach seinem Tode in mein Haus, und Gott sei Dank! sie hat viel Wohltaten hier genossen. Sie ist schoen, sie ist tugendhaft; wem sollte ich sie also lieber goennen als dir? Was meinst du?--Antworte doch! Stehst du nicht da, als wenn du schliefest!-- Damis. Ja, ja, Herr Vater. Nur eins ist noch dabei zu erwaegen.-- Chrysander. Du hast recht; freilich ist noch eins dabei zu erwaegen: ob du dich naemlich geschickt befindest, bald ein oeffentliches Amt anzunehmen, weil doch-- Damis. Wie? geschickt? geschickt? Sie zweifeln also an meiner Geschicklichkeit?--Wie ungluecklich bin ich, dass ich Ihnen nicht sogleich die unwidersprechlichsten Beweise geben kann! Doch es soll noch diesen Abend geschehen. Glauben Sie mir, noch diesen Abend.--Die verdammte Post! Ich weiss auch nicht, wo sie bleibt. Chrysander. Beruhige dich nur, mein Sohn. Die Frage geschahe eben aus keinem Misstrauen, sondern bloss weil ich glaube, es schicke sich nicht, eher zu heiraten, als bis man ein Amt hat; so wie es sich, sollte ich meinen, auch nicht wohl schickt, eher ein Amt anzunehmen, als bis man weiss, woher man die Frau bekommen will. Damis. Ach, was heiraten? was Frau? Erlauben Sie mir, dass ich Sie allein lasse. Ich muss ihn gleich wieder auf die Post schicken. Anton! Anton! Doch es ist mit dem Schlingel nichts anzufangen; ich muss nur selbst gehen. Sechster Auftritt Anton. Chrysander. Anton. Rufte mich nicht Herr Damis? Wo ist er? was soll ich? Chrysander. Ich weiss nicht, was ihm im Kopfe steckt. Er ruft dich; er will dich auf die Post schicken; er besinnt sich, dass mit dir Schlingel nichts anzufangen ist, und geht selber. Sage mir nur, willst du zeitlebens ein Esel bleiben? Anton. Gemach, Herr Chrysander! ich nehme an den Torheiten Ihres Sohnes keinen Teil. Mehr als zwoelfmal habe ich ihm heute schon auf die Post laufen muessen. Er verlangt Briefe von Berlin. Ist es meine Schuld, dass sie nicht kommen? Chrysander. Der wunderliche Heilige! Du bist aber nun schon so lange um ihn; solltest du nicht sein Gemuet, seine Art zu denken ein wenig kennen? Anton. Ha! ha! das koemmt darauf hinaus, was wir Gelehrten die Kenntnis der Gemueter nennen? Darin bin ich Meister; bei meiner Ehre! Ich darf nur ein Wort mit einem reden; ich darf ihn nur ansehen: husch, habe ich den ganzen Menschen weg! Ich weiss sogleich, ob er vernuenftig oder eigensinnig, ob er freigebig oder ein Knicker-- Chrysander. Ich glaube gar, du zeigst auf mich? Anton. O kehren Sie sich an meine Haende nicht!--Ob er-- Chrysander. Du sollst deine Kunst gleich zeigen! Ich habe meinem Sohne eine Heirat vorgeschlagen: nun sage einmal, wenn du ihn kennst, was wird er tun? Anton. Ihr Herr Sohn? Herr Damis? Verzeihen Sie mir, bei dem geht meine Kunst, meine sonst so wohl versuchte Kunst, betteln. Chrysander. Nu, Schurke, so geh mit und prahle nicht! Anton. Die Gemuetsart eines jungen Gelehrten kennen wollen und etwas daraus schliessen wollen, ist unmoeglich; und was unmoeglich ist, Herr Chrysander--das ist unmoeglich. Chrysander. Und wieso? Anton. Weil er gar keine hat. Chrysander. Gar keine? Anton. Nein, nicht gar keine; sondern alle Augenblicke eine andre. Die Buecher und die Exempel, die er liest, sind die Winde, nach welchen sich der Wetterhahn seiner Gedanken richtet. Nur bei dem Kapitel vom Heiraten stehenzubleiben, weil das einmal auf dem Tapete ist, so besinne ich mich, dass--Denn vor allen Dingen muessen Sie wissen, dass Herr Damis nie etwas vor mir verborgen hat. Ich bin von jeher sein Vertrauter gewesen und von jeher der, mit dem er sich immer am liebsten abgegeben hat. Ganze Tage, ganze Naechte haben wir manchmal auf der Universitaet miteinander disputiert. Und ich weiss nicht, er muss doch so etwas an mir finden; etwa eine Eigenschaft, die er an andern nicht findet-- Chrysander. Ich will dir sagen, was das fuer eine Eigenschaft ist: deine Dummheit! Es ergoetzt ihn, wenn er sieht, dass er gelehrter ist als du. Bist du nun vollends ein Schalk und widersprichst ihm nicht und lobst ihn ins Gesicht und bewunderst ihn-- Anton. Je verflucht! da verraten Sie mir ja meine ganze Politik! Wie schlau ein alter Kaufmann nicht ist! Chrysander. Aber vergiss das Hauptwerk nicht! Vom Heiraten-- Anton. Ja darueber hat er schon Teufelsgrillen im Kopfe gehabt. Zum Exempel: ich weiss die Zeit, da er gar nicht heiraten wollte. Chrysander. Gar nicht? so muss ich noch heiraten. Ich werde doch meinen Namen nicht untergehen lassen? Der Boesewicht! Aber warum denn nicht? Anton. Darum: weil es einmal Gelehrte gegeben hat, die geglaubt haben, der ehelose Stand sei fuer einen Gelehrten der schicklichste. Gott weiss, ob diese Herren allzu geistlich oder allzu fleischlich sind gesinnt gewesen! Als ein kuenftiger Hagestolz hatte er sich schon auf verschiedene sinnreiche Entschuldigungen gefasst gemacht.-- Chrysander. Auf Entschuldigungen? kann sich so ein ruchloser Mensch, der dieses heilige Sakrament--Denn im Vorbeigehen zu sagen, ich bin mit unsern Theologen gar nicht zufrieden, dass sie den Ehestand fuer kein Sakrament wollen gelten lassen--der, sage ich, dieses heilige Sakrament verachtet, kann der sich noch unterstehen, seine Gottlosigkeit zu entschuldigen? Aber, Kerl, ich glaube, du machst mir etwas weis; denn nur vorhin schien er ja meinen Vorschlag zu billigen. Anton. Das ist unmoeglich richtig zugegangen. Wie stellte er sich dabei an? Lassen Sie sehen; stand er etwa da, als wenn er vor den Kopf geschlagen waere? sahe er etwa steif auf die Erde? legte er etwa die Hand an die Stirne? griff er etwa nach einem Buche, als wenn er darin lesen wollte? liess er Sie etwa ungestoert fortreden? Chrysander. Getroffen! du malst ihn, als ob du ihn gesehen haettest. Anton. O da sieht es windig aus! Wann er es so macht, will er haben, dass man ihn fuer zerstreut halten soll. Ich kenne seine Mucken. Er hoert alsdenn alles, was man ihm sagt; allein die Leute sollen glauben, er habe es vor vielem Nachsinnen nicht gehoert. Er antwortet zuweilen auch; wenn man ihm aber seine Antwort wieder vorlegt, so wird er nimmermehr zugestehen, dass sie auf das gegangen sei, was man von ihm hat wissen wollen. Chrysander. Nun, wer noch nicht gestehen will, dass zu viel Gelehrsamkeit den Kopf verwirre, der verdient es selber zu erfahren. Gott sei Dank, dass ich in meiner Jugend gleich das rechte Mass zu treffen wusste! Omne nimium vertitur in vitulum: sagen wir Lateiner sehr spasshaft.--Aber Gott sei dem Boesewichte gnaedig, wann er auf dem Vorsatze verharret! Wann er behauptet, es sei nicht noetig, zu heiraten und Kinder zu zeugen, will er mir damit nicht zu verstehn geben, es sei auch nicht noetig gewesen, dass ich ihn gezeugt habe? Der undankbare Sohn! Anton. Es ist wahr, kein groesster Undank kann unter der Sonne sein, als wenn ein Sohn die viele Muehe nicht erkennen will, die sein Vater hat ueber sich nehmen muessen, um ihn in die Welt zu setzen. Chrysander. Nein; gewiss, an mir soll der heilige Ehestand seinen Verteidiger finden! Anton. Der Wille ist gut; aber lauter solche Verteidiger wuerden die Konsumtionsakzise ziemlich geringe machen. Chrysander. Wieso? Anton. Bedenken Sie es selbst! drei Weiber, und von der dritten kaum einen Sohn. Chrysander. Kaum? was willst du mit dem, kaum' sagen, Schlingel? Anton. Hui, dass Sie etwas Schlimmers darunter verstehn als ich. Chrysander. Zwar im Vertrauen, Anton: wenn die Weiber vor zwanzig Jahren so gewesen waeren, wie die Weiber jetzo sind, ich wuerde auf wunderbare Gedanken geraten. Er hat gar zu wenig von mir! Doch die Weiber vor zwanzig Jahren waren so frech noch nicht wie die jetzigen; so treulos noch nicht, wie sie heutzutage sind; so luestern noch nicht-- Anton. Ist das gewiss? Nun wahrhaftig, so hat man meiner Mutter unrecht getan, die vor 33 Jahren von ihrem Manne, der mein Vater nicht sein wollte, geschieden wurde! Doch das ist ein Punkt, woran ich nicht gern denke. Die Grillen Ihres Herrn Sohns sind lustiger. Chrysander. Aergerlicher, sprich! Aber sage mir, was waren denn seine Entschuldigungen? Anton. Seine Entschuldigungen waren Einfaelle, die auf seinem Miste nicht gewachsen waren. Er sagte zum Exempel, solange er unter vierzig Jahren sei und ihn jemand um die Ursache fragen wuerde, warum er nicht heirate, wolle er antworten, er sei zum Heiraten noch zu jung. Waere er aber ueber vierzig Jahr, so wolle er sprechen, nunmehr sei er zum Heiraten zu alt. Ich weiss nicht, wie der Gelehrte hiess, der auch so soll gesagt haben.--Ein anderer Vorwand war der: er heiratete deswegen nicht, weil er alle Tage willens waere, ein Moench zu werden; und wuerde deswegen kein Moench, weil er alle Tage gedaechte zu heiraten. Chrysander. Was? nun will er auch gar ein Moench werden? Da sieht man, wohin so ein boeses Gemuet, das keine Ehrfurcht fuer den heiligen Ehestand hat, verfallen kann! Das haette ich nimmermehr in meinem Sohne gesucht! Anton. Sorgen Sie nicht! bei Ihrem Sohne ist alles nur ein Uebergang. Er hatte den Einfall in der Lebensbeschreibung eines Gelehrten gelesen; er hatte Geschmack daran gefunden und sogleich beschlossen, ihn bei Gelegenheit als den seinen anzubringen. Bald aber ward die Grille von einer andern verjagt, so wie etwann, so wie etwann--Schade, dass ich kein Gleichnis dazu finden kann! Kurz, sie ward verjagt. Er wollte nunmehr heiraten, und zwar einen rechten Teufel von einer Frau. Chrysander. Wenn doch den Einfall mehr Narren haben wollten, damit andre ehrliche Maenner mit boesen Weibern verschont blieben. Anton. Ja, meinte er: es wuerde doch huebsch klingen, wenn es einmal von ihm heissen koennte: unter die Zahl der Gelehrten, welche der Himmel mit boesen Weibern gestraft hat, gehoeret auch der beruehmte Damis; gleichwohl kann sich die gelehrte Welt nicht ueber ihn beklagen, dass ihn dieses Hauskreuz nur im geringsten abgehalten haette, ihr mit unzaehlbaren gelehrten Schriften zu dienen. Chrysander. Mit Schriften! ja, die mir am teuersten zu stehen kommen. Was fuer Rechnungen habe ich nicht schon an die Buchdrucker bezahlen muessen! Der Boesewicht! Anton. Geduld! er hat auch erst angefangen zu schreiben! Es wird schon besser kommen. Chrysander. Besser? vielleicht damit man ihn endlich einmal auch unter die zaehlen kann, die ihren Vater arm geschrieben haben! Anton. Warum nicht? wenn es ihm Ehre braechte-- Chrysander. Die verdammte Ehre! Anton. Um die tut ein junger Gelehrter alles! Wann es auch nach seinem Tode heissen sollte: unter diejenigen Gelehrten, die zum Teufel gefahren sind, gehoert auch der beruehmte Damis! was schadet das? Genug, er heisst gelehrt; er heisst beruehmt-- Chrysander. Kerl, du erschreckst mich! Aber du, der du weit aelter bist als er, kannst du ihn nicht dann und wann zurechte weisen?-- Anton. Oh, Herr Chrysander! Sie wissen wohl, dass ich keinen Gehalt als Hofmeister bekomme. Und dazu meine Dummheit-- Chrysander. Ja, die du annimmst, um ihn desto duemmer zu machen. Anton (beiseite). St! der kennt mich.--Aber glauben Sie, dass ihm mit der boesen Frau ein Ernst war? Nichts weniger! Eine Stunde darauf wollte er sich eine gelehrte Frau aussuchen. Chrysander. Nun, das waere doch noch etwas Kluges! Anton. Etwas Kluges? Nach meiner unvorgreiflichen Meinung ist es gleich der duemmste Einfall, den er hat haben koennen. Eine gelehrte Frau! bedenken Sie doch! eine gelehrte Frau; eine Frau wie Ihr Herr Sohn! Zittern und Entsetzen moechte einem ehrlichen Kerl ankommen. Wahrhaftig! ehe ich mir eine Gelehrte aufhaengen liess'-- Chrysander. Narre, Narre! sie gehen unter andern Leuten, als du bist, reissend weg. Wann ihrer nur viel waeren, wer weiss, ob ich mir nicht selbst eine waehlte. Anton. Kennen Sie Karlinen? Chrysander. Karlinen? Nein. Anton. Meinen ehemaligen Kameraden? meinen guten Freund? kennen Sie den nicht? Chrysander. Nein doch, nein. Anton. Er trug ein hechtgraues Kleid mit roten Aufschlaegen und auf seiner Sonntagsmontur rote und blaue Achselbaender. Sie muessen ihn bei mir gesehen haben. Er hatte eine etwas lange Nase. Sie war ein Erbstueck; denn er wollte aus der Geschichte wissen, dass schon sein Ururaeltervater, der ehedem einem gewissen Turnier als Stallknecht beigewohnt, eine ebenso lange gehabt habe. Sein einziger Fehler war, dass er etwas krumme Beine hatte. Besinnen Sie sich nun? Chrysander. Soll ich denn alle das Lumpengesindel kennen, das du kennst? Und was willst du denn mit ihm? Anton. Sie kennen ihn also im Ernste nicht? Oh! da kennen Sie einen sehr grossen Geist weniger. Ich will Sie zu seiner Bekanntschaft verhelfen; ich gelte etwas bei ihm. Chrysander. Ich glaube, du schwaermst manchmal so gut als mein Sohn. Wie koemmst du denn auf die Possen? Anton. Eben der Karlin, will ich sagen--Oh! es ist aergerlich, dass Sie ihn nicht kennen.--Eben der Karlin, sage ich, hat einmal bei einem Herrn gedient, der eine gelehrte Frau hatte. Der verzweifelte Vogel--er sah gut aus, und wie nun der Appetit sich nach dem Stande nicht richtet--kurz, er musste sie naeher gekannt haben. Wo haette er sonst so viel Verstand her? Endlich merkte es auch sein Herr, dass er bei der Frau in die Schule ging. Er bekam seinen Abschied, ehe er sich's versah. Die arme Frau! Chrysander. Ach schweig! ich mag weder deine noch meines Sohnes Grillen laenger mit anhoeren. Anton. Noch eine hoeren Sie; und zwar die, welche zuletzt seine Leibgrille ward: er wollte mehr als eine Frau heiraten. Chrysander. Aber eine nach der andern. Anton. Nein, wenigstens ein halb Dutzend auf einmal. Der Bibel, der Obrigkeit und dem Gebrauche zum Trutze! Er las damals gleich ein Buch-- Chrysander. Die verdammten Buecher! Kurz, ich will nicht weiter hoeren. Es soll ihm schon vergehen, mehr als eine zu nehmen, wenn er nur erst die genommen hat, die ich jetzt fuer ihn im Kopfe habe. Und was meinest du wohl, Anton? quid putas? wie wir Lateiner reden; wird er's tun? Anton. Vielleicht; vielleicht nicht. Wenn ich wuesste, was er fuer ein Buch zuletzt gelesen haette, und wenn ich dieses Buch selbst lesen koennte, und wenn-- Chrysander. Ich sehe schon, ich werde deine Hilfe noetig haben. Du bist zwar ein Gauner, aber ich weiss auch, man koemmt jetzt mit Betruegern weiter als mit ehrlichen Leuten. Anton. Ei, Herr Chrysander, fuer was halten Sie mich? Chrysander. Ohne Komplimente, Herr Anton! ich verspreche dir eine Belohnung, die deinen Verdiensten gemaess sein soll, wenn du meinen Sohn quovis modo, wie wir Lateiner reden, durch Wahrheiten oder durch Luegen, durch Ernst oder durch Schraubereien, vel sic vel aliter, wie wir Lateiner reden, Julianen zu heiraten bereden kannst. Anton. Wen? Julianen? Chrysander. Julianen; illam ipsam. Anton. Unsere Mamsell Juliane? Ihr Muendel? Ihre Pflegetochter? Chrysander. Kennst du eine andre? Anton. Das ist unmoeglich, oder das, was ich von ihr gehoert habe, muss nicht wahr sein. Chrysander. Gehoert? so? hast du etwas von ihr gehoert? doch wohl nichts Boeses. Anton. Nichts Gutes war es freilich nicht. Chrysander. Ei! ich habe auf das Maedchen so grosse Stuecken gehalten. Sie wird doch nicht etwa mit einem jungen Kerl--he? Anton. Wann es nichts mehr waere! so ein klein Fehlerchen entschuldigt die Mode. Aber, es ist noch etwas weit Aergers fuer eine gute Jungfer, die gerne nicht laenger Jungfer sein moechte. Chrysander. Noch etwas weit Aergers? ich versteh dich nicht. Anton. Und Sie sind gleichwohl ein Kaufmann? Chrysander. Noch etwas weit Aergers? Ich habe immer geglaubt, Eingezogenheit und gute Sitten waeren das Vornehmste-- Anton. Nicht mehr! nicht mehr! vor zwanzig Jahren wohl, wie Sie vorher selbst weislich erinnerten. Chrysander. Nun so erklaere dich deutlicher. Ich habe nicht Lust, deine naerrischen Gedanken zu erraten. Anton. Und nichts ist doch leichter. Mit einem Worte: sie soll kein Geld haben. Man hat mir gesagt, in Ansehung ihres Vaters, der Ihr guter Freund gewesen waere, haetten Sie Julianen, von ihrem neunten Jahre an, zu sich genommen und aus Barmherzigkeit erzogen. Chrysander. Da hat man dir nun wohl keine Luegen gesagt; gleichwohl aber soll sie doch kein andrer haben als mein Sohn, wann nur er--Denn sieh, Anton, ich muss dir das ganze Raetsel erklaeren.--Es liegt nur an mir, Julianen in kurzer Zeit reich zu machen. Anton. Ja, durch Ihr eigen Geld; und auf diese Art koennten Sie auch mich wohl reich machen. Wollen Sie so gut sein? Chrysander. Nein, nicht durch mein eigen Geld.--Kannst du schweigen? Anton. Versuchen Sie es. Chrysander. Hoere also; mit Julianens Vermoegen steht es so: ihr Vater kam durch einen Prozess, den er endlich doch musste liegenlassen, kurz vor seinem Tode um alle das Seine. Jetzt nun ist mir ein gewisses Dokument in die Haende gefallen, das er lange vergebens suchte und das dem ganzen Handel ein ander Ansehen gibt. Es koemmt nur darauf an, dass ich so viel Geld hergebe, den Prozess wieder anzufangen. Das Dokument selbst habe ich bereits an meinen Advokaten nach Dresden geschickt.-- Anton. Gott sei Dank! dass Sie wieder zum Kaufmanne werden! Vorhin haette ich bald nicht gewusst, was ich aus Ihnen machen sollte.--Aber Julianens Einwilligung haben Sie doch schon? Chrysander. Oh! das gute Kind will mir, wie es spricht, in allem gehorchen. Unterdessen hat sich doch schon Valer auf sie gespitzt. Er hat mir vor einiger Zeit auch seine Gedanken deshalb eroeffnet. Ehe ich das Dokument bekam-- Anton. Ja, da war uns an Julianen so viel nicht gelegen. Sie machten ihm also Hoffnung? Chrysander. Freilich! Er ist heute von Berlin wieder zurueckgekommen und hat sich auch schon bei mir melden lassen. Ich besorge, ich besorge--Doch wenn mein Sohn nur will--Und diesen, Anton, du verstehest mich--Ein Narr ist auf viel Seiten zu fassen; und ein Mann wie du kann auf viel Seiten fassen.--Du wirst sehen, dass ich erkenntlich bin. Anton. Und Sie, dass ich ganz zu Ihren Diensten bin, zumal wenn mich die Erkenntlichkeit zuerst herausfordert und-- Siebenter Auftritt Anton. Chrysander. Juliane. Juliane. Kommen Sie doch, Herr Chrysander, kommen Sie doch hurtig herunter. Herr Valer ist schon da, Ihnen seine Aufwartung zu machen. Chrysander. Tut Sie doch ganz froehlich, mein Jungferchen! Anton (sachte zu Chrysandern). Hui! dass Valer schon den Vogel gefangen hat. Chrysander. Das waere mir gelegen. (Anton und Chrysander gehen ab.) Achter Auftritt Juliane. Lisette. Lisette (guckt aus dem Kabinett). Bst! bst! bst! Juliane. Nun, wem gilt das? Lisette? bist du's? Was machst du denn hier? Lisette. Ja, das werden Sie wohl nimmermehr glauben, dass ich und Damis schon so weit miteinander gekommen sind, dass er mich verstecken muss. Schon kann ich ihn um einen Finger wickeln! Noch eine Unterredung wie vorhin, so habe ich ihn im Sacke. Juliane. Und also haette ich wohl, in allem Scherze, einen recht guten Einfall gehabt? Wollte doch der Himmel, dass die Verbindung, die sein Vater zwischen uns-- Lisette. Ach, sein Vater! der Schalk, der Geizhals! Jetzt habe ich ihn kennenlernen. Juliane. Was gibst du ihm fuer Titel? Seine Guetigkeit ist nur gar zu gross. Seine Wohltaten vollkommen zu machen, traegt er mir die Hand seines Sohnes und mit ihr sein ganzes Vermoegen an. Aber wie ungluecklich bin ich dabei!--Dankbarkeit und Liebe, Liebe gegen den Valer, und Dankbarkeit-- Lisette. Noch vor einer Minute, war ich in ebendem Irrtume. Aber glauben Sie mir nur, ich weiss es nunmehr aus seinem Munde: nicht aus Freundschaft fuer Sie, sondern aus Freundschaft fuer Ihr Vermoegen will er diese Verbindung treffen. Juliane. Fuer mein Vermoegen? du schwaermst. Was habe ich denn, das ich nicht von ihm haette? Lisette. Kommen Sie, kommen Sie. Hier ist der Ort nicht, viel zu schwatzen. Ich will Ihnen alles erzaehlen, was ich gehoert habe. Zweiter Aufzug Erster Auftritt Lisette. Valer. Juliane. Lisette (noch innerhalb der Szene). Nur hier herein; Herr Damis ist ausgegangen. Sie koennen hier schon ein Woertchen miteinander im Vertrauen reden. Juliane. Ja, Valer, mein Entschluss ist gefasst. Ich bin ihm zu viel schuldig; er hat durch seine Wohltaten das groesste Recht ueber mich erhalten. Es koste mir, was es wolle; ich muss die Heirat eingehen, weil es Chrysander verlangt. Oder soll ich etwa die Dankbarkeit der Liebe aufopfern? Sie sind selbst tugendhaft, Valer, und Ihr Umgang hat mich edler denken gelehrt. Mich Ihrer wert zu zeigen, muss ich meine Pflicht, auch mit dem Verluste meines Glueckes, erfuellen. Lisette. Eine wunderbare Moral! wahrhaftig! Valer. Aber wo bleiben Versprechung, Schwur, Treue? Ist es erlaubt, um eine eingebildete Pflicht zu erfuellen, einer andern, die uns wirklich verbindet, entgegen zu handeln? Juliane. Ach, Valer, Sie wissen es besser, was zu solchen Versprechungen gehoert. Missbrauchen Sie meine Schwaeche nicht. Die Einwilligung meines Vaters war nicht dabei. Valer. Was fuer eines Vaters?-- Juliane. Desjenigen, dem ich fuer seine Wohltaten diese Benennung schuldig bin. Oder halten Sie es fuer keine Wohltaten, der Armut und allen ihren unseligen Folgen entrissen zu werden? Ach, Valer, ich wuerde Ihr Herz nicht besitzen, haette nicht Chrysanders Sorgfalt mich zur Tugend und Anstaendigkeit bilden lassen. Valer. Wohltaten hoeren auf, Wohltaten zu sein, wenn man sucht, sich fuer sie bezahlt zu machen. Und was tut Chrysander anders, da er Sie, allzu gewissenhafte Juliane, nur deswegen mit seinem Sohne verbinden will, weil er ein Mittel sieht, Ihnen wieder zu dem groessten Teile Ihres vaeterlichen Vermoegens zu verhelfen? Juliane. Fussen Sie doch auf eine so wunderbare Nachricht nicht. Wer weiss, was Lisette gehoert hat? Lisette. Nichts, als was sich vollkommen mit seiner uebrigen Auffuehrung reimt. Ein Mann, der seine Wohltaten schon ausposaunet, der sie einem jeden auf den Fingern vorzurechnen weiss, sucht etwas mehr als das blosse Gotteslohn. Und waere es etwa die erste Traene, die Ihnen aus Verdruss, von einem so eigennuetzig freigebigen Manne abzuhaengen, entfahren ist? Valer. Lisette hat recht!--Aber ich empfinde es leider; Juliane liebt mich nicht mehr. Juliane. Sie liebt Sie nicht mehr? Dieser Verdacht fehlte noch, ihren Kummer vollkommen zu machen. Wann Sie wuessten, wieviel es ihr, gegen die Ratschlaege der Liebe taub zu sein, koste; wann Sie wuessten, Valer--ach, die misstrauischen Mannspersonen! Valer. Legen Sie die Furcht eines Liebhabers, dessen ganzes Glueck auf dem Spiele steht, nicht falsch aus. Sie lieben mich also noch? und wollen sich einem andern ueberlassen? Juliane. Ich will? Koennten Sie mich empfindlicher martern? Ich will?--Sagen Sie: ich muss. Valer. Sie muessen?--Noch ist nie ein Herz gezwungen worden als dasjenige, dem es lieb ist, den Zwang zu seiner Entschuldigung machen zu koennen-- Juliane. Ihre Vorwuerfe sind so fein, so fein! dass ich Sie vor Verdruss verlassen werde. Valer. Bleiben Sie, Juliane; und sagen Sie mir wenigstens, was ich dabei tun soll? Juliane. Was ich tue; dem Schicksale nachgeben. Valer. Ach, lassen Sie das unschuldige Schicksal aus dem Spiele! Juliane. Das unschuldige? und ich werde also wohl die Schuldige sein? Halten Sie mich nicht laenger-- Lisette. Wann ich mich nun nicht bald dazwischenlege, so werden sie sich vor lauter Liebe zanken.--Was Sie tun sollen, Herr Valer? eine grosse Frage! Himmel und Hoelle rege machen, damit die gute Jungfer nicht muss! Den Vater auf andre Gedanken bringen; den Sohn auf Ihre Seite ziehen.--Mit dem Sohne zwar hat es gute Wege; den ueberlassen Sie nur mir. Der gute Damis! Ich bin ohne Zweifel das erste Maedchen, das ihm schmeichelt, und hoffe dadurch auch das erste zu werden, das von ihm geschmeichelt wird. Wahrhaftig; er ist so eitel, und ich bin so geschickt, dass ich mich wohl noch zu seiner Frau an ihm loben wollte, wenn der verzweifelte Vater nicht waere!--Sehen Sie, Herr Valer, der Einfall ist von Mamsell Julianen! Erfinden Sie nun eine Schlinge fuer den Vater-- Juliane. Was sagst du, Lisette? von mir? O Valer, glauben Sie solch rasendes Zeug nicht! Habe ich dir etwas anders befohlen, als ihm einen schlechten Begriff von mir beizubringen? Lisette. Ja, recht; einen schlechten von Ihnen--und wenn es moeglich waere, einen desto bessern von mir. Juliane. Nein, es ist mit euch nicht auszuhalten-- Valer. Erklaeren Sie wenigstens, liebste Juliane-- Juliane. Erklaeren? und was? Vielleicht, dass ich Ihnen in die Arme rennen will und wann ich auch alle Tugenden beleidigen sollte? dass ich mich mit einer Begierde, mit einem Eifer die Ihrige zu werden bemuehen will, die mich in Ihren Augen notwendig einmal veraechtlich machen muessen? Nein, Valer-- Lisette. Hoeren Sie denn nicht, dass sie uns gern freie Hand lassen will? Sie macht es wie die schoene Aspasia--oder wie hiess die Prinzessin in dem dicken Romane? Zwei Ritter machten auf sie Anspruch. Schlagt euch miteinander, sagte die schoene Aspasia; wer den andern ueberwindet, soll mich haben. Gleichwohl aber war sie dem Ritter in der blauen Ruestung guenstiger als dem andern-- Juliane. Ach, die Naerrin, mit ihrem blauen Ritter--(Reisst sich los und geht ab.) Zweiter Auftritt Lisette. Valer. Lisette. Ha! ha! ha! Valer. Mir ist nicht laecherlich, Lisette. Lisette. Nicht? Ha! ha! ha! Valer. Ich glaube, du lachst mich aus. Lisette. Oh, so lachen Sie mit! Oder ich muss noch einmal darueber lachen, dass Sie nicht lachen wollen. Ha! ha! ha! Valer. Ich moechte verzweifeln! In der Ungewissheit, ob sie mich noch liebt-- Lisette. Ungewissheit? Sind denn alle Mannspersonen so schwer zu ueberreden? Werden sie denn alle zu solchen aengstlichen Zweiflern, sobald sie die Liebe ein wenig erhitzt? Lassen Sie Ihre Grillen fahren, Herr Valer, oder ich lache aufs neue. Spannen Sie vielmehr Ihren Verstand an, etwas auszusinnen, um den alten Chrysander-- Valer. Chrysander traut mir nicht und kann mir nicht trauen. Er kennt meine Neigung zu Julianen. Alle mein Zureden wuerde umsonst sein; er wuerde den Eigennutz, die Quelle davon, gar bald entdecken. Und wenn ich auch eine voellige Anwerbung tun wollte; was wuerde es helfen? Er ist deutsch genug, mir gerade ins Gesicht zu sagen, dass ich seinem Sohne hier nachstehen muesse, welcher wegen der Wohltaten des Vaters das groesste Recht auf Julianen habe.--Was soll ich also anfangen? Lisette. Mit den wunderlichen Leuten, die nur ueberall den ebenen Weg gehen wollen! Hoeren Sie, was mir eingefallen ist. Das Dokument, oder wie der Quark heisst, ist das einzige, was Chrysandern zu dieser Heirat Lust macht, so dass er es schon an seinen Advokaten geschickt hat. Wie wenn man von diesem Advokaten einen Brief unterschieben koennte, in welchem--in welchem-- Valer. In welchem er ihm die Gueltigkeit des Dokuments verdaechtig macht; willst du sagen? Der Einfall ist so unrecht nicht! Aber--wenn ihm nun einmal der Advokate ganz das Gegenteil schreibt, so ist ja unser Betrug am Tage. Lisette. Was fuer ein Einwurf! Freilich muessen Sie ihn stimmen. Es ist von jeher gebraeuchlich gewesen, dass es sich ein Liebhaber etwas muss kosten lassen. Valer. Wenn nun aber der Advokat ehrlich ist? Lisette. Tun Sie doch, als ob Sie seit vier Wochen erst in der Welt waeren. Wie die Geschenke so ist der Advokat. Kommen gar keine, so ist der niedertraechtigste Betrueger der redlichste Mann. Kommen welche, aber nur kleine, so haelt das Gewissen noch so ziemlich das Gleichgewicht. Es steigen alsdenn wohl Versuchungen bei ihm auf; allein die kleinste Betrachtung schlaegt sie wieder nieder. Kommen aber nur recht ansehnliche, so ist gar bald der ehrlichste Advokat nicht mehr der ehrlichste. Er legt die Ehrlichkeit mit den geschenkten Goldstuecken in den Schatz, wo jene eher zu rosten anfaengt als diese. Ich kenne die Herren! Valer. Dein Urteil ist zu allgemein. Nicht alle Personen von einerlei Stande sind auf einerlei Art gesinnet. Ich kenne verschiedene alte rechtschaffene Sachwalter-- Lisette. Was wollen Sie mit Ihren alten? Es ist eben, als wenn Sie sagten, die grossen runden Aufschlaege, die kleinen spitzen Knoepfe, die erschrecklichen Halskrausen, aus welchen man Schiffssegel machen koennte, die viereckigten breiten Schuhe, die tiefen Taschen, kurz, die ganze Tracht, wie sich etwa Ihre Paten an Ehrentagen moegen ausstaffiert haben, waeren noch jetzt Mode, weil man noch manchmal hier und da einige gebueckte zitternde Maennerchen ueber die Gassen so schleichen sieht. Lassen Sie nur noch die und Ihr paar alte rechtschaffene Advokaten sterben; die Mode und die Redlichkeit werden einen Weg nehmen. Valer. Man hoert doch gleich, wenn das Frauenzimmer am beredtesten ist! Lisette. Sie meinen etwa, wenn es ans Laestern geht? O wahrhaftig! des blossen Laesterns wegen habe ich so viel nicht geplaudert. Meine vornehmste Absicht war, Ihnen beizubringen, wieviel ueberall das Geld tun koenne und was fuer ein vortreffliches Spiel ein Liebhaber in den Haenden hat, wenn er gegen alle freigebig ist, gegen die Gebieterin, gegen den Advokaten und--Dero Dienerin. (Sie macht eine Verbeugung.) Valer. Verlass dich auf meine Erkenntlichkeit. Ich verspreche dir eine recht ansehnliche Ausstattung, wenn wir gluecklich sind-- Lisette. Ei, wie fein! Eine Ausstattung? Sie hoffen doch wohl nicht, dass ich uebrigbleiben werde? Valer. Wann du das befuerchtest, so verspreche ich dir den Mann darzu. --Doch komm nur; Juliane wird ohne Zweifel auf uns warten. Wir wollen gemeinschaftlich unsre Sachen weiter ueberlegen. Lisette. Gehen Sie nur voran; ich muss noch hier verziehen, um meinem jungen Gelehrten-- Valer. Er wird vielleicht schon unten bei dem Vater sein. Lisette. Wir muessen uns alleine sprechen. Gehen Sie nur! Sie haben ihn doch wohl noch nicht gesprochen? Valer. Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich es ganz und gar ueberhoben sein koennte! Seinetwegen wuerde ich dieses Haus fliehen, aerger als ein Tollhaus, wenn nicht ein angenehmerer Gegenstand-- Lisette. So gehen Sie doch, und lassen Sie den angenehmern Gegenstand nicht laenger auf sich warten. (Valer geht ab.) Dritter Auftritt Anton. Lisette. Anton. Nu? was will die! in meines Herrn Studierstube? Jetzt ging Valer heraus; vor einer Weile Juliane; und du bist noch da? Ich glaube gar, ihr habt eure Zusammenkuenfte hier. Warte, Lisette! das will ich meinem Herrn sagen. Ich will mich schon raechen; noch fuer das Gestrige; besinnst du dich? Lisette. Ich glaube, du keifst? Was willst du mit deinem Gestrigen? Anton. Eine Maulschelle vergisst sich wohl bei dem leicht, der sie gibt, aber der, dem die Zaehne davon gewackelt haben, der denkt eine Zeitlang daran. Warte nur! warte! Lisette. Wer heisst dich, mich kuessen? Anton. Potz Stern, wie gemein wuerden die Maulschellen sein; wenn alle die welche bekommen sollten, die euch kuessen wollen.--Jetzt soll dich mein Herr dafuer wacker-- Lisette. Dein Herr? der wird mir nicht viel tun. Anton. Nicht? Wievielmal hat er es nicht gesagt, dass so ein heiliger Ort, als eine Studierstube ist, von euch unreinen Geschoepfen nicht muesse entheiliget werden? Der Gott der Gelehrsamkeit--warte, wie nennt er ihn?--Apollo--koenne kein Weibsbild leiden. Schon der Geruch davon waere ihm zuwider. Er fliehe davor wie der Stoesser vor den Tauben. --Und du denkst, mein Herr wuerde es so mit ansehen, dass du ihm den lieben Gott von der Stube treibest? Lisette. Ich glaube gar, du Narre denkst, der liebe Gott sei nur bei euch Mannspersonen? Schweig, oder-- Anton. Ja, so eine wie gestern vielleicht? Lisette. Noch eine bessre! der Pinsel haette gestern mehr als eine verdient. Er koemmt zu mir; es ist finster; er will mich kuessen; ich stosse ihn zurueck, er koemmt wieder; ich schlage ihn aufs Maul, es tut ihm weh; er laesst nach; er schimpft; er geht fort--Ich moechte dir gleich noch eine geben, wenn ich daran gedenke. Anton. Ich haette es also wohl abwarten sollen, wie oft du deine Karesse haettest wiederholen wollen? Lisette. Gesetzt, es waeren noch einige gefolgt, so wuerden sie doch immer schwaecher und schwaecher geworden sein. Vielleicht haetten sich die letztern gar--doch so ein dummer Teufel verdient nichts. Anton. Was hoer ich? ist das dein Ernst, Lisette? Bald haette ich Lust, die Maulschelle zu vergessen und mich wieder mit dir zu vertragen. Lisette. Halte es, wie du willst. Was ist mir jetzt an deiner Gunst gelegen? Ich habe ganz ein ander Wildbret auf der Spur. Anton. Ein anders? au weh, Lisette! Das war wieder eine Ohrfeige, die ich so bald nicht vergessen werde! Ein anders? Ich daechte, du haettest an einem genug, das dir selbst ins Netz gelaufen ist. Lisette. Und drum eben ist nichts dran.--Aber sage mir, wo bleibt dein Herr? Anton. Danke du Gott, dass er so lange bleibt; und mache, dass du hier fortkoemmst. Wann er dich trifft, so bist du in Gefahr, herausgepruegelt zu werden. Lisette. Dafuer lass mich sorgen! Wo ist er denn? ist er von der Post noch nicht wieder zurueck? Anton. Woher weisst du denn, dass er auf die Post gegangen ist? Lisette. Genug, ich weiss es. Er wollte dich erst schicken. Aber wie kam es denn, dass er selbst ging? Ha! ha! ha! "Es ist mit dem Schlingel nichts anzufangen." Wahrhaftig, das Lob macht mich ganz verliebt in dich. Anton. Wer Henker muss dir das gesagt haben? Lisette. O niemand; sage mir nur, ist er wieder da? Anton. Schon laengst; unten ist er bei seinem Vater. Lisette. Und was machen sie miteinander? Anton. Was sie machen? sie zanken sich. Lisette. Der Sohn will gewiss den Vater von seiner Geschicklichkeit ueberfuehren? Anton. Ohne Zweifel muss es so etwas sein. Damis ist ganz ausser sich: er laesst den Alten kein Wort aufbringen: er rechnet ihm tausend Buecher her, die er gesehen; tausend, die er gelesen hat; andere tausend, die er schreiben will, und hundert kleine Buecherchen, die er schon geschrieben hat. Bald nennt er ein Dutzend Professores, die ihm sein Lob schriftlich, mit untergedrucktem Siegel, nicht umsonst, gegeben haetten; bald ein Dutzend Zeitungsschreiber, die eine vortreffliche Posaune fuer einen jungen Gelehrten sind, wenn man ein silbernes Mundstueck darauf steckt; bald ein Dutzend Journalisten, die ihn alle zu ihrem Mitarbeiter flehentlich erbeten haben. Der Vater sieht ganz erstaunt; er ist um die Gesundheit seines Sohnes besorgt; er ruft einmal ueber das andre: Sohn, erhitze dich doch nicht so! schone deine Lunge! ja doch, ich glaub es! gib dich zufrieden! es war so nicht gemeint! Lisette. Und Damis?-- Anton. Und Damis laesst nicht nach. Endlich greift sich der Vater an; er ueberschreit ihn mit Gewalt und besaenftiget ihn mit einer Menge solcher Lobsprueche, die in der Welt niemand verdient hat, verdient, noch verdienen wird. Nun wird der Sohn wieder vernuenftig, und nun--ja nun schreiten sie zu einem andern Punkte, zu einer andern Sache,--zu-- Lisette. Wozu denn? Anton. Gott sei Dank, mein Maul kann schweigen! Lisette. Du willst mir es nicht sagen? Anton. Nimmermehr! ich bin zwar sonst ein schlechter Kerl; aber wenn es auf die Verschwiegenheit ankoemmt-- Lisette. Lerne ich dich so kennen? Anton. Ich daechte, das sollte dir lieb sein, dass ich schweigen kann; und besonders von Heiratssachen oder was dem anhaengig ist-- Lisette. Weisst du nichts mehr? O das habe ich laengst gewusst. Anton. Wie schoen sie mich ueber den Toelpel stossen will. Also waere es ja nicht noetig, dass ich dir es sagte?-- Lisette. Freilich nicht! aber mich fuer dein schelmisches Misstrauen zu raechen, weiss ich schon, was ich tun will. Du sollst es gewiss nicht mehr wagen, gegen ein Maedchen von meiner Profession verschwiegen zu sein! Besinnst du dich, wie du von deinem Herrn vor kurzem gesprochen hast? Anton. Besinnen? ein Mann, der in Geschaeften sitzt, der einen Tag lang so viel zu reden hat wie ich, soll sich der auf allen Bettel besinnen? Lisette. Seinen Herrn verleumden, ist etwas mehr, sollte ich meinen. Anton. Was? verleumden? Lisette. Ha, ha! Herr Mann, der in Geschaeften sitzt, besinnen Sie sich nun? Was haben Sie vorhin gegen seinen Vater von ihm geredt? Anton. Das Maedel muss den Teufel haben, oder der verzweifelten Alte hat geplaudert. Aber hoere, Lisette, weisst du es gewiss, was ich gesagt habe? Was war es denn? Lass einmal hoeren. Lisette. Du sollst alles hoeren, wenn ich es deinem Herrn erzaehlen werde. Anton. O wahrhaftig, ich glaube, du machst Ernst daraus. Du wirst mir doch meinen Kredit bei meinem Herrn nicht verderben wollen? Wenn du wirklich etwas weisst, so sei keine Naerrin!--Dass ihr Weibsvolk doch niemals Spass versteht! Ich habe dir eine Ohrfeige vergeben, und du willst dich, einer kleinen Neckerei wegen, raechen? Ich will dir ja alles sagen. Lisette. Nun so sage-- Anton. Aber du sagst doch nichts?-- Lisette. Je mehr du sagen wirst, je weniger werde ich sagen. Anton. Was wird es sonst viel sein, als dass der Vater dem Sohne nochmals die Heirat mit Julianen vorschlug? Damis schien ganz aufmerksam zu sein, und--weiter kann ich dir nichts sagen. Lisette. Weiter nichts? Gut, gut, dein Herr soll alles erfahren. Anton. Um des Himmels willen, Lisette; ich will dir es nur gestehn. Lisette. Nun so gesteh! Anton. Ich will dir es nur gestehen, dass ich wahrhaftig nichts mehr gehoert habe. Ich wurde eben weggeschickt. Nun weisst du wohl, wenn man nicht zugegen ist, so kann man nicht viel hoeren-- Lisette. Das versteht sich. Aber was meinst du, wird Damis sich dazu entschlossen haben? Anton. Wenn er sich noch nicht dazu entschlossen hat, so will ich mein Aeusserstes anwenden, dass er es noch tut. Ich soll fuer meine Muehe bezahlt werden, Lisette; und du weisst wohl, wenn ich bezahlt werde, dass alsdenn auch du-- Lisette. Ja, ja, auch ich verspreche dir's; du sollst redlich bezahlt werden!--Unterstehe dich!-- Anton. Wie? Lisette. Habe einmal das Herz!-- Anton. Was? Lisette. Dummkopf! meine Jungfer will deinen Damis nicht haben-- Anton. Was tut das?-- Lisette. Folglich ist mein Wille, dass er sie auch nicht bekommen soll. Anton. Folglich, wenn sie mein Herr wird haben wollen, so wird mein Wille sein muessen, dass er sie bekommen soll. Lisette. Hoere doch! du willst mein Mann werden und einen Willen fuer dich haben? Buerschchen, das lass dir nicht einkommen! Dein Wille muss mein Wille sein, oder-- Anton. St! potz Element! er koemmt; hoerst du? er koemmt! Nun sieh ja, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat. Verstecke dich wenigstens; verstecke dich! Er bringt sonst mich und dich um. Lisette (beiseite). Halt, ich will beide betruegen!--Wo denn aber hin? wohin? in das Kabinett? Anton. Ja, ja, nur unterdessen hinein. Vielleicht geht er bald wieder fort.--Und ich, ich will mich geschwind hieher setzen--(Er setzt sich an den Tisch, nimmt ein Buch in die Hand und tut, als ob er den Damis nicht gewahr wuerde.) Vierter Auftritt Anton. Damis. Anton (vor sich). Ja, die Gelehrten--wie gluecklich sind die Leute nicht!--Ist mein Vater nicht ein Esel gewesen, dass er mich nicht auch auf ihre Profession getan hat! Zum Henker, was muss es fuer eine Lust sein, wenn man alles in der Welt weiss, so wie mein Herr!--Potz Stern, die Buecher alle zu verstehn!--Wenn man nur darunter sitzt, man mag darin lesen oder nicht, so ist man schon ein ganz andrer Mensch!--Ich fuehl's, wahrhaftig ich fuehl's, der Verstand duftet mir recht daraus entgegen.--Gewiss, er hat recht; ohne die Gelehrsamkeit ist man nichts als eine Bestie.--Ich dumme Bestie!--(Beiseite.) Nun, wie lange wird er mich noch schimpfen lassen?--Wir sind doch naerrisch gepaaret, ich und mein Herr!--Er gibt dem Gelehrtesten und ich dem Ungelehrtesten nichts nach.--Ich will auch noch heute anfangen zu lesen.--Wenn ich ein Loch von achtzig Jahren in die Welt lebe, so kann ich schon noch ein ganzer Kerl werden.--Nur frisch angefangen! Da sind Buecher genug! --Ich will mir das kleinste aussuchen; denn anfangs muss man sich nicht uebernehmen.--Ha! da finde ich ein allerliebstes Buechelchen.--In so einem muss es sich mit Lust studieren lassen.--Nur frisch angefangen, Anton!--Es wird doch gleichviel sein, ob hinten oder vorne?--Wahrhaftig, es waere eine Schande fuer meinen so erstaunlich, so erschrecklich, so abscheulich gelehrten Herrn, wenn er laenger einen so dummen Bedienten haben sollte-- Damis (indem er sich ihm vollends naehert). Ja freilich waere es eine Schande fuer ihn. Anton. Hilf Himmel! mein Herr-- Damis. Erschrick nur nicht! Ich habe alles gehoert-- Anton. Sie haben alles gehoert?--ich bitte tausendmal um Verzeihung, wenn ich etwas Unrechtes gesprochen habe.--Ich war so eingenommen, so eingenommen von der Schoenheit der Gelehrsamkeit--verzeihen Sie mir meinen dummen Streich--, dass ich selbst noch gelehrt werden wollte. Damis. Schimpfe doch nicht selbst den kluegsten Einfall, den du zeitlebens gehabt hast. Anton. Vor zwanzig Jahren moechte er klug genug gewesen sein. Damis. Glaube mir, noch bist du zu den Wissenschaften nicht zu alt. Wir koennen in unsrer Republik schon mehrere aufweisen, die sich gleichfalls den Musen nicht eher in die Arme geworfen haben. Anton. Nicht in die Arme allein, ich will mich ihnen in den Schoss werfen.--Aber in welcher Stadt sind die Leute? Damis. In welcher Stadt? Anton. Ja; ich muss hin, sie kennenzulernen. Sie muessen mir sagen, wie sie es angefangen haben.-- Damis. Was willst du mit der Stadt? Anton. Sie denken etwa, ich weiss nicht, was eine Republik ist?--Sachsen, zum Exempel--Und eine Republik hat ja mehr wie eine Stadt? nicht? Damis. Was fuer ein Idiote! Ich rede von der Republik der Gelehrten. Was geht uns Gelehrten Sachsen, was Deutschland, was Europa an? Ein Gelehrter, wie ich bin, ist fuer die ganze Welt; er ist ein Kosmopolit: er ist eine Sonne, die den ganzen Erdball erleuchten muss-- Anton. Aber sie muss doch wo liegen, die Republik der Gelehrten. Damis. Wo liegen? dummer Teufel! die gelehrte Republik ist ueberall. Anton. Ueberall? und also ist sie mit der Republik der Narren an einem Orte? Die, hat man mir gesagt, ist auch ueberall. Damis. Ja freilich sind die Narren und die Klugen, die Gelehrten und die Ungelehrten ueberall untermengt, und zwar so, dass die letztern immer den groessten Teil ausmachen. Du kannst es an unserm Hause sehen. Mit wieviel Toren und Unwissenden findest du mich nicht hier umgeben? Einige davon wissen nichts, und wissen es, dass sie nichts wissen. Unter diese gehoerst du. Sie wollten aber doch gern etwas lernen, und deswegen sind sie noch die ertraeglichsten. Andre wissen nichts und wollen auch nichts wissen; sie halten sich bei ihrer Unwissenheit fuer gluecklich; sie scheuen das Licht der Gelehrsamkeit-- Anton. Das Eulengeschlecht! Damis. Noch andre aber wissen nichts und glauben doch etwas zu wissen; sie haben nichts, gar nichts gelernt, und wollen doch den Schein haben, als haetten sie etwas gelernt. Und diese sind die allerunertraeglichsten Narren, worunter, die Wahrheit zu bekennen, auch mein Vater gehoert. Anton. Sie werden doch Ihren Vater, bedenken Sie doch, Ihren Vater, nicht zu einem Erznarren machen? Damis. Lerne distinguieren! Ich schimpfe meinen Vater nicht, insofern er mein Vater ist, sondern insofern ich ihn als einen betrachten kann, der den Schein der Gelehrsamkeit unverdienterweise an sich reissen will. Insofern verdient er meinen Unwillen. Ich habe es ihm schon oft zu verstehen gegeben, wie aergerlich er mir ist, wenn er, als ein Kaufmann, als ein Mann, der nichts mehr als gute und schlechte Waren, gutes und falsches Geld kennen darf und hoechstens das letzte fuer das erste wegzugeben wissen soll; wenn der, sage ich, mit seinen Schulbrocken, bei welchen ich doch noch immer etwas erinnern muss, so prahlen will. In dieser Absicht ist er ein Narr, er mag mein Vater sein, oder nicht. Anton. Schade! ewig schade! dass ich das insofern und in Absicht nicht als ein Junge gewusst habe. Mein Vater haette mir gewiss nicht so viel Pruegel umsonst geben sollen. Er haette sie alle richtig wiederbekommen; nicht insofern als mein Vater, sondern insofern als einer, der mich zuerst geschlagen haette. Es lebe die Gelehrsamkeit!-- Damis. Halt! ich besinne mich auf einen Grundsatz des natuerlichen Rechts, der diesem Gedanken vortrefflich zustatten koemmt. Ich muss doch den Hobbes nachsehen!--Geduld! daraus will ich gewiss eine schoene Schrift machen! Anton. Um zu beweisen, dass man seinen Vater wiederpruegeln duerfe?-- Damis. Certo respectu allerdings. Nur muss man sich wohl in acht nehmen, dass man, wenn man ihn schlaegt, nicht den Vater, sondern den Aggressor zu schlagen sich einbildet; denn sonst-- Anton. Aggressor? Was ist das fuer ein Ding? Damis. So heisst der, welcher ausschlaegt-- Anton. Ha, ha! nun versteh ich's. Zum Exempel; Ihnen, mein Herr, stiesse wieder einmal eine kleine gelehrte Raserei zu, die sich meinem Buckel durch eine Tracht Schlaege empfindlich machte: so waeren Sie--wie heisst es?--der Aggressor; und ich, ich wuerde berechtiget sein, mich ueber den Aggressor zu erbarmen, und ihm-- Damis. Kerl, du bist toll!-- Anton. Sorgen Sie nicht; ich wollte meine Gedanken schon so zu richten wissen, dass der Herr unterdessen beiseite geschafft wuerde-- Damis. Nun wahrhaftig, das waere ein merkwuerdiges Exempel, in was fuer verderbliche Irrtuemer man verfallen kann, wenn man nicht weiss, aus welcher Disziplin diese oder jene Wahrheit zu entscheiden ist. Die Pruegel, die ein Bedienter von seinem Herrn bekommt, gehoeren nicht in das Recht der Natur, sondern in das buergerliche Recht. Wenn sich ein Bedienter vermietet, so vermietet er auch seinen Buckel mit. Diesen Grundsatz merke dir. Anton. Aus dem buergerlichen Rechte ist er? O das muss ein garstiges Recht sein. Aber ich sehe es nun schon! die verzweifelte Gelehrsamkeit, sie kann ebenso leicht zu Pruegeln verhelfen als dafuer schuetzen. Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich mich auf alle ihre waechserne Nasen so gut verstuende als Sie--O Herr Damis, erbarmen Sie sich meiner Dummheit! Damis. Nun wohl, wenn es dein Ernst ist, so greife das Werk an. Es erfreut mich, der Gelehrsamkeit durch mein Exempel einen Proselyten gemacht zu haben. Ich will dich redlich mit meinem Rate und meinen Lehren unterstuetzen. Bringst du es zu etwas, so verspreche ich dir, dich in die gelehrte Welt selbst einzufuehren und mit einem besondern Werke dich ihr anzukuendigen. Vielleicht ergreife ich die Gelegenheit, etwas de Eruditis sero ad literas admissis oder de Opsimathia oder auch de studio senili zu schreiben, und so wirst du auf einmal beruehmt. --Doch lass einmal sehen, ob ich mir von deiner Lehrbegierde viel zu versprechen habe? Welch Buch hattest du vorhin in Haenden? Anton. Es war ein ganz kleines-- Damis. Welches denn?-- Anton. Es war so allerliebst eingebunden, mit Golde auf dem Ruecken und auf dem Schnitte. Wo legte ich's doch hin? Da! da! Damis. Das hattest du? das? Anton. Ja, das! Damis. Das? Anton. Bin ich an das unrechte gekommen? weil es so huebsch klein war-- Damis. Ich haette dir selbst kein bessres vorschlagen koennen. Anton. Das dacht' ich wohl, dass es ein schoen Buch sein muesse. Wuerde es wohl sonst einen so schoenen Rock haben? Damis. Es ist ein Buch, das seinesgleichen nicht hat. Ich habe es selbst geschrieben. Siehst du?--Auctore Damide! Anton. Sie selbst? Nu, nu, habe ich's doch immer gehoert, dass man die leiblichen Kinder besser in Kleidung haelt als die Stiefkinder. Das zeugt von der vaeterlichen Liebe. Damis. Ich habe mich in diesem Buche, so zu reden, selbst uebertroffen. Sooft ich es wieder lese, sooft lerne ich auch etwas Neues daraus. Anton. Aus Ihrem eignen Buche? Damis. Wundert dich das?--Ach verdammt! nun erinnere ich mich erst: mein Gott, das arme Maedchen! Sie wird doch nicht noch in dem Kabinette stecken (Er geht darauf los.) Anton. Um Gottes willen, wo wollen Sie hin? Damis. Was fehlt dir? ins Kabinett. Hast du Lisetten gesehen? Anton. Nun bin ich verloren!--Nein, Herr Damis, nein; so wahr ich lebe, sie ist nicht drinne. Damis. Du hast sie also sehen herausgehen? Ist sie schon lange fort? Anton. Ich habe sie, so wahr ich ehrlich bin, nicht sehen hereingehen. Sie ist nicht drinne; glauben Sie mir nur, sie ist nicht drinne-- Fuenfter Auftritt Lisette. Damis. Anton. Lisette. Allerdings ist sie noch drinne-- Anton. O das Rabenaas! Damis. So lange hat Sie sich hier versteckt gehalten? Arme Lisette! das war mein Wille gar nicht. Sobald mein Vater aus der Stube gewesen waere, haette Sie immer wieder herausgehen koennen. Lisette. Ich wusste doch nicht, ob ich recht taete. Ich wollte also lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder hervorkommen hiess-- Anton. Zum Henker, von was fuer einem Verstecken reden die? (Sachte zu Lisetten.) So, du feines Tierchen? hat dich mein Herr selbst schon einmal versteckt? Nun weiss ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige auslegen soll. Du Falsche! Lisette. Schweig; sage nicht ein Wort, dass ich zuvor bei dir gewesen bin, oder--du weisst schon-- Damis. Was schwatzt ihr denn beide da zusammen? Darf ich es nicht hoeren? Lisette. Es war nichts; ich sagte ihm bloss, er solle heruntergehen, dass, wenn meine Jungfer nach mir fragte, er unterdessen sagen koennte, ich sei ausgegangen. Juliane ist misstrauisch; sie suchte mich doch wohl hier, wenn sie mich brauchte. Damis. Das ist vernuenftig. Gleich, Anton, geh! Anton. Das verlangst du im Ernste, Lisette? Lisette. Freilich; fort, lass uns allein. Damis. Wirst du bald gehen? Anton. Bedenken Sie doch selbst, Herr Damis; wann Sie nun ihr Geplaudre werden ueberdruessig sein, und das wird gar bald geschehen, wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich nicht dabei bin? Lisette. Warte, ich will dein Laestermaul-- Damis. Lass dich unbekuemmert! Wann sie mir beschwerlich faellt, wird sie schon selbst so vernuenftig sein und gehen. Anton. Aber betrachten Sie nur: ein Weibsbild in Ihrer Studierstube! Was wird Ihr Gott sagen? Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden. Lisette. Endlich werde ich dich wohl zur Stube hinausschmeissen muessen? Anton. Das waere mir gelegen.--Die verdammten Maedel! auch bei dem Teufel koennen sie sich einschmeicheln. (Geht ab.) Sechster Auftritt Lisette. Damis Damis. Und wo blieben wir denn vorhin? Lisette. Wo blieben wir? bei dem, was ich allezeit am liebsten hoere und wovon ich allezeit am liebsten rede, bei Ihrem Lobe. Wenn es nur nicht eine so gar kitzliche Sache waere, einen ins Gesicht zu loben! --Ich kann Ihnen unmoeglich die Marter antun. Damis. Aber ich beteure Ihr nochmals, Lisette: es ist mir nicht um mein Lob zu tun! Ich moechte nur gern hoeren, auf was fuer verschiedene Art verschiedene Personen einerlei Gegenstand betrachtet haben. Lisette. Jeder lobte dasjenige an Ihnen, was er an sich Lobenswuerdiges zu finden glaubte. Zum Exempel, der kleine dicke Mann mit der ernsthaften Miene, der so selten lacht, der aber, wenn er einmal zu lachen anfaengt, mit dem erschuetterten Bauche den ganzen Tisch ueber den Haufen wirft-- Damis. Und wer ist das? Aus Ihrer Beschreibung, Lisette, kann ich es nicht erraten--O es ist mit den Beschreibungen eine kitzliche Sache! Es gehoert nicht wenig dazu, sie so einzurichten, dass man, gleich bei dem ersten Anblicke, das Beschriebene erkennen kann. Ueber nichts aber muss ich mehr lachen, als wenn ich bei diesem und jenem grossen Philosophen, wahrhaftig bei Maennern, die schon einer ganzen Sekte ihren Namen gegeben haben, oefters Beschreibungen anstatt Erklaerungen antreffe. Das macht, die guten Herren haben mehr Einbildungskraft als Beurteilung. Bei der Erklaerung muss der Verstand in das Innere der Dinge eindringen; bei der Beschreibung aber darf man bloss auf die aeusserlichen Merkmale, auf das-- Lisette. Wir kommen von unsrer Sache, Herr Damis. Ihr Lob-- Damis. Jawohl; fahr Sie nur fort, Lisette. Von wem wollte Sie vorhin reden? Lisette. Je, sollten Sie denn den kleinen Mann nicht kennen? Er blaeset immer die Backen auf-- Damis. Sie meint vielleicht den alten Ratsherrn? Lisette. Ganz recht, aber seinen Namen-- Damis. Was liegt an dem?-- Lisette. "Ja, Herr Chrysander", sagte also der Ratsherr, an dessen Namen nichts gelegen ist, "Ihr Herr Sohn kann einmal der beste Ratsherr von der Welt werden, wenn er sich nur darauf applizieren will." Es gehoert ein aufgeweckter Geist dazu; den hat er: eine fixe Zunge; die hat er: eine tiefe Einsicht in die Staatskunst; die hat er: eine Geschicklichkeit, seine Gedanken zierlich auf das Papier zu bringen; die hat er: eine verschlagne Aufmerksamkeit auf die geringsten Bewegungen unruhiger Buerger; die hat er: und wenn er sie nicht hat--o die Uebung--die Uebung! Ich weiss ja, wie mir es anfangs ging. Freilich kann man die Geschicklichkeit zu einem so schweren Amte nicht gleich mit auf die Welt bringen-- Damis. Der Narr! es ist zwar wahr, dass ich alle diese Geschicklichkeiten besitze; allein mit der Haelfte derselben koennte ich Geheimter Rat werden, und nicht bloss-- Siebenter Auftritt Anton. Lisette. Damis. Damis. Nun, was willst du schon wieder? Anton. Mamsell Juliane weiss es nun, dass Lisette ausgegangen ist. Fuerchten Sie sich nur nicht; sie wird uns nicht ueberraschen-- Damis. Wer hiess dich denn wiederkommen? Anton. Sollte ich wohl meinen Herrn allein lassen? Und dazu, es ueberfiel mich auf einmal so eine Angst, so eine Bangigkeit; die Ohren fingen mir an zu klingen und besonders das linke--Lisette! Lisette! Lisette. Was willst du denn? Anton (sachte zu Lisetten). Was habt ihr denn beide allein gemacht? Was gilt's, es ging auf meine Unkosten! Lisette. O pack dich--Ich weiss nicht, was der Narre will. Damis. Fort, Anton! es ist die hoechste Zeit; du musst wieder auf die Post sehen. Ich weiss auch gar nicht, wo sie so lange bleibt.--Wird's bald? Anton. Lisette, komm mit! Damis. Was soll denn Lisette mit? Anton. Und was soll sie denn bei Ihnen? Damis. Unwissender! Anton. Ja freilich ist es mein Unglueck, dass ich es nicht weiss. (Sachte zu Lisetten.) Rede nur wenigstens ein wenig laut, damit ich hoere, was unter euch vorgeht--Ich werde horchen--(Gehet ab.) Achter Auftritt Lisette. Damis. Lisette. Lassen Sie uns ein wenig sachte reden. Sie wissen wohl, man ist vor dem Horcher nicht sicher. Damis. Jawohl; fahr Sie also nur sachte fort. Lisette. Sie kennen doch wohl des Herrn Chrysanders Beichtvater? Damis. Beichtvater? soll ich denn alle solche Handwerksgelehrte kennen? Lisette. Wenigstens schien er Sie sehr wohl zu kennen. "Ein guter Prediger", fiel er der dicken Rechtsgelehrsamkeit ins Wort, "sollte Herr Damis gewiss auch werden. Eine schoene Statur; eine starke deutliche Stimme; ein gutes Gedaechtnis; ein feiner Vortrag; eine anstaendige Dreistigkeit; ein reifer Verstand, der ueber seine Meinungen tuerkenmaessig zu halten weiss: alle diese Eigenschaften glaube ich, in einem ziemlich hohen Grade, bei ihm bemerkt zu haben. Nur um einen Punkt ist mir bange. Ich fuerchte, ich fuerchte, er ist auch ein wenig von der Freigeisterei angesteckt."--"Ei, was Freigeisterei?" schrie der schon halb trunkene Medikus. "Die Freigeister sind brave Leute! Wird er deswegen keinen Kranken kurieren koennen? Wenn es nach mir geht, so muss er ein Medikus werden. Griechisch kann er, und Griechisch ist die halbe Medizin. (Indem sie allmaehlich wieder lauter spricht.) Freilich das Herz, das dazu gehoert, kann sich niemand geben. Doch das koemmt von sich selbst, wenn man erst eine Weile praktiziert hat."--"Nu", fiel ihm ein alter Kaufmann in die Rede, "so muss es mit den Herrn Medizinern wohl sein wie mit den Scharfrichtern. Wenn die zum ersten Male koepfen, so zittern und beben sie; je oefter sie aber den Versuch wiederholen, desto frischer geht es."--Und auf diesen Einfall ward eine ganze Viertelstunde gelacht; in einem fort, in einem fort; sogar das Trinken ward darueber vergessen. Neunter Auftritt Lisette. Damis. Anton. Anton. Herr, die Post wird heute vor neun Uhr nicht kommen. Ich habe gefragt; Sie koennen sieh darauf verlassen. Damis. Musst du uns aber denn schon wieder stoeren, Idiote? Anton. Es soll mir recht lieb sein, wann ich Sie nur noch zur rechten Zeit gestoert habe. Damis. Was willst du mit deiner rechten Zeit? Anton. Ich will mich gegen Lisetten schon deutlicher erklaeren. Darf ich ihr etwas ins Ohr sagen? Lisette. Was wirst du mir ins Ohr zu sagen haben? Anton. Nur ein Wort. (Sachte.) Du denkst, ich habe nicht gehorcht? Sagtest du nicht: du haettest nicht Herz genug dazu? doch wenn du nur erst das Ding eine Weile wuerdest praktizierst haben--O ich habe alles gehoert--Kurz, wir sind geschiedne Leute! Du Unverschaemte, Garstige-- Lisette. Sage nur, was du willst? Damis. Gleich, geh mir wieder aus den Augen! Und komme mir nicht wieder vors Gesicht, bis ich dich rufen werde oder bis du mir Briefe von Berlin bringst!--Ich kann sie kaum erwarten. So macht es die uebermaessige Freude! Zwar sollte ich Hoffnung sagen, weil jene nur auf das Gegenwaertige und diese auf das Zukuenftige geht. Doch hier ist das Zukuenftige schon so gewiss als das Gegenwaertige. Ich brauche die Sprache der Propheten, die ihrer Sachen doch unmoeglich so gewiss sein konnten.--Die ganze Akademie muesste blind sein.--Nun, was stehst du noch da? Wirst du gehen? Zehnter Auftritt Lisette. Damis. Lisette. Da sehen Sie! so lobten Sie die Leute. Damis. Ah, wann die Leute nicht besser loben koennen, so moechten sie es nur gar bleiben lassen. Ich will mich nicht ruehmen, aber doch so viel kann ich mir ohne Hochmut zutrauen: ich will meiner Braut die Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrtheit oder der Rechte oder der Arzneikunst zu ihrem Manne haben will. In allen drei Fakultaeten habe ich disputiert; in allen dreien habe ich-- Lisette. Sie sprechen von einer Braut? heiraten Sie denn wirklich? Damis. Hat Sie denn auch schon davon gehoert, Lisette? Lisette. Koemmt denn wohl ohn' unsereiner irgend in einem Hause eine Heirat zustande? Aber eingebildet haette ich mir es nimmermehr, dass Sie sich fuer Julianen entschliessen wuerden! fuer Julianen! Damis. Groesstenteils tue ich es dem Vater zu Gefallen, der auf die ausserordentlichste Weise deswegen in mich dringt. Ich weiss wohl, dass Juliane meiner nicht wert ist. Allein soll ich einer solchen Kleinigkeit wegen, als eine Heirat ist, den Vater vor den Kopf stossen? Und dazu habe ich sonst einen Einfall, der mir ganz wohl lassen wird. Lisette. Freilich ist Juliane Ihrer nicht wert; und wenn nur alle Leute die gute Mamsell so kennten als ich-- Eilfter Auftritt Anton. Damis. Lisette. Anton (vor sich). Ich kann die Leute unmoeglich so alleine lassen. --Herr Valer fragt, ob Sie in Ihrer Stube sind? Sind Sie noch da, Herr Damis? Damis. Sage mir nur, Unwissender, hast du dir es denn heute recht vorgesetzt, mir beschwerlich zu fallen? Lisette. So lassen Sie ihn nur da, Herr Damis. Er bleibt doch nicht weg-- Anton. Ja, jetzt soll ich dableiben; jetzt, da es schon vielleicht vorbei ist, was ich nicht hoeren und sehen sollte. Damis. Was soll denn vorbei sein? Anton. Das werden Sie wohl wissen. Lisette (sachte). Jetzt, Anton, hilf mir, Julianen bei deinem Herrn recht schwarz machen. Willst du? Anton. Ei ja doch! zum Danke vielleicht-- Lisette. So schweig wenigstens.--Notwendig, Herr Damis, muessen Sie mit Julianen uebel fahren. Ich bedaure Sie im voraus. Der ganze Erdboden traegt kein aergeres Frauenzimmer-- Anton. Glauben Sie es nicht, Herr Damis; Juliane ist ein recht gut Kind. Sie koennen mit keiner in der Welt besser fahren. Ich wuensche Ihnen im voraus Glueck. Lisette. Wahrhaftig! du musst gegen deinen Herrn sehr redlich gesinnt sein, dass du ihm eine so unertraegliche Plage an den Hals schwatzen willst. Anton. Noch weit redlicher musst du gegen deine Mamsell sein, dass du ihr einen so guten Ehemann, als Herr Damis werden wird, missgoennest. Lisette. Einen guten Ehemann? Nun wahrhaftig, ein guter Ehemann, das ist auch alles, was sie sich wuenscht. Ein Mann, der alles gut sein laesst-- Anton. Ho! ho! alles? Hoeren Sie, Herr Damis, fuer was Sie Lisette ansieht? Aus der Ursache moechtest du wohl selbst gern seine Frau sein? Alles? ei! unter das alles, gehoert wohl auch--? du verstehst mich doch? Damis. Aber im Ernste, Lisette; glaubt Sie wirklich, dass Ihre Jungfer eine recht boese Frau werden wird? Hat sie in der Tat viel schlimme Eigenschaften? Lisette. Viel? Sie hat sie alle, die man haben kann; auch nicht die ausgenommen, die einander widersprechen. Damis. Will Sie mir nicht ein Verzeichnis davon geben? Lisette. Wo soll ich anfangen?--Sie ist albern-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Und ich sage: Luegen! Lisette. Sie ist zaenkisch-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Und ich sage: Luegen! Lisette. Sie ist eitel-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Luegen! sag ich. Lisette. Sie ist keine Wirtin-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Luegen! Lisette. Sie wird Sie durch uebertriebenen Staat, durch bestaendige Ergoetzlichkeiten und Schmausereien, um alle das Ihrige bringen-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Luegen! Lisette. Sie wird Ihnen die Sorge um eine Herde Kinder auf den Hals laden-- Damis. Kleinigkeit! Anton. Das tun die besten Weiber am ersten! Lisette. Aber um Kinder, die aus der rechten Quelle nicht geholt sind. Damis. Kleinigkeit! Anton. Und zwar Kleinigkeit nach der Mode! Lisette. Kleinigkeit? aber was denken Sie denn, Herr Damis? Damis. Ich denke, dass Juliane nicht arg genug sein kann. Ist sie albern? ich bin desto klueger; ist sie zaenkisch? ich bin desto gelassener; ist sie eitel? ich bin desto philosophischer gesinnt; vertut sie? sie wird aufhoeren, wenn sie nichts mehr hat; ist sie fruchtbar? so mag sie sehen, was sie vermag, wann sie es mit mir um die Wette sein will. Ein jedes mache sich ewig, womit es kann; das Weib durch Kinder, der Mann durch Buecher. Anton. Aber merken Sie denn nicht, dass Lisette ihre Ursachen haben muss, Julianen so zu verleumden? Damis. Ach freilich merk ich es. Sie goennt mich ihr und beschreibt sie mir also vollkommen nach meinem Geschmacke. Sie hat es ohne Zweifel geschlossen, dass ich ihre Mamsell nur eben deswegen, weil sie das unertraeglichste Frauenzimmer ist, heiraten will. Lisette. Nur deswegen? nur deswegen? und das haette ich geschlossen? Ich muesste Sie fuer irre im Kopfe gehalten haben. Ueberlegen Sie doch nur-- Damis. Das geht zu weit, Lisette! Traut Sie mir keine Ueberlegung zu? Was ich gesagt habe, ist die Frucht einer nur allzu scharfen Ueberlegung. Ja, es ist beschlossen: ich will die Zahl der ungluecklich scheinenden Gelehrten, die sich mit boesen Weibern vermaehlt haben, vermehren. Dieser Vorsatz ist nicht von heute. Anton. Nein, wahrhaftig!--Was aber der Teufel nicht tun kann! Wer haette es sich jetzt sollen traeumen lassen, jetzt da es Ernst werden soll? Ich muss lachen; Lisette wollte ihn von der Heirat abziehen und hat ihm nur mehr dazu beredt; und ich, ich wollte ihn dazu bereden und haette ihn bald davon abgezogen. Damis. Einmal soll geheiratet sein. Auf eine recht gute Frau darf ich mir nicht Rechnung machen; also waehle ich mir eine recht schlimme. Eine Frau von der gemeinen Art, die weder kalt noch warm, weder recht gut noch recht schlimm ist, taugt fuer einen Gelehrten nichts, ganz und gar nichts! Wer wird sich nach seinem Tode um sie bekuemmern? Gleichwohl verdient er es doch, dass sein ganzes Haus mit ihm unsterblich bleibe. Kann ich keine Frau haben, die einmal ihren Platz in einer Abhandlung de bonis Eruditorum uxoribus findet, so will ich wenigstens eine haben, mit welcher ein fleissiger Mann seine Sammlung de malis Eruditorum uxoribus vermehren kann. Ja, ja; ich bin es ohnehin meinem Vater, als der einzige Sohn, schuldig, auf die Erhaltung seines Namens mit der aeussersten Sorgfalt bedacht zu sein. Lisette. Kaum kann ich mich von meinem Erstaunen erholen--Ich habe Sie, Herr Damis, fuer einen so grossen Geist gehalten-- Damis. Und das nicht mit Unrecht. Doch eben hierdurch glaube ich den staerksten Beweis davon zu geben. Lisette. Ich moechte platzen!--Ja, ja, den staerksten Beweis, dass niemand schwerer zu fangen ist als ein junger Gelehrter; nicht sowohl wegen seiner Einsicht und Verschlagenheit als wegen seiner Narrheit. Damis. Wie, so naseweis, Lisette? Ein junger Gelehrter?--ein junger Gelehrter?-- Lisette. Ich will Ihnen die Verweise ersparen. Valer soll gleich von allem Nachricht bekommen. Ich bin Ihre Dienerin. Zwoelfter Auftritt Anton. Damis. Anton. Da sehen Sie! Nun laeuft sie fort, da Sie nach ihrer Pfeife nicht tanzen wollen.-- Damis. Mulier non Homo! bald werde ich auch dieses Paradoxon fuer wahr halten. Wodurch zeigt man, dass man ein Mensch ist? Durch den Verstand. Wodurch zeigt man, dass man Verstand hat? Wann man die Gelehrten und die Gelehrsamkeit gehoerig zu schaetzen weiss. Dieses kann kein Weibsbild, und also hat es keinen Verstand, und also ist es kein Mensch. Ja, wahrhaftig ja; in diesem Paradoxo liegt mehr Wahrheit als in zwanzig Lehrbuechern. Anton. Wie ist mir denn? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie Herr Valer gesucht hat? Wollen Sie nicht gehen und ihn sprechen? Damis. Valer? ich will ihn erwarten. Die Zeiten sind vorbei, da ich ihn hochschaetzte. Er hat seit einigen Jahren die Buecher beiseite gelegt; er hat sich das Vorurteil in den Kopf setzen lassen, dass man sich vollends durch den Umgang und durch die Kenntnis der Welt geschickt machen muesse, dem Staate nuetzliche Dienste zu leisten. Was kann ich mehr tun als ihn bedauern? Doch ja, endlich werde ich mich auch seiner schaemen muessen. Ich werde mich schaemen muessen, dass ich ihn ehemals meiner Freundschaft wert geschaetzt habe. O wie ekel muss man in der Freundschaft sein! Doch was hat geholfen, dass ich es bis auf den hoechsten Grad gewesen bin? Umsonst habe ich mich vor der Bekanntschaft aller mittelmaessigen Koepfe gehuetet; umsonst habe ich mich bestrebt, nur mit Genies, nur mit originellen Geistern umzugehen: dennoch musste mich Valer, unter der Larve eines solchen, hintergehen. O Valer! Valer! Anton. Laut genug, wenn er es hoeren soll. Damis. Ich haette ueber sein kaltsinniges Kompliment bersten moegen! Von was unterhielt er mich? von nichtswuerdigen Kleinigkeiten. Und gleichwohl kam er von Berlin, und gleichwohl haette er mir die allerangenehmste Neuigkeit zuerst berichten koennen. O Valer! Valer! Anton. St! wahrhaftig er koemmt. Sehen Sie, dass er sich nicht dreimal rufen laesst? Dreizehnter Auftritt Damis. Valer. Anton. Valer. Verzeihen Sie, liebster Freund, dass ich Sie in Ihrer gelehrten Ruhe stoere-- Anton. Wenn er doch gleich sagte, Faulheit. Damis. Stoeren? Ich sollte glauben, dass Sie mich zu stoeren kaemen? Nein, Valer, ich kenne Sie zu wohl; Sie kommen, mir die angenehmsten Neuigkeiten zu hinterbringen, die der Aufmerksamkeit eines Gelehrten, der seine Belohnung erwartet, wuerdig sind.--Einen Stuhl, Anton! --Setzen Sie sich. Valer. Sie irren sich, liebster Freund. Ich komme, Ihnen die Unbestaendigkeit Ihres Vaters zu klagen; ich komme, eine Erklaerung von Ihnen zu verlangen, von welcher mein ganzes Glueck abhaengen wird.-- Damis. Oh! ich konnte es Ihnen gleich ansehen, dass Sie vorhin die Gegenwart meines Vaters abhielt, sich mit mir vertraulicher zu besprechen und mir Ihre Freude ueber die Ehre zu bezeigen, die mir der billige Ausspruch der Akademie-- Valer. Nein, allzu gelehrter Freund; lassen Sie uns einen Augenblick von etwas minder Gleichgueltigem reden. Damis. Von etwas minder Gleichgueltigem? Also ist Ihnen meine Ehre gleichgueltig? Falscher Freund!-- Valer. Ihnen wird diese Benennung zukommen, wann Sie mich laenger von dem, was fuer ein zaertliches Herz das wichtigste ist, abbringen werden. Ist es wahr, dass Sie Julianen heiraten wollen? dass Ihr Vater dieses allzu zaertliche Frauenzimmer durch Bande der Dankbarkeit binden will, in seiner Wahl minder frei zu handeln? Habe ich Ihnen jemals aus meiner Neigung gegen Julianen ein Geheimnis gemacht? Haben Sie mir nicht von jeher versprochen, meiner Liebe behilflich zu sein? Damis. Sie ereifern sich, Valer; und vergessen, dass ein Weibsbild die Ursache ist. Schlagen Sie sich diese Kleinigkeit aus dem Sinne--Sie muessen in Berlin gewesen sein, da die Akademie den Preis auf dieses Jahr ausgeteilet hat. Die Monaden sind die Aufgabe gewesen. Sollten Sie nicht etwa gehoert haben, dass die Devise-- Valer. Wie grausam sind Sie, Damis! So antworten Sie mir doch! Damis. Und Sie wollen mir nicht antworten? Besinnen Sie sich; sollte nicht die Devise Unum est necessarium sein gekroent worden? Ich schmeichle mir wenigstens-- Valer. Bald schmeichle ich mir nun mit nichts mehr, da ich Sie so ausschweifend sehe. Bald werde ich nun auch glauben muessen, dass die Nachricht, die ich fuer eine Spoetterei von Lisetten gehalten habe, gegruendet sei. Sie halten Julianen fuer Ihrer unwert, Sie halten sie fuer die Schande ihres Geschlechts, und eben deswegen wollen Sie sie heiraten? Was fuer ein ungeheurer Einfall! Damis. Ha! ha! ha! Valer. Ja, lachen Sie nur, Damis, lachen Sie nur! Ich bin ein Tor, dass ich einen Augenblick solchen Unsinn von Ihnen habe glauben koennen. Sie haben Lisetten zum besten gehabt oder Lisette mich. Nein, nur in ein zerruettetes Gehirn kann ein solcher Entschluss kommen! Ihn zu verabscheuen braucht man nur vernuenftig zu denken und lange nicht edel, wie Sie doch zu denken gewohnt sind. Aber loesen Sie mir, ich bitte Sie, dieses marternde Raetsel! Damis. Bald werden Sie mich, Valer, auf Ihr Geschwaetze aufmerksam gemacht haben. So verlangen Sie doch in der Tat, dass ich meinen Ruhm Ihrer toerichten Neigung nachsetzen soll? Meinen Ruhm!--Doch wahrhaftig, ich will vielmehr glauben, dass Sie scherzen. Sie wollen versuchen, ob ich in meinen Entschliessungen auch wankelhaft bin. Valer. Ich scherzen? der Scherz sei verflucht, der mir hier in den Sinn kommt!-- Damis. Desto lieber ist mir es, wann Sie endlich ernsthaft reden wollen. Was ich Ihnen sage: die Schrift mit der Devise Unum est necessarium-- Vierzehnter Auftritt Chrysander. Damis. Valer. Anton. Chrysander (mit einem Zeitungsblatte in der Hand). Nun, nicht wahr, Herr Valer? mein Sohn ist nicht von der Heirat abzubringen? Sehen Sie, dass nicht sowohl ich als er auf diese Heirat dringt? Damis. Ich? ich auf die Heirat dringen? Chrysander. St! st! st! Damis. Ei was st, st? Meine Ehre leidet hierunter. Koennte man nicht auf die Gedanken kommen, wer weiss was mir an einer Frau gelegen sei? Chrysander. St! st! st! Valer. Oh! brauchen Sie doch keine Umstaende. Ich sehe es ja wohl; Sie sind mir beide entgegen. Was fuer ein Unglueck hat mich in dieses Haus fuehren muessen! Ich muss eine liebenswuerdige Person antreffen; ich muss ihr gefallen und muss doch endlich, nach vieler Hoffnung, alle Hoffnung verlieren. Damis, wenn ich jemals einiges Recht auf Ihre Freundschaft gehabt habe-- Damis. Aber, nicht wahr, Valer? einer Sache wegen muss man auf die Berlinische Akademie recht boese sein? Bedenken Sie doch, sie will kuenftig die Aufgaben zu dem Preise zwei Jahr vorher bekanntmachen. Warum denn zwei Jahr? war es nicht an einem genug? Haelt sie denn die Deutschen fuer so langsame Koepfe? Seit ihrer Erneuerung habe ich jedes Jahr meine Abhandlung mit eingeschickt; aber, ohne mich zu ruehmen, laenger als acht Tage habe ich ueber keine zugebracht. Chrysander. Wisst ihr denn aber auch, ihr lieben Leute, was in den Niederlanden vorgegangen ist? Ich habe hier eben die neuste Zeitung. Sie haben sich die Koepfe wacker gewaschen. Doch die Alliierten, ich bin in der Tat recht boese auf sie. Haben sie nicht wieder einen wunderbaren Streich gemacht!-- Anton. Nun, da reden alle drei etwas anders! Der spricht von der Liebe; der von seinen Abhandlungen; der vom Kriege. Wenn ich auch etwas Besonders reden soll, so werde ich vom Abendessen reden. Vom Mittage an bis auf den Abend um sechs Uhr zu fasten sind keine Narrenspossen. Valer. Unglueckliche Liebe! Damis. Die unbesonnene Akademie! Chrysander. Die dummen Alliierten! Anton. Die vierte Stimme fehlt noch: die langsamen Bratenwender! Funfzehnter Auftritt Lisette. Damis. Valer. Chrysander. Anton. Lisette. Nun, Herr Chrysander? ich glaubte, Sie haetten die Herren zu Tische rufen wollen? Ich sehe aber, Sie wollen selbst gerufen sein. Es ist schon aufgetragen. Anton. Das war die hoechste Zeit! dem Himmel sei Dank! Chrysander. Es ist wahr; es ist wahr; ich haette es bald vergessen. Der Zeitungsmann hielt mich auf der Treppe auf. Kommen Sie, Herr Valer; wir wollen die jetzigen Staatsgeschaefte ein wenig miteinander bei einem Glaeschen ueberlegen. Schlagen Sie sich Julianen aus dem Kopfe. Und du, mein Sohn, du magst mit deiner Braut schwatzen. Du wirst gewiss eine wackre Frau an ihr haben; nicht so eine Xanthippe wie-- Damis. Xanthippe? wie verstehen Sie das? Sind Sie etwa auch noch in dem poebelhaften Vorurteile, dass Xanthippe eine boese Frau gewesen sei? Chrysander. Willst du sie etwa fuer eine gute halten? Du wirst doch nicht die Xanthippe verteidigen? Pfui! das heisst einen Abc-Schnitzer machen. Ich glaube, ihr Gelehrten, je mehr ihr lernt, je mehr vergesst ihr. Damis. Ich behaupte aber, dass man kein einzig tuechtiges Zeugnis fuer Ihre Meinung anfuehren kann. Das ist das erste, was die ganze Sache verdaechtig macht; und zum andern-- Lisette. Das ewige Geplaudre! Chrysander. Lisette hat recht! Mein Sohn, contra principia negantem, non est disputandum. Kommt! Kommt! (Chrysander, Damis und Anton gehen ab.) Valer. Nun ist alles fuer mich verloren, Lisette. Was soll ich anfangen? Lisette. Ich weiss keinen Rat; wann nicht der Brief-- Valer. Dieser Betrug waere zu arg, und Juliane will ihn nicht zugeben. Lisette. Ei, was Betrug? Wenn der Betrug nuetzlich ist, so ist er auch erlaubt. Ich sehe es wohl, ich werde es selbst tun muessen. Kommen Sie nur fort, und fassen Sie wieder Mut. Dritter Aufzug Erster Auftritt Lisette. Anton. Lisette. So warte doch, Anton. Anton. Ei, lass mich zufrieden. Ich mag mit dir nichts zu tun haben. Lisette. Wollen wir uns also nicht wieder versoehnen? Willst du nicht tun, was ich dich gebeten habe? Anton. Dir sollte ich etwas zu Gefallen tun? Lisette. Anton, lieber Anton, goldner Anton, tu es immer. Wie leicht kannst du nicht dem Alten den Brief geben und ihm sagen, der Posttraeger habe ihn gebracht? Anton. Geh! du Schlange! Wie sie nun schmeicheln kann!--Halte mich nicht auf. Ich soll meinem Herrn ein Buch bringen. Lass mich gehen. Lisette. Deinem Herrn ein Buch? Was will er denn mit dem Buche bei Tische? Anton. Die Zeit wird ihm lang; und will er nicht muessige Weile haben, so muss er sich doch wohl etwas zu tun machen. Lisette. Die Zeit wird ihm lang? bei Tische? Wenn es noch in der Kirche waere. Reden sie denn nichts? Anton. Nicht ein Wort. Ich bin ein Schelm, wenn es auf einem Totenmahle so stille zugehen kann. Lisette. Wenigstens wird der Alte reden. Anton. Der redt, ohne zu reden. Er isst und redt zugleich; und ich glaube, er gaebe wer weiss was darum, wenn er noch dazu trinken koennte, und das alles dreies auf einmal. Das Zeitungsblatt liegt neben dem Teller; das eine Auge sieht auf den und das andre auf jenes. Mit dem einen Backen kaut er, und mit dem andern redt er. Da kann es freilich nun nicht anders sein, die Worte muessen auf dem Gekauten sitzenbleiben, sodass man ihn mit genauer Not noch murmeln hoert. Lisette. Was machen aber die uebrigen? Anton. Die uebrigen? Valer und Juliane sind wie halb tot. Sie essen nicht und reden nicht; sie sehen einander an; sie seufzen; sie schlagen die Augen nieder; sie schielen bald nach dem Vater, bald nach dem Sohne; sie werden weiss; sie werden rot. Der Zorn und die Verzweiflung sieht beiden aus den Augen.--Aber juchhe! so recht! Siehst du, dass es nicht nach deinem Kopfe gehen muss? Mein Herr soll Julianen haben, und wenn-- Lisette. Ja, dein Herr! Was macht aber der? Anton. Lauter dumme Streiche. Er kritzelt mit der Gabel auf dem Teller; haengt den Kopf; bewegt das Maul, als ob er mit sich selbst redte; wackelt mit dem Stuhle; stoesst einmal ein Weinglas um; laesst es liegen; tut, als wenn er nichts merkte, bis ihm der Wein auf die Kleider laufen will; nun faehrt er auf und spricht wohl gar, ich haette es umgegossen.--Doch genug geplaudert; er wird auf mich fluchen, wo ich ihm das Buch nicht bald bringe. Ich muss es doch suchen. Auf dem Tische, zur rechten Hand, soll es liegen. Ja zur rechten Hand; welche rechte Hand meint er denn? Trete ich so, so ist das die rechte Hand; trete ich so, so ist sie das; trete ich so, so ist sie das; und das wird sie, wenn ich so trete. (Tritt an alle vier Seiten des Tisches.) Sage mir doch, Lisette, welches ist denn die rechte rechte Hand? Lisette. Das weiss ich so wenig als du. Schade auf das Buch; er mag es selbst holen. Aber Anton, wir vergessen das Wichtigste; den Brief-- Anton. Koemmst du mir schon wieder mit deinem Briefe? Denkt doch; deinetwegen soll ich meinen Herrn betruegen? Lisette. Es soll aber dein Schade nicht sein. Anton. So? ist es mein Schade nicht, wann ich das, was mir Chrysander versprochen hat, muss sitzenlassen? Lisette. Dafuer aber verspricht dich Valer schadlos zu halten. Anton. Wo verspricht er mir es denn? Lisette. Wunderliche Haut! ich verspreche es dir an seiner Statt. Anton. Und wenn du es auch an seiner Statt halten sollst, so werde ich viel bekommen. Nein, nein; ein Sperling in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dache. Lisette. Wann du die Taube gewiss fangen kannst, so wird sie doch besser sein als der Sperling? Anton. Gewiss fangen! als wenn sich alles fangen liesse! Nicht wahr, wann ich die Taube haschen will, so muss ich den Sperling aus der Hand fliegen lassen? Lisette. So lass ihn fliegen. Anton. Gut! und wann sich nun die Taube auch davonmacht? Nein, nein, Jungfer, so dumm ist Anton nicht. Lisette. Was du fuer kindische Umstaende machst! Bedenke doch, wie gluecklich du sein kannst. Anton. Wie denn? lass doch hoeren. Lisette. Valer hat versprochen, mich auszustatten. Was sind so einem Kapitalisten tausend Taler? Anton. Auf die machst du dir Rechnung? Lisette. Wenigstens. Dich wuerde er auch nicht leer ausgehen lassen, wann du mir behilflich waerest. Ich haette alsdenn Geld; du haettest auch Geld: koennten wir nicht ein allerliebstes Paar werden? Anton. Wir? ein Paar? Wenn dich mein Herr nicht versteckt haette. Lisette. Tust du nicht recht albern! Ich habe dir ja alles erzaehlt, was unter uns vorgegangen ist. Dein Herr, das Buecherwuermchen! Anton. Ja, auch das sind verdammte Tiere, die Buecherwuermer. Es ist schon wahr, ein Maedel wie du, mit tausend Talern, die ist wenigstens tausend Taler wert; aber nur das Kabinett--das Kabinett-- Lisette. Hoere doch einmal auf, Anton, und lass dich nicht so lange bitten. Anton. Warum willst du aber dem Alten den Brief nicht selbst geben? Lisette. Ich habe dir ja gesagt, was darin steht. Wie leicht koennte Chrysander nicht argwoehnen-- Anton. Ja, ja, mein Aeffchen, ich merk es schon; du willst die Kastanien aus der Asche haben und brauchst Katzenpfoten dazu. Lisette. Je nun, mein liebes Katerchen, tu es immer! Anton. Wie sie es einem ans Herze legen kann! Liebes Katerchen! Gib nur her, den Brief; gib nur! Lisette. Da, mein unvergleichlicher Anton-- Anton. Aber es hat doch mit der Ausstattung seine Richtigkeit?-- Lisette. Verlass dich drauf-- Anton. Und mit meiner Belohnung obendrein?-- Lisette. Desgleichen. Anton. Nun wohl, der Brief ist uebergeben! Lisette. Aber so bald als moeglich-- Anton. Wenn du willst, jetzt gleich. Komm!--Potz Stern! wer koemmt?--Zum Henker, es ist Damis. Zweiter Auftritt Damis. Anton. Lisette. Damis. Wo bleibt denn der Schlingel mit dem Buche? Anton. Ich wollte gleich, ich wollte--Lisette und--Kurz, ich kann es nicht finden, Herr Damis. Damis. Nicht finden? Ich habe dir ja gesagt, auf welcher Hand es liegt. Anton. Auf der rechten, haben Sie wohl gesagt; aber nicht auf welcher rechten? Und das wollte ich Sie gleich fragen kommen. Damis. Dummkopf, kannst du nicht so viel erraten, dass ich von der Seite rede, an welcher ich sitze? Anton. Es ist auch wahr, Lisette; und darueber haben wir uns den Kopf zerbrochen! Herr Damis ist doch immer klueger als wir! (Indem er ihm hinterwaerts einen Moench sticht.) Nun will ich es wohl finden. Weiss eingebunden, roten Schnitt, nicht? Gehen Sie nur, ich will es gleich bringen. Damis. Ja, nun ist es Zeit, da wir schon vom Tische aufgestanden sind. Anton. Schon aufgestanden? Zum Henker, ich bin noch nicht satt. Sind sie schon alle, alle aufgestanden? Damis. Mein Vater wird noch sitzen und die Zeitung auswendig lernen, damit er morgen in seinem Kraenzchen den Staatsmann spielen kann. Geh geschwind, wenn du glaubst, von seinen politischen Brocken satt zu werden. Was will aber Lisette hier? Lisette. Bin ich jetzt nicht ebensowohl zu leiden als vorhin? Damis. Nein, wahrhaftig nein. Vorhin glaubte ich, Lisette haette wenigstens so viel Verstand, dass ihr Plaudern auf eine Viertelstunde ertraeglich sein koennte; aber ich habe mich geirrt. Sie ist so dumm wie alle uebrige im Hause. Lisette. Ich habe die Ehre, mich im Namen aller uebrigen zu bedanken. Anton. Verzweifelt! das geht ja jetzt aus einem ganz andern Tone! Gott gebe, dass sie sich recht zanken! Aber zuhoeren mag ich nicht--Lisette, ich will immer gehen. Lisette (sachte). Den Brief vergiss nicht; geschwind! Damis. So! hast du Lisetten um Urlaub zu bitten? Ich befehle dir: bleib da. Ich wuesste nicht, wohin du zu gehen haettest. Anton. Auf die Post, Herr Damis; auf die Post! Damis. Doch, es ist wahr; nun so geh! geh! Dritter Auftritt Damis. Lisette. Damis. Lisette kann sich nur auch gleich mit fortmachen. Will denn meine Stube heute gar nicht leer werden? Bald ist der da, bald jener; bald die, bald jene. Soll ich denn nicht einen Augenblick allein sein? (Setzt sich an seinen Tisch.) Die Musen verlangen Einsamkeit, und nichts verjagt sie eher als der Tumult. Ich habe so viele und wichtige Verrichtungen, dass ich nicht weiss, wo ich zuerst anfangen soll; und gleichwohl stoert man mich. Mit der Heirat, mit einer so nichtswuerdigen Sache, ist der groesste Teil des Nachmittags daraufgegangen; soll mir denn auch der Abend durch das ewige Hin- und Wiederlaufen entrissen werden? Ich glaube, dass in keinem Hause der Muessiggang so herrschen kann als in diesem. Lisette. Und besonders auf dieser Stube. Damis. Auf dieser Stube? Ungelehrte! Unwissende! Lisette. Ist das geschimpft oder gelobt? Damis. Was fuer eine niedertraechtige Seele! die Unwissenheit, die Ungelehrsamkeit fuer keinen Schimpf zu halten! fuer keinen Schimpf? So moechte ich doch die Begriffe wissen, die eine so unsinnige Schwaetzerin von Ehre und Schande hat. Vielleicht, dass bei ihr die Gelehrsamkeit ein Schimpf ist? Lisette. Wahrhaftig, wann sie durchgaengig von dem Schlage ist wie bei Ihnen-- Damis. Nein, das ist sie nicht. Die wenigsten haben es so weit gebracht-- Lisette. Dass man nicht unterscheiden kann, ob sie naerrisch oder gelehrt sind?-- Damis. Ich moechte aus der Haut fahren-- Lisette. Tun Sie das, und fahren Sie in eine kluegere. Damis. Wie lange soll ich noch den Beleidigungen der nichtswuerdigsten Kreatur ausgesetzt sein?--Tausend wuerden sich gluecklich preisen, wenn sie nur den zehnten Teil meiner Verdienste haetten. Ich bin erst zwanzig Jahr alt; und wie viele wollte ich finden, die dieses Alter beinahe dreimal auf sich haben und gleichwohl mit mir--Doch ich rede umsonst. Was kann es mir fuer Ehre bringen, eine Unsinnige von meiner Geschicklichkeit zu ueberfuehren? Ich verstehe sieben Sprachen vollkommen und bin erst zwanzig Jahr alt. In dem ganzen Umfange der Geschichte und in allen mit ihr verwandten Wissenschaften bin ich ohne gleichem-- Lisette. Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Damis. Wie stark ich in der Weltweisheit bin, bezeugt die hoechste Wuerde, die ich schon vor drei Jahren darin erhalten habe. Noch unwidersprechlicher wird es die Welt jetzt aus meiner Abhandlung von den Monaden erkennen.--Ach, die verwuenschte Post!-- Lisette. Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Damis. Von meiner mehr als demosthenischen Beredsamkeit kann meine satirische Lobrede auf den Nix der Nachwelt eine ewige Probe geben. Lisette. Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Damis. Freilich! Auch in der Poesie darf ich meine Hand nach dem unvergaenglichsten Lorbeer ausstrecken. Gegen mich kriecht Milton, und Haller ist gegen mich ein Schwaetzer. Meine Freunde, welchen ich sonst zum oeftern meine Versuche, wie ich sie zu nennen belieben vorgelesen habe, wollen jetzt gar nichts mehr davon hoeren und versichern mich allezeit auf das aufrichtigste, dass sie schon genugsam von meiner mehr als goettlichen Ader ueberzeugt waeren. Lisette. Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Damis. Kurz, ich bin ein Philolog, ein Geschichtskundiger, ein Weltweiser, ein Redner, ein Dichter-- Lisette. Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Ein Weltweiser ohne Bart und ein Redner, der noch nicht muendig ist! schoene Raritaeten! Damis. Fort! den Augenblick aus meiner Stube! Lisette. Den Augenblick? Ich moechte gar zu gern die schoene Ausrufung: und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! noch einmal anbringen. Haben Sie nichts mehr an sich zu ruehmen? O noch etwas! Wollen Sie nicht? Nun so will ich es selbst tun. Hoeren Sie recht zu, Herr Damis: Sie sind noch nicht klug und sind schon zwanzig Jahr alt! Damis. Was? wie? (Steht zornig auf.) Lisette. Leben Sie wohl! Leben Sie wohl! Damis. Himmel! was muss man von den ungelehrten Bestien erdulden! Ist es moeglich von einem unwissenden Weibsbilde-- Vierter Auftritt Chrysander. Anton. Damis. Chrysander. Das ist ein verfluchter Brief, Anton! Ei! ei! mein Sohn, mein Sohn, post coenam stabis, vel passus mille meabis. Du wirst doch nicht schon wieder sitzen? Damis. Ein andrer, der nichts zu tun hat, mag sich um dergleichen barbarische Gesundheitsregeln bekuemmern. Wichtige Beschaeftigungen-- Chrysander. Was willst du von wichtigen Beschaeftigungen reden? Damis. Ich nicht, Herr Vater? Die meisten von den Buechern, die Sie hier auf dem Tische sehen, warten teils auf meine Noten, teils auf meine Uebersetzung, teils auf meine Widerlegung, teils auf meine Verteidigung, teils auch auf mein blosses Urteil. Chrysander. Lass sie warten! Jetzt-- Damis. Jetzt kann ich freilich nicht alles auf einmal verrichten. Wann ich nur erst mit dem Wichtigsten werde zustande sein. Sie glauben nicht, was mir hier eine gewisse Untersuchung fuer Nachschlagen und Kopfbrechen kostet. Noch eine einzige Kleinigkeit fehlt mir, so habe ich es bewiesen, dass sich Kleopatra die Schlangen an den Arm, und nicht an die Brust, gesetzt hat-- Chrysander. Die Schlangen taugen nirgends viel. Mir waere beinahe jetzt auch eine in Busen gekrochen; aber noch ist es Zeit. Hoere einmal, mein Sohn; hier habe ich einen Brief bekommen, der mich-- Damis. Wie? einen Brief? einen Brief? Ach, lieber Anton! einen Brief? Liebster Herr Vater, einen Brief? von Berlin? Lassen Sie mich nicht laenger warten; wo ist er? Nicht wahr, nunmehr werden Sie aufhoeren an meiner Geschicklichkeit zu zweifeln? Wie gluecklich bin ich! Anton, weisst du es auch schon, was darin steht? Chrysander. Was schwaermst du wieder? Der Brief ist nicht von Berlin; er ist von meinem Advokaten aus Dresden, und nach dem, was er schreibt, kann aus deiner Heirat mit Julianen nichts werden. Damis. Nichtswuerdiger Kerl! so bist du noch nicht wieder auf der Post gewesen? Anton. Ich habe es Ihnen ja gesagt, dass vor neun Uhr fuer mich auf der Post nichts zu tun ist. Damis. Ah, verberabilissime, non fur, sed trifur! Himmel! dass ich vor Zorn sogar des Plautus Schimpfwoerter brauchen muss. Wird dir denn ein vergebner Gang gleich den Hals kosten? Anton. Schimpften Sie mich? Weil ich es nicht verstanden habe, so mag es hingehen. Chrysander. Aber sage mir nur, Damis; nicht wahr, du hast doch einen kleinen Widerwillen gegen Julianen? Wenn das ist, so will ich dich nicht zwingen. Du musst wissen, dass ich keiner von den Vaetern bin-- Damis. Ist die Heirat schon wieder auf dem Tapete? Wann Sie doch wegen meines Widerwillens unbesorgt sein wollten. Genug, ich heirate sie-- Chrysander. Das heisst so viel, du wolltest dich meinetwegen zwingen? Das will ich durchaus nicht. Wenn du gleich mein Sohn bist, so bist du doch ein Mensch; und jeder Mensch wird frei geboren; er muss machen koennen, was er will; und--kurz--ich gebe dir dein Wort wieder zurueck. Damis. Wieder zurueck? und vor einigen Stunden konnte ich mich nicht hurtig genug entschliessen? Wie soll ich das verstehen? Chrysander. Das sollst du so verstehen, dass ich es ueberlegt habe und dass, weil dir Juliane nicht gefaellt, sie mir auch nicht ansteht; dass ich ihre wahren Umstaende in diesem Briefe wieder gefunden habe und dass--Du siehst es ja, dass ich den Brief nur jetzt gleich bekommen habe. Ich weiss zwar wahrhaftig nicht, was ich davon denken soll? Die Hand meines Advokaten ist es nicht-- (Damis setzt sich wieder an den Tisch.) Anton. Nicht? oh! die Leutchen muessen mehr als eine Hand zu schreiben wissen. Chrysander. Zu geschwind ist es beinahe auch. Kaum sind es acht Tage, dass ich ihm geschrieben habe. Sollte er das Ding in der kurzen Zeit schon haben untersuchen koennen? Von wem hast du denn den Brief bekommen, Anton? Anton. Von Lisetten. Chrysander. Und Lisette? Anton. Von dem Brieftraeger, ohne Zweifel. Chrysander. Aber warum bringt denn der Kerl die Briefe nicht mir selbst? Anton. Sie werden sich doch in den Haenden, wodurch sie gehen, nicht veraendern koennen? Chrysander. Man weiss nicht--Gleichwohl aber lassen sich die Gruende, die er anfuehrt, hoeren. Ich muss also wohl den sichersten Weg nehmen und dir, mein Sohn--Aber, ich glaube gar, du hast dich wieder an den Tisch gesetzt und studierst? Damis. Mein Gott! ich habe zu tun, ich habe sogar viel zu tun. Chrysander. Drum mit einem Worte, damit ich dich nicht um die Zeit bringe: die Heirat mit Julianen war nichts als ein Gedanke, den du wieder vergessen kannst. Wann ich es recht ueberlege, so hat doch Valer das groesste Recht auf sie. Damis. Sie betruegen sich, wenn Sie glauben, dass ich nunmehr davon abgehen werde.--Ich habe alles wohl ueberleget, und ich muss es Ihnen nur mit ganz trocknen Worten sagen, dass eine boese Frau mir helfen soll, meinen Ruhm unsterblich zu machen; oder vielmehr, dass ich eine boese Frau, an die man nicht denken wuerde, wann sie keinen Gelehrten gehabt haette, mit mir zugleich unsterblich machen will. Der Charakter eines solchen Eheteufels wird auf den meinigen ein gewisses Licht werfen-- Chrysander. Nun wohl, wohl; so nimm dir eine boese Frau; nur aber eine mit Gelde, weil an einer solchen die Bosheit noch ertraeglich ist. Von der Gattung war meine erste selige Frau. Um die zwanzigtausend Taler, die ich mit ihr bekam, haette ich des boesen Feindes Schwester heiraten wollen--Du musst mich nur recht verstehen: ich meine es nicht nach den Worten.--Wann sie aber boese sein soll, deine Frau, was willst du mit Julianen?--Hoere, ich kenne eine alte Witwe, die schon vier Maenner ins Grab gezankt hat; sie hat ihr feines Auskommen: ich daechte, das waere deine Sache; nimm die! Ich habe dir das Maul einmal waessrig gemacht, ich muss dir also doch etwas darein geben. Wann es einmal eine Xanthippe sein soll, so kannst du keine bessre finden. Damis. Mit Ihrer Xanthippe! ich habe es Ihnen ja schon mehr als einmal gesagt, dass Xanthippe keine boese Frau gewesen ist. Haben Sie meine Beweisgruende schon wieder vergessen? Chrysander. Ei was? mein Beweis ist das Abc-Buch. Wer so ein Buch hat schreiben koennen, das so allgemein geworden ist, der muss es gewiss besser verstanden haben als du. Und kurz, mir liegt daran, dass Xanthippe eine boese Frau gewesen ist. Ich koennte mich nicht zufriedengeben, wenn ich meine erste Frau so oft sollte gelobt haben. Schweig also mit deinen Narrenspossen; ich mag von dir nicht besser unterrichtet sein. Damis. So wird uns gedankt, wenn wir die Leute aus ihren Irrtuemern helfen wollen. Chrysander. Seit wenn ist denn das Ei klueger als die Henne? he? Herr Doktor, vergess Er nicht, dass ich Vater bin und dass es auf den Vater ankoemmt, wenn der Sohn heiraten soll. Ich will an Julianen nicht mehr gedacht wissen-- Damis. Und warum nicht? Chrysander. Soll ich meinem einzigen Sohne ein armes Maedchen aufhaengen? Du bist nicht wert, dass ich fuer dich so besorgt bin. Du weisst ja, dass sie nichts im Vermoegen hat. Damis. Hatte sie vorhin, da ich sie heiraten sollte, mehr als jetzt? Chrysander. Das verstehst du nicht. Ich wusste wohl, was ich vorhin tat: aber ich weiss auch, was ich jetzt tue. Damis. Gut, desto besser ist es, wann sie kein Geld hat. Man wird mir also nicht nachreden koennen, die boese Frau des Geldes wegen genommen zu haben; man wird es zugestehen muessen, dass ich keine andere Absicht gehabt als die, mich in den Tugenden zu ueben, die bei Erduldung eines solchen Weibes noetig sind. Chrysander. Eines solchen Weibes! Wer hat dir denn gesagt, dass Juliane eine boese Frau werden wird? Damis. Wenn ich nicht, wie wir Gelehrten zu reden pflegen, a priori davon ueberfuehrt waere, so wuerde ich es schon daraus schliessen koennen, weil Sie daran zweifeln. Chrysander. Fein naseweis, mein Sohn! fein naseweis! Ich habe Julianen auferzogen; sie hat viel Wohltaten bei mir genossen; ich habe ihr alles Gute beigebracht: wer von ihr Uebels spricht, der spricht es zugleich von mir. Was? ich sollte nicht ein Frauenzimmer zu ziehen wissen? Ich sollte ein Maedchen, das unter meiner Aufsicht gross geworden ist, nicht so weit gebracht haben, dass es einmal eine rechtschaffne wackre Frau wuerde? Reich habe ich sie freilich nicht machen koennen; ich bin der Wohltat selbst noch benoetigt. Aber dass ich sie nicht tugendhaft, nicht verstaendig gemacht haette, das kann mir nur einer nachreden, der so dumm ist als du, mein Sohn. Nimm mir es nicht uebel, dass ich mit der Sprache herausruecke. Du bist so ein eingemachter Narre, so ein Stockfisch--nimm mir's nicht uebel, mein Sohn--so ein ueberstudierter Pickelhering--aber nimm mir's nicht uebel-- Damis (beiseite). Bald sollte ich glauben, dass sein erster Handel mit eingesalznen Fischen gewesen sei.--Schon gut, Herr Vater; von Julianens Tugend will ich nichts sagen; die Tugend ist oft eine Art von Dummheit. Aber was ihren Verstand anbelangt, von dem werden Sie mir erlauben, dass ich ihn noch immer in Zweifel ziehe. Ich bin nun schon eine ziemliche Zeit wieder hier; ich habe mir auch manchmal die Muehe genommen, ein paar Worte mit ihr zu sprechen: hat sie aber wohl jemals an meine Gelehrsamkeit gedacht? Ich mag nicht gelobt sein; so eitel bin ich nicht; nur muss man den Leuten ihr Recht widerfahren lassen-- Fuenfter Auftritt Chrysander. Damis. Valer. Chrysander. Gut, gut, Herr Valer, Sie kommen gleich zur rechten Stunde. Damis. Was will der unertraegliche Mensch wieder? Valer. Ich komme, Abschied von Ihnen beiden zu nehmen-- Chrysander. Abschied? so zeitig? warum denn? Valer. Ich glaube nicht, dass Sie im Ernste fragen. Chrysander. Gott weiss es, Herr Valer; in dem allerernstlichstem Ernste. Ich lasse Sie wahrhaftig nicht. Valer. Um mich noch empfindlicher zu martern? Sie wissen, wie lieb mir die Person allezeit gewesen ist, die Sie mir heute entreissen. Doch das Unglueck waere klein, wenn es mich nur allein traefe. Sie wollen noch dazu diese geliebte Person mit einem verbinden, der sie ebenso sehr hasst, als ich sie verehre? Meine ganze Seele ist voller Verzweiflung, und von nun an werde ich weder hier noch irgendswo in der Welt wieder ruhig werden. Ich gehe, um mich-- Chrysander. Nicht gehen, Herr Valer, nicht gehen! Dem Uebel ist vielleicht noch abzuhelfen. Valer. Abzuhelfen? Sie beschimpfen mich, wenn Sie glauben, dass ich jemals diesen Streich ueberwinden werde. Er wuerde fuer ein minder zaertliches Herz, als das meinige ist, toedlich sein. Damis. Was fuer ein Gewaesche! (Setzt sich an seinen Tisch.) Valer. Wie gluecklich sind Sie, Damis! Lernen Sie wenigstens Ihr Glueck erkennen; es ist der geringste Dank, den Sie dem Himmel schuldig sind. Juliane wird die Ihrige-- Chrysander. Ei, wer sagt denn das? Sie soll noch zeitig genug die Ihrige werden, Herr Valer, nur Geduld! Valer. Halten Sie inne mit Ihren kalten Verspottungen-- Chrysander. Verspottungen? Sie muessen mich schlecht kennen. Was ich sage, das sag ich. Ich habe die Sache nun besser ueberlegt; ich sehe, Juliane schickt sich fuer meinen Sohn nicht und er sich noch viel weniger fuer Julianen. Sie lieben sie; Sie haben laengst bei mir um sie angehalten; wer am ersten koemmt, der muss am ersten mahlen. Ich habe eben mit meinem Sohne davon geredt--Sie kennen ihn ja-- Valer. Himmel, was hoer ich? Ist es moeglich? welche glueckliche Veraenderung! Erlauben Sie, dass ich Sie tausendmal umfange. Soll ich also doch noch gluecklich sein? O Chrysander! o Damis! Chrysander. Reden Sie mit ihm und setzen Sie ihm den Kopf ein wenig zurechte. Ich will zu Julianen gehen und ihr meinen veraenderten Entschluss hinterbringen. Sie wird mir es doch nicht uebelnehmen? Valer. Uebel? Sie werden ihr das Leben wiedergeben, so wie Sie es mir wiedergegeben haben. Chrysander. Ei, kann ich das? (Geht ab.) Sechster Auftritt Damis. Valer. Anton. Valer. Und in welchem Tone soll ich nun mit Ihnen reden, liebster Freund? Das erneuerte Versprechen Ihres Vaters berechtigte mich, Sie ganz und gar zu uebergehen. Ich habe gewonnen, sobald Chrysander Julianen zu zwingen aufhoert. Doch wie angenehm soll es mir sein, wann ich ihren Besitz zum Teil auch Ihnen werde verdanken koennen. Damis. Anton! Anton (koemmt). Was soll der? ist Ihnen die Post wieder eingefallen? Damis. Gleich geh! sie muss notwendig da sein. Anton. Aber ich sage Ihnen, dass sie bei so uebeln Wetter vor zehn Uhr nicht kommen kann. Damis. Gibst du abermals eine Stunde zu? Kurz, geh! und koemmst du leer wieder, so sieh dich vor! Anton. Wenn ich diese Nacht nicht sanft schlafe, so glaube ich zeitlebens nicht mehr, dass die Muedigkeit etwas dazu helfen kann. (Gehet ab.) Siebenter Auftritt Damis. Valer. Valer. So? anstatt zu antworten, reden Sie mit dem Bedienten? Damis. Verzeihen Sie, Valer; Sie haben also mit mir gesprochen? Ich habe den Kopf so voll; es ist mir unmoeglich, auf alles zu hoeren. Valer. Und Sie wollen sich auch bei mir verstellen? Ich weiss die Zeit noch sehr wohl, da ich in ebendem wunderbaren Wahne stand, es liesse gelehrt, so zerstreut als moeglich und auf nichts als auf sein Buch aufmerksam zu tun. Doch glauben Sie nur, der muss sehr einfaeltig sein, den Sie mit diesen Gaukeleien hintergehen wollen. Damis. Und Sie muessen noch einfaeltiger sein, dass Sie glauben koennen, ein jeder Kopf sei so gedankenleer als der Ihrige. Und verdient denn Ihr Geschwaetz, dass ich darauf hoere? Sie haben ja gewonnen, sobald Chrysander Julianen zu zwingen aufhoert; Sie sind ja berechtiget, mich zu uebergehen-- Valer. Das muss doch eine besondere Art der Zerstreuung sein, in welcher man des andern Reden gleichwohl so genau hoeret, dass man sie von Wort zu Wort wiederholen kann. Damis. Ihre Spoetterei ist sehr trocken. (Sieht wieder auf sein Buch.) Valer. Doch aber zu empfinden?--Was fuer eine Marter ist es, mit einem Menschen von Ihrer Art zu tun zu haben? Es gibt deren wenige-- Damis. Das sollte ich selbst glauben. Valer. Es wuerden sich aber mehrere finden, wenn selbst-- Damis. Ganz recht; wenn die wahre Gelehrsamkeit nicht so schwer zu erlangen, die natuerliche Faehigkeit dazu gemeiner und ein unermuedeter Fleiss nicht so etwas Beschwerliches waeren-- Valer. Ha! ha! ha! Damis. Das Lachen eines wahren Idioten! Valer. Sie reden von Ihrer Gelehrsamkeit, und ich, mit Vergebung, wollte von Ihrer Torheit reden. Hierin, meinte ich, wuerden Sie mehrere Ihresgleichen finden, wenn selbst diese Torheit ihren Sklaven nicht zur Last werden muesste. Damis. Verdienen Sie also, dass ich Ihnen antworte? (Sieht wieder in sein Buch.) Valer. Und verdienen Sie wohl, dass ich noch Freundes genug bin, mit Ihnen ohne Verstellung zu reden? Glauben Sie mir, Sie werden Ihre Torheiten bei mehreren Verstande bereuen-- Damis. Bei mehreren Verstande? (Spoettisch.) Valer. Werden Sie darueber ungehalten? Das ist wunderbar! Ihr Koerper kann, Ihren Jahren nach, noch nicht ausgewachsen haben, und Sie glauben, dass Ihre Seele gleichwohl schon zu ihrer moeglichen Vollkommenheit gelanget sei? Ich wuerde den fuer meinen Feind halten, welcher mir den Vorzug, taeglich zu mehrerm Verstande zu kommen, streitig machen wollte. Damis. Sie! Valer. Sie werden so spoettisch, mein Herr Nebenbuhler--Doch da ist sie selbst! (Laeuft ihr entgegen.) Ah, Juliane-- Achter Auftritt Juliane. Damis. Valer. Juliane. Ach, Valer, welche glueckliche Veraenderung!-- Damis (indem er sich auf dem Stuhle umwendet). Die Ehre, Sie hier zu sehen, Mademoiselle, habe ich ohne Zweifel einem Irrtume zu danken? Sie glauben vielleicht, in Ihr Schlafzimmer zu kommen-- Juliane. Dieser Irrtum waere unvergeblich! Nein! mein Herr, es geschieht auf Befehl Ihres Herrn Vaters, dass ich diesen heiligen Ort betrete. Ich komme, Ihnen einen Kauf aufzusagen und mich bei Ihrer Muse zu entschuldigen, dass ich beinahe in die Gefahr gekommen waere, ihr einen so liebenswuerdigen Geist abspenstig zu machen. Valer. O wie entzueckt bin ich, schoenste Juliane, Sie auf einmal wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen. Damis. Wenn ich das Gewaesche eines Frauenzimmers recht verstehe, so kommen Sie, ein Paktum aufzuheben, welches doch alle Requisita hat, die zu einem unumstoesslichen Pakto erfordert werden. Juliane. Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten verstehen darf, so haben Sie es getroffen. Damis. Mein Vater ist ein Idiote. Koemmt es denn nur auf ihn oder auf Sie, Mademoiselle, an, einen Vertrag, der an meinem Teil fest bestehet, ungueltig zu machen?--Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten, mich jetzt ungestoert zu lassen--(Wendet sich wieder an den Tisch.) Valer. Was fuer ein Bezeigen! hat man jemals einem Frauenzimmer, auf dessen Besitz man Anspruch macht, so begegnet? Damis. Und ist man jemals einem beschaeftigten Gelehrten so ueberlaestig gewesen? Diese verdriessliche Gesellschaft loszuwerden, muss ich nur selbst meine vier Waende verlassen. (Geht ab.) Neunter Auftritt Valer. Juliane. Juliane. Und wir lachen ihm nicht nach? Valer. Nein, Juliane; eine bessere Freude mag uns jetzt erfuellen; und beinahe gehoert eine Art von Grausamkeit dazu, sich ueber einen so klaeglichen Toren lustig zu machen. Wie soll ich Ihnen die Regungen meines Herzens beschreiben, jetzt, da man ihm alle seine Glueckseligkeit wiedergegeben hat? Ich beschwoere Sie, Juliane, wann Sie mich lieben, so verlassen Sie noch heute mit mir dieses gefaehrliche Haus. Setzen Sie sich nicht laenger der Ungestuemigkeit eines veraenderlichen Alten, der Raserei eines jungen Pedanten und der Schwaeche Ihrer eignen allzu zaertlichen Denkungsart aus. Sie sind mir in einem Tage genommen und wiedergegeben worden; lassen Sie ihn den ersten und den letzten sein, der so grausam mit uns spielen darf! Juliane. Fassen Sie sich, Valer. Wir wollen lieber nichts tun, was uns einige Vorwuerfe von Chrysandern zuziehen koennte. Sie sehen, er ist auf dem besten Wege, und ich liebe ihn ebensosehr, als ich den Damis verachte. Durch das Misstrauen, wodurch ich mich auf einmal seiner Vorsorge entzoege, wuerde ich ihm fuer seine Wohltaten schlecht danken-- Valer. Noch immer reden Sie von Wohltaten? Ich werde nicht eher ruhig, als bis ich Sie von diesen gefaehrlichen Banden befreiet habe. Erlauben Sie mir, dass ich sie sogleich gaenzlich vernichte und dem alten Eigennuetzigen-- Juliane. Nennen Sie ihn anders, Valer; er ist das nicht; und schon seine Veraenderung zeigt es, dass Lisette falsch gehoert oder uns hintergangen hat. Zwar weiss ich nicht, wem ich diese Veraenderung zuschreiben soll--(Nachsinnend.) Valer. Warum auf einmal so in Gedanken? Die Ursache, die ihn bewogen hat, mag sein, welche es will; ich weiss doch gewiss, dass es eine Fuegung des Himmels ist. Juliane. Des Himmels oder Lisettens. Auf einmal faellt mir ein, was Sie mir von einem Briefe gesagt haben. Sollte wohl Lisettens allzu grosse Dienstfertigkeit-- Valer. Welche Einbildung, liebste Juliane! Sie weiss es ja, dass Ihre Tugend in diesen kleinen Betrug nicht willigen wollen. Juliane. Gleichwohl, je mehr ich nachdenke-- Valer. Wenn es nun auch waere, wollten Sie denn deswegen-- Juliane. Wann es nun auch waere? wie? Zehnter Auftritt Lisette. Valer. Juliane. Juliane. Du koemmst als gerufen, Lisette. Lisette. Nun, gehen meine Sachen nicht vortrefflich? Wollen Sie es nicht unten mit anhoeren, wie sich Damis und Chrysander zanken? "Du sollst sie nicht bekommen; ich muss sie bekommen: ich bin Vater; Sie haben mir sie versprochen: ich habe mich anders besonnen; ich aber nicht: so muss es noch geschehen; das ist unmoeglich: unmoeglich oder nicht; kurz, ich geh nicht ab, ich will es Ihnen aus Buechern beweisen, dass Sie mir Wort halten muessen: du kannst mit deinen Buechern an den Galgen gehen."--Was wiederhole ich viel ihre naerrische Reden? Der Vater hat recht; er handelt klug: er wuerde aber gewiss nicht so klug handeln, wenn ich nicht vorher so klug gewesen waere. Juliane. Wie verstehst du das, Lisette? Lisette. Ich lobe mich nicht gerne selbst. Kurz, meine liebe Mamsell, Ihr Schutzengel, der bin ich! Juliane. Der bist du? und wie denn? Lisette. Dadurch, dass ich einen Betrueger mit seiner Muenze bezahlt habe. Der alte haessliche-- Juliane. Und also hast du Chrysandern betrogen? Lisette. Ei, sagen Sie doch das nicht; einen Betrueger betruegt man nicht, sondern den hintergeht man nur. Hintergangen hab ich ihn. Valer. Und wie? Lisette. Schlecht genug, dass Sie es schon wieder vergessen haben. Ich sollte meinen, erkenntlich zu sein, brauche man ein besser Gedaechtnis. Juliane. Du hast ihm also wohl gar den falschen Brief untergeschoben? Lisette. Behuete Gott! ich habe ihn bloss durch einen erdichteten Brief auf andere Gedanken zu bringen gesucht; und das ist mir gelungen. Juliane. Das hast du getan? Und ich sollte mein Glueck einer Betruegerin zu danken haben? Es mag mir gehen, wie es will; Chrysander soll es den Augenblick erfahren-- Lisette. Was soll denn das heissen? Ist das mein Dank? Valer. Besinnen Sie sich, Juliane; verziehen Sie! Juliane. Unmoeglich, Valer; lassen Sie mich. (Juliane geht ab.) Eilfter Auftritt Valer. Lisette. Valer. Himmel, nun ist alles wieder aus! Lisette. So mag sie es haben! Gift und Galle moechte ich speien, so toll bin ich! Fuer meinen guten Willen mich eine Betruegerin zu heissen? Ich hoffte, sie wuerde mir vor Freuden um den Hals fallen.--Wie wird der Alte auf mich losziehen! Er jagt mich und Sie zum Hause heraus. Was wollen Sie nun anfangen? Valer. Ja, was soll ich nun anfangen, Lisette? Lisette. Ich glaube, Sie antworten mir mit meiner eignen Frage? Das ist bequem. Mein guter Rat hat ein Ende. Ich will mich bald wieder in so etwas mengen! Valer. Zu was fuer einer ungelegnen Zeit kamst du aber auch, Lisette? Ich hatte dir es gesagt, dass Juliane in diesen Streich nicht willigen wollte. Haettest du nicht noch einige Zeit schweigen koennen? Lisette. Konnte ich denn vermuten, dass sie so uebertrieben eigensinnig sein wuerde? Sie koennen sich leicht einbilden, wie es mit unsereiner ist: ich haette nicht wieviel nehmen und es gegen sie laenger verbergen wollen, wem sie ihr Glueck zu danken habe. Die Freude ist schwatzhaft, und--Ach, ich moechte gleich-- Zwoelfter Auftritt Anton. Valer. Lisette. Anton (mit Briefen in der Hand). Ha! ha! haltet ihr wieder Konferenz! Wenn es mein Herr wuesste, dass in seiner eignen Stube die schlimmsten Anschlaege wider ihn geschmiedet werden, er wuerde dich, Lisette--Aber, wie steht ihr denn da beisammen? Herr Valer scheint betruebt: du bist erhitzt, erhitzt wie ein Zinshahn. Habt ihr euch geschlagen, oder habt ihr euch sonst eine Motion gemacht? Ei, ei, Lisette! hoere--(sachte zu Lisetten) du hast dich doch der Ausstattung wegen mit ihm nicht ueberworfen? Hat er sein Wort etwa zurueckgezogen? Das waere ein verfluchter Streich. (Laut.) Nein, nein, Herr Valer, was man verspricht, das muss man halten. Sie hat Ihnen redlich gedienet und ich auch. Zum Henker! glauben Sie denn, dass es einmal einer ehrlichen Seele keine Gewissensbisse verursachen muss, wenn sie ihre Herrschaft fuer null und nichts betrogen hat? Ich lasse mich nicht vexieren; und meine Forderung wenigstens--Hol' mich dieser und jener! ich nehm einen Advokaten an, einen rechten Bullenbeisser von einem Advokaten, der Ihnen gewiss so viel soll zu schaffen machen-- Lisette. Ach Narre, schweig! Valer. Was will er denn? Mit wem sprichst du denn? Anton. Potz Stern! mit unserm Schuldmanne sprech ich. Das koennen Sie ja wohl am Tone hoeren. Valer. Wer ist denn dein Schuldmann? Anton. Kommt es nun da heraus, dass Sie die Schuld leugnen wollen? Hoeren Sie: mein Advokat bringt Sie zum Schwur-- Valer. Lisette, weisst denn du, was er will? Lisette. Der Schwaermer! ich brauchte ihn vorhin zu Ueberbringung des Briefes und versprach ihm, wenn die Sache gut ausfallen sollte, eine Belohnung von Ihnen. Valer. Weiter ist es nichts? Anton. Ich daechte doch, das waere genug. Und wie haelt es denn mit Lisettens Ausstattung? Ich muss mich um ihr Vermoegen so gut als um das meinige bekuemmern, weil es doch meine werden soll. Valer. Seid unbesorgt; wenn ich mein Glueck mache, so will ich das eurige gewiss nicht vergessen. Anton. Gesetzt aber, Sie machten es nicht? Und was versprochen ist, ist doch versprochen. Valer. Auch alsdenn will ich euern Eifer nicht unbelohnt lassen. Anton. Ach, das sind Komplimente, Komplimente! Lisette. So hoer einmal auf! Anton. Bist du nicht eine Naerrin; ich rede ja fuer dich mit. Lisette. Es ist aber ganz unnoetig. Anton. Unnoetig? habt ihr euch denn nicht gezankt? Lisette. Warum nicht gar? Anton. Hat er sein Versprechen nicht zurueckgezogen? Lisette. Nein doch. Anton. O so verzeihen Sie mir, Herr Valer. Die Galle kann einem ehrlichen Manne leicht ueberlaufen. Ich bin ein wenig hitzig, zumal in Geldsachen. Fuerchten Sie sich fuer den Advokaten nur nicht-- Valer. Und ich kann in einer so marternden Ungewissheit hier noch verziehen? Ich muss sie sprechen; vielleicht hat sie es noch nicht getan-- Lisette. Hat sie es aber getan, so kommen Sie dem Alten ja nicht zu nahe! Valer. Ich habe von dem ganzen Handel nichts gewusst. Lisette. Desto schlimmer alsdenn fuer mich. Gehen Sie nur. Dreizehnter Auftritt Anton. Lisette. Anton. Desto schlimmer fuer dich? Was ist denn desto schlimmer fuer dich? Warum soll er denn dem Alten nicht zu nahe kommen? Was habt ihr denn wieder! Lisette. Je, der verfluchte Brief! Anton. Was fuer ein Brief? Lisette. Den ich dir vorhin gab. Anton. Was ist denn mit dem? Lisette. Es ist alles umsonst; meine Muehe ist vergebens. Anton. Wie denn so? So wahr ich lebe, ich habe ihn richtig bestellt. Mache keine Possen und schiebe die Schuld etwa auf mich! Lisette. Richtig uebergeben ist er wohl; er tat auch schon seine Wirkung. Aber Juliane hat uns selbst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie will es durchaus entdecken, dass es ein falscher Brief gewesen sei, und hat es vielleicht auch schon getan. Anton. Was zum Henker, sie selbst? Da werden wir ankommen! Siehst du; nun ist der Sperling und die Taube weg. Und was das schlimmste ist: da ich die Taube habe fangen wollen, so bin ich darueber mit der Nase ins Weiche gefallen. Oder deutlicher und ohne Gleichnis mit dir zu reden: die versprochene Belohnung bei dem Alten hab ich verloren, die eingebildete bei Valeren entgeht mir auch, und aller Profit, den ich dabei machen werde, ist, nebst einem gnaedigen Rippenstosse, ein Pack dich zum Teufel!--Will Sie mich alsdenn noch, Jungfer Lisette?--Oh, Sie muss mich. Ich will Sie die Leute lehren ungluecklich machen-- Lisette. Es wird mir gewiss besser gehen? Wir wandern miteinander, und wenn wir nur einmal ein Paar sind, so magst du sehen, wie du mich ernaehrest. Anton. Ich dich ernaehren? bei der teuren Zeit? Wenn ich noch koennte mit dir herumziehen, wie der mit dem grossen Tiere, das ein Horn auf der Nase hat. Lisette. Sorge nicht, in ein Tier mit einem Horne will ich dich bald verwandeln. Es wird alsdenn doch wohl einerlei sein, ob du mit mir oder ich mit dir herumziehe. Anton. Nu wahrhaftig, mit dir weiss man doch noch, woran man ist. --Aber, damit wir nicht eins ins andre reden, wo ist denn nun mein Herr? Da sind endlich seine verdammten Briefe! Lisette. Siehst du ihn? Anton. Nein; aber wo mir recht ist, jetzt hoer ich ihn. Lisette. Lass ihn nur kommen; toll will ich ihn noch machen, zu guter Letzt. Vierzehnter Auftritt Anton. Lisette. Damis (koemmt ganz tiefsinnig; Lisette schleicht hinter ihm her und macht seine Grimassen nach). Anton. Halt! ich will ihn noch ein wenig zappeln lassen und ihm die Briefe nicht gleich geben. (Steckt sie ein.) Wie so tiefsinnig, Herr Damis? was steckt Ihnen wieder im Kopfe? Damis. Halt dein Maul! Anton. Kurz geantwortet! Aber soll sich denn ein Bedienter nicht um seinen Herrn bekuemmern? Es waere doch ganz billig, wann ich auch wuesste, worauf Sie daechten. Eine blinde Henne findet auch manchmal ein Koernchen, und vielleicht koennte ich Ihnen-- Damis. Schweig! Anton. Die Antwort war noch kuerzer. Wenn sie stufenweise so abnimmt, so will ich einmal sehen, was uebrigbleiben wird.--Was zaehlen Sie denn an den Fingern? Was hat Ihnen denn der arme Nagel getan, dass Sie ihn so zerreissen? (Er wird Lisetten gewahr.)--Und, zum Henker, was ist denn das fuer ein Affe? Koemmst du von Sinnen? Lisette. Halt dein Maul! Anton. Um des Himmels willen geh! Wann mein Herr aus seinem Schlafe erwacht und dich sieht-- Lisette. Schweig! Anton. Willst du mich oder meinen Herrn zum besten haben? So sehen Sie doch einmal hinter sich, Herr Damis! Damis (geht einigemal tiefsinnig auf und nieder; Lisette in gleichen Stellungen hinter ihm her; und wann er sich umwendet, schleicht sie sich hurtig herum, dass er sie nicht gewahr wird). Meiner Hochzeitfackel Brand Sei von mir jetzt selbst gesungen! Anton. Ho! ho! Sie machen Verse? Komm, Lisette, nun muessen wir ihn allein lassen. Bei solcher Gelegenheit hat er mich selbst schon, mehr als einmal, aus der Stube gestossen. Komm nur; er ruft uns gewiss selbst wieder, sobald er fertig ist, und vielleicht das ganze Haus dazu. Lisette (indem sich Damis umwendet, bleibt sie starr vor ihm stehen und nimmt seinen Ton an). Meiner Hochzeitfackel Brand Sei von mir jetzt selbst gesungen! (Damis tut, als ob er sie nicht gewahr wuerde, und stoesst auf sie.) Damis. Was ist das? Lisette. Was ist das? (Beide, als ob sie zu sich selbst kaemen.) Damis. Unwissender, niedertraechtiger Kerl! habe ich dir nicht oft genug gesagt, keine Seele in meine Stube zu lassen als aufs hoechste meinen Vater? Was will denn die hier? Lisette. Unwissender, niedertraechtiger Kerl! hast du mir es nicht oft genug gesagt, dass ich mich aus der Stube fortmachen soll? Kannst du dir denn aber nicht einbilden, dass die, welche im Kabinette hat sein duerfen, auch Erlaubnis haben werde, in der Stube zu sein? Unwissender, niedertraechtiger Kerl! Anton. Wem soll ich nun antworten? Damis. Gleich stosse sie zur Stube hinaus! Anton. Stossen? mit Gewalt? Damis. Wenn sie nicht in gutem gehen will-- Anton. Lisette, geh immer in gutem-- Lisette. Sobald es mir gelegen sein wird. Damis. Stoss sie heraus, sag ich! Anton. Komm, Lisette, gib mir die Hand; ich will dich ganz ehrbar herausfuehren. Lisette. Grobian, wer wird denn ein Frauenzimmer mit der blossen Hand fuehren wollen? Anton. O ich weiss auch zu leben!--In Ermanglung eines Handschuhs also--(er nimmt den Zipfel von der Weste)--werde ich die Ehre haben-- Damis. Ich seh wohl, ich soll mich selbst ueber sie machen--(Geht auf sie los.) Lisette. Ha! ha! ha! so weit wollte ich Sie nur gern bringen. Adieu! Funfzehnter Auftritt Anton. Damis. Damis. Nun sind alle Gedanken wieder fort! Das Feuer ist verraucht; die Einbildungskraft ist zerstreut. Der Gott, der uns begeistern muss, hat mich verlassen--Verdammte Kreatur! was fuer Verdruss hat sie mir heute nicht schon gemacht! wie spoettisch ist sie mit mir umgegangen! Himmel! in meiner Tiefsinnigkeit mir alles so laecherlich nachzuaeffen. Anton. Sie sahen es ja aber nicht. Damis. Ich sah es nicht? Anton. Ja? ist's moeglich? und Sie stellten sich nur so? Damis. Schweig, Idiote!--Ich will sehen, ob ich mich wieder in die Entzueckung setzen kann-- Anton. Tun Sie das lieber nicht; die Verse koennen unmoeglich geraten, wobei man so finster aussieht.--Darf man aber nicht wissen, was es werden wird? ein Abendlied oder ein Morgenlied? Damis. Dummkopf! Anton. Ein Busslied? Damis. Einfaltspinsel! Anton. Ein Tischlied? auch nicht?--Ein Sterbelied werden Sie doch nicht machen? So wahr ich ehrlich bin, wenn ich auch noch so ein grosser Poet waere, das bliebe von mir ungemacht. Sterben ist der abgeschmackteste Streich, den man sich selbst spielt. Er verdient nicht einen Vers, geschweige ein Lied. Damis. Ich muss Mitleiden mit deiner Unwissenheit haben. Du kennst keine andre Arten von Gedichten, als die du im Gesangbuche gefunden hast. Anton. Es wird gewiss noch andre geben? So lassen Sie doch hoeren, was Sie machen. Damis. Ich mache--ein Epithalamium-- Anton. Ein Epithalamium? Potz Stern, das ist ein schwer Ding! Damit koennen Sie wirklich zurechte kommen? Da gehoert Kunst dazu--Aber, Herr Damis, im Vertrauen, was ist denn das ein Epith--pitha--thlamium? Damis. Wie kannst du es denn schwer nennen, wenn du noch nicht weisst, was es ist? Anton. Ei nun, das Wort ist ja schon schwer genug. Sagen Sie mir nur ein wenig mit einem andern Namen, was es ist. Damis. Ein Epithalamium ist ein Thalassio. Anton. So, so! nun versteh ich's; ein Epithalamium ist ein--wie hiess es?-- Damis. Thalassio. Anton. Ein Thalassio; und das koennen Sie machen? Wenigstens werden Sie viel Zeit dazu brauchen--Aber, hoeren Sie doch, wenn mich nun jemand fragt, was ein Thalassio ist, was muss ich ihm wohl antworten? Damis. Auch das weisst du nicht, was ein Thalassio ist? Anton. Ich fuer mein Teil weiss es wohl. Ein Thalassio ist ein--wie hiess das vorige Wort? Damis. Epithalamium. Anton. Ist ein Epithalamium. Und ein Epithalamium ist ein Thalassio. Nicht wahr, ich habe es gut behalten? Aber das moechte nur andern Leuten nicht deutlich sein, welche beide Worte nicht verstehen. Damis. Je nun, so sage ihnen, Thalassio sei ein Hymenaeus. Anton. Zum Henker! das heisst Leute vexieren. Ein Epithalamium ist ein Thalassio, und ein Thalassio ist ein Hymenaeus. Und so umgekehrt, ein Hym--Hym--Die Namen mag sonst einer merken! Damis. Recht! recht! ich sehe doch, dass du anfaengst einen Begriff von Sachen zu bekommen. Anton. Ich einen Begriff hiervon? so wahr ich ehrlich bin! Sie irren sich. Der Kobold muesste mir's eingeblasen haben, wenn ich wuesste, was die kauderwelschen Worte heissen sollen. Sagen Sie mir doch ihren deutschen Namen; oder haben sie keinen? Damis. Sie haben zwar einen, allein er ist lange nicht von der Annehmlichkeit und dem Nachdrucke der griechischen oder lateinischen. Sage einmal selbst, ob ein Hochzeitgedichte nicht viel kahler klingt als ein Epithalamium, ein Hymenaeus, ein Thalassio. Anton. Mir nicht; wahrhaftig mir nicht! denn jenes versteh ich und dieses nicht. Ein Hochzeitgedichte haben Sie also machen wollen? Warum sagten Sie das nicht gleich?--Oh! in Hochzeitgedichten habe ich. eine Belesenheit, die erstaunend ist. Ich muss Ihnen nur sagen, wie ich dazu gekommen bin. Mein weiland seliger Vater hatte einen Vetter--und gewissermassen war es also auch mein Vetter-- Damis. Was wird das fuer ein Gewaesche werden? Anton. Sie wollen es nicht abwarten? Gut! Der Schade ist Ihre. --Weiter also: Verse auf eine Hochzeit wollten Sie machen? aber auf was denn fuer eine? Damis. Welche Frage! auf meine eigne. Anton. Sie heiraten also Julianen noch? Der Alte will es ja nicht?-- Damis. Ah der! Anton. Es ist schon wahr; was hat sich ein Sohn um den Vater zu bekuemmern? Aber sagen Sie mir doch: schickt es sich denn, dass man auf seine eigne Hochzeit Verse macht? Damis. Gewoehnlich ist es freilich nicht; aber desto besser! Geister wie ich lieben das Besondre. Anton (beiseite). St! jetzt will ich ihm einen Streich spielen! --(Laut.) Hoeren Sie nur, Herr Damis, ich werde es selbst gern sehen, wenn Sie Julianen heiraten. Damis. Wieso? Anton. Ich weiss nicht, ob ich mich unterstehen darf, es Ihnen zu sagen. Ich habe--ich habe selbst-- Damis. Nur heraus mit der Sprache! Anton. Ich habe selbst versucht, Verse auf Ihre Hochzeit zu machen, und deswegen wollte ich nun nicht gern, dass meine Muehe verloren waere. Damis. Das wird etwas Schoenes sein! Anton. Freilich! denn das ist mein Fehler; ich mache entweder etwas Rechtes oder gar nichts. Damis. Gib doch her! vielleicht kann ich deine Reime verbessern, dass sie alsdenn mir und dir Ehre machen. Anton. Hoeren Sie nur, ich will sie Ihnen vorlesen. (Er sucht einen Zettel aus der Tasche.) Ganz bin ich noch nicht fertig, muss ich Ihnen sagen. Der Anfang aber, aus dem auch allenfalls das Ende werden kann, klingt so--Ruecken Sie mir doch das Licht ein wenig naeher!--Du, o edle Fertigkeit, Zu den vorgesetzten Zwecken Tuecht'ge Mittel-- Damis. Halt! du bist ein elender Stuemper! Ha! ha! ha! Das du o steht ganz vergebens. Edle Fertigkeit sagt nichts weniger, und Du, o edle Fertigkeit nichts mehr. Deleatur ergo du o! Damit aber nicht zwei Silben fehlen, so verstaerke das Beiwort edel, nach Art der Griechen, und sage ueberedel. Ich weiss zwar wohl, ueberedel ist ein neues Wort; aber ich weiss auch, dass neue Woerter dasjenige sind, was die Poesie am meisten von der Prose unterscheiden muss. Solche Vorteilchen merke dir! Du musst dich durchaus bestreben, etwas Unerhoertes, etwas Ungesagtes zu sagen. Verstehst du mich, dummer Teufel? Anton. Ich will es hoffen. Damis. Also heisst dein erster Vers ueberedle Fertigkeit usw. Nun lies weiter! Anton. Zu den vorgesetzten Zwecken Tuecht'ge Mittel zu entdecken Und sich dann zur rechten Zeit Ihrer Kraefte zu bedienen, Wirst, so lange, bis die Welt In ihr erstes Cha- Cha- Chaos faellt, Wie die Pappelbaeume gruenen. Aber, Herr Damis, koennen Sie mir nicht sagen, was ich hier muss gedacht haben? Verflucht! das ist schoen; ich verstehe mich selbst nicht mehr. Das erste Cha--Chaos;--ich daechte, ich haette das Wort noch nie in meinen Mund genommen, so fuerchterlich klingt es mir. Damis. Zeige doch-- Anton. Warten Sie, warten Sie! ich will es Ihnen noch einmal vorlesen. Damis. Nein, nein; weise mir nur den Zettel her. Anton. Sie koennen es unmoeglich lesen. Ich habe gar zu schlecht geschrieben; kein Buchstabe steht gerade; sie hocken einer auf den andern, als ob sie Junge hecken wollten. Damis. O so gib her! Anton (gibt ihm den Zettel mit Zittern). Zum Henker, es ist seine eigne Hand! Damis (betrachtet ihn einige Zeit). Was soll das heissen? (Steht zornig auf.) Verfluchter Verraeter, wo hast du dieses Blatt her? Anton. Nicht so zornig; nicht so zornig! Damis. Wo hast du es her? Anton. Wollen Sie mich denn erwuergen? Damis. Wo hast du das Blatt her, frag ich? Anton. Lassen Sie nur erst nach. Damis. Gesteh! Anton. Aus--aus Ihrer--Westentasche. Damis. Ungelehrte Bestie! ist das deine Treue? Das ist ein Diebstahl; ein Plagium. Anton. Zum Henker! des Quarks wegen mich zu einem Diebe zu machen? Damis. Des Quarks wegen? was? den Anfang eines philosophischen Lehrgedichts einen Quark zu nennen? Anton. Sie sagten ja selbst, es tauge nichts. Damis. Ja, insofern es ein Hochzeitkarmen vorstellen sollte und du der Verfasser davon waerest. Gleich schaffe die andern Manuskripte, die du mir sonst entwandt hast, auch herbei! Soll ich meine Arbeit in fremden Haenden sehen? Soll ich zugeben, dass sich eine haessliche Dohle mit meinen praechtigen Pfauenfedern ausschmuecke? Mach bald! oder ich werde andre Massregeln ergreifen. Anton. Was wollen Sie denn? Ich habe nicht einen Buchstaben mehr von Ihnen. Damis. Gleich wende alle Taschen um! Anton. Warum auch nicht? Wenn ich sie umwende, so faellt ja alles heraus, was ich darin habe. Damis. Mach und erzuerne mich nicht! Anton. Ich will ein Schelm sein, wenn Sie nur ein Staeubchen Papier bei mir finden. Damit Sie aber doch Ihren Willen haben;--hier ist die eine; da ist die andre--Was sehen Sie?--Da ist die dritte; die ist auch leer.--Nun kommt die vierte--(Indem er sie umwendet, fallen die Briefe heraus.)--Zum Henker, die verfluchten Briefe! die hatte ich ganz vergessen--(Er will sie geschwind wieder aufheben.) Damis. Gib her, gib her! was fiel da heraus? Ganz gewiss wird es wieder etwas von mir sein. Anton. So wahr ich lebe, es ist nichts von Ihnen. An Sie koennte es eher noch etwas sein. Damis. Halte mich nicht auf; ich habe mehr zu tun. Anton. Halten Sie mich nur nicht auf. Sie wissen ja, dass ich nun bald wieder auf die Post gehen muss. Ich weiss, es sind Briefe da. Damis. Nun so geh, so geh! Aber durchaus zeige mir erst, was du so eilfertig aufhobst. Ich muss es sehen. Anton. Zum Henker! wenn das ist, so brauche ich nicht auf die Post zu gehen. Damis. Wieso? Anton. Nu, nu! da haben Sie es. Ich will hurtig gehen. (Er gibt ihm den Brief und will fortlaufen.) Damis (indem er ihn besieht). Je, Anton, Anton! das ist ja eben der Brief aus Berlin, welchen ich erwarte. Ich kenn ihn an der Aufschrift. Anton. Es kann wohl sein, dass er es ist. Aber, Herr Damis, werden Sie nur--nur nicht ungehalten. Ich hatte es, bei meiner armen Seele! ganz vergessen-- Damis. Was hast du denn vergessen? Anton. Dass ich den Brief, beinahe schon eine halbe Stunde, in der Tasche trage. Mit dem verdammten Plaudern!-- Damis. Weil er nun da ist, so will ich dir den dummen Streich verzeihen.--Aber, allerliebster Anton, was muessen hierin fuer unvergleichliche, fuer unschaetzbare Nachrichten stehen! Wie wird sich mein Vater freuen! Was fuer Ehre, was fuer Lobsprueche!--O Anton!--ich will dir ihn gleich vorlesen--(Bricht ihn hastig auf.) Anton. Nur sachte, sonst zerreissen Sie ihn gar. Nun da! sagte ich's nicht? Damis. Es schadet nichts; er wird doch noch zu lesen sein.--Vor allen Dingen muss ich dir sagen, was er betrifft. Du weisst, oder vielmehr du weisst nicht, dass die Preussische Akademie auf die beste Untersuchung der Lehre von den Monaden einen Preis gesetzt hat. Es kam mir noch ganz spaet ein, unsern Philosophen diesen Preis vor dem Maule wegzufangen. Ich machte mich also geschwind darueber und schrieb eine Abhandlung, die noch gleich zur rechten Zeit muss gekommen sein.--Eine Abhandlung, Anton--ich weiss selbst nicht, wo ich sie hergenommen habe, so gelehrt ist sie. Nun hat die Akademie vor acht Tagen ihr Urteil ueber die eingeschickten Schriften bekanntgemacht, welches notwendig zu meiner Ehre muss ausgefallen sein. Ich, ich muss den Preis haben und kein andrer. Ich habe es einem von meinen Freunden daselbst heilig eingebunden, mir sogleich Nachricht davon zu geben. Hier ist sie; nun hoere zu. "Mein Herr, "Wie nahe koennen Sie einem Freunde das Antworten legen! Sie drohen mir mit dem Verluste Ihrer Liebe, wenn Sie nicht von mir die erste Nachricht erhielten, ob Sie oder ein anderer den akademischen Preis davongetragen haetten. Ich muss Ihnen also in aller Eil' melden, dass Sie ihn nicht--(stotternd) bekommen haben und auch--(immer furchtsamer) nicht haben--bekommen koennen.--" Was? ich nicht? und wer denn? und warum denn nicht?-- "Erlauben Sie mir aber, dass ich als ein Freund mit Ihnen reden darf." So rede, Verraeter! "Ich habe Ihnen unmoeglich den schlimmen Dienst erweisen koennen, Ihre Abhandlung zu uebergeben.--" Du hast sie also nicht uebergeben, Treuloser? Himmel, was fuer ein Donnerschlag!--So soll mich deine Nachlaessigkeit, unwuerdiger Freund, um die verdienteste Belohnung bringen?--Wie wird er sich entschuldigen, der Nichtswuerdige? "Wenn ich es frei gestehen soll, so scheinen Sie etwas ganz anders getan zu haben, als die Akademie verlangt hat. Sie wollte nicht untersucht wissen, was das Wort Monas grammatikalisch bedeute? wer es zuerst gebraucht habe? was es bei dem Xenokrates anzeige? ob die Monaden des Pythagoras die Atomi des Moschus gewesen? usw. Was ist ihr an diesen kritischen Kleinigkeiten gelegen, und besonders alsdann, wann die Hauptsache dabei aus den Augen gesetzt wird? Wie leicht haette man Ihren Namen mutmassen koennen, und Sie wuerden vielleicht Spoettereien sein ausgesetzt worden, dergleichen ich nur vor wenig Tagen in einer gelehrten Zeitung ueber Sie gefunden habe.--" Was lese ich? kann ich meinen Augen trauen? Ah, verfluchtes Papier! verfluchte Hand, die dich schrieb! (Wirft den Brief auf die Erde und tritt mit den Fuessen darauf.) Anton. Der arme Brief! man muss ihn doch vollends auslesen! (Hebt ihn auf.) Das Beste koemmt vielleicht noch, Herr Damis. Wo blieben Sie? Da, da! hoeren Sie nur! "... gelehrten Zeitung gefunden habe.--Man nennt Sie ein junges Gelehrtchen, welches ueberall gern glaenzen moechte und dessen Schreibesucht--" Damis (reisst ihm den Brief aus der Hand). Verdammter Korrespondent! --Das ist der Lohn, den dein Brief verdient! (Er zerreisst ihn.) Du zerreissest mein Herz, und ich zerreisse deine unverschaemte Neuigkeiten. Wollte Gott, dass ich ein gleiches mit deinem Eingeweide tun koennte! Aber--(zu Anton) du nichtswuerdige, unwissende Bestie! An alledem bist du schuld! Anton. Ich, Herr Damis? Damis. Ja du! wie lange hast du nicht den Brief in der Tasche behalten? Anton. Herr, meine Tasche kann weder schreiben noch lesen: wenn Sie etwa denken, dass ihn die anders gemacht hat-- Damis. Schweig! Und solche Beschimpfungen kann ich ueberleben?--O ihr dummen Deutschen! ja freilich, solche Werke, als die meinigen sind, gehoerig zu schaetzen, dazu werden andre Genies erfordert! Ihr werdet ewig in eurer barbarischen Finsternis bleiben und ein Spott eurer witzigen Nachbarn sein!--Ich aber will mich an euch raechen und von nun an aufhoeren, ein Deutscher zu heissen. Ich will mein undankbares Vaterland verlassen. Vater, Anverwandte und Freunde, alle, alle verdienen es nicht, dass ich sie laenger kenne, weil sie Deutsche sind; weil sie aus dem Volke sind, das ihre groessten Geister mit Gewalt von sich ausstoesst. Ich weiss gewiss, Frankreich und Engeland werden meine Verdienste erkennen-- Anton. Herr Damis, Herr Damis, Sie fangen an zu rasen. Ich bin nicht sicher bei Ihnen; ich werde jemand rufen muessen. Damis. Sie werden es schon empfinden, die dummen Deutschen, was sie an mir verloren haben! Morgen will ich Anstalt machen, dieses unselige Land zu verlassen-- Sechzehnter Auftritt Chrysander. Damis. Anton. Anton. Gott sei Dank, dass jemand koemmt! Chrysander. Das verzweifelte Maedel, die Lisette! Und (zu Anton) du, du Spitzbube! du sollst dein Brieftraegerlohn auch bekommen, Mich so zu hintergehen? schon gut!--Mein Sohn, ich habe mich besonnen; du hast recht; ich kann dir Julianen nun nicht wieder nehmen. Du sollst sie behalten. Damis. Schon wieder Juliane? Jetzt, da ich ganz andre Dinge zu beschliessen habe--Hoeren Sie nur auf damit; ich mag sie nicht. Chrysander. Es wuerde unrecht sein, wenn ich dir laenger widerstehen wollte. Ich lasse jedem seine Freiheit; und ich sehe wohl, Juliane gefaellt dir-- Damis. Mir? eine dumme Deutsche? Chrysander. Sie ist ein huebsches, tugendhaftes, aufrichtiges Maedchen; sie wird dir tausend Vergnuegen machen. Damis. Sie moegen sie loben oder schelten; mir gilt alles gleich. Ich weiss mich nach Ihrem Willen zu richten, und dieser ist, nicht an sie zu gedenken. Chrysander. Nein, nein; du sollst dich ueber meine Haerte nicht beklagen duerfen. Damis. Und Sie sich noch weniger ueber meinen Ungehorsam. Chrysander. Ich will dir zeigen, dass du einen guetigen Vater hast, der sich mehr nach deinem als nach seinem eignen Willen richtet. Damis. Und ich will Ihnen zeigen, dass Sie einen Sohn haben, der Ihnen in allen die schuldige Untertaenigkeit leistet. Chrysander. Ja, ja; nimm Julianen! Ich gebe dir meinen Segen. Damis. Nein, nein; ich werde Sie nicht so erzuernen-- Chrysander. Aber was soll denn das Widersprechen? Dadurch erzuernst du mich! Damis. Ich will doch nicht glauben, dass Sie sich im Ernste schon zum drittenmal anders besonnen haben? Chrysander. Und warum das nicht? Damis. Oh, dem sei nun, wie ihm wolle! Ich habe mich gleichfalls geaendert und fest entschlossen, ganz und gar nicht zu heiraten. Ich muss auf Reisen gehen, und ich werde mich, je eher, je lieber, davonmachen. Chrysander. Was? du willst ohne meine Erlaubnis in die Welt laufen? Anton. Das geht lustig! Der dritte Mann fehlt noch, und den will ich gleich holen. Damis will Julianen nicht, vielleicht fischt sie Valer. (Gehet ab.) Siebzehnter Auftritt Chrysander. Damis. Damis. Ja, ja; in zweimal vierundzwanzig Stunden muss ich schon unterwegens sein. Chrysander. Aber was ist dir denn in den Kopf gekommen? Damis. Ich bin es laengst ueberdruessig gewesen, laenger in Deutschland zu bleiben; in diesem nordischen Sitze der Grobheit und Dummheit; wo es alle Elemente verwehren, klug zu sein; wo kaum alle hundert Jahr ein Geist meinesgleichen geboren wird-- Chrysander. Hast du vergessen, dass Deutschland dein Vaterland ist? Damis. Was Vaterland! Chrysander. Du Boesewicht, sprich doch lieber gar: was Vater! Aber ich will dir es zeigen: du musst Julianen nehmen; du hast ihr dein Wort gegeben und sie dir das ihrige. Damis. Sie hat das ihrige zurueckgenommen wie ich jetzt das meinige; also-- Chrysander. Also!--also!--Kurz von der Sache zu reden, glaubst du, dass ich vermoegend bin, dich zu enterben, wann du mir nicht folgest? Damis. Tun Sie, was Sie wollen. Nur, wann ich bitten darf, lassen Sie mich jetzt allein. Ich muss vor meiner Abreise noch zwei Schriften zustande bringen, die ich meinen Landsleuten, aus Barmherzigkeit, noch zuruecklassen will. Ich bitte nochmals, lassen Sie mich-- Chrysander. Willst du mich nicht lieber gar zur Tuer hinausstossen? Achtzehnter Auftritt Valer. Anton. Chrysander. Damis. Valer. Wie, Damis? ist es wahr, dass Sie wieder zu sich selbst gekommen sind?--dass Sie von Julianen abstehen? Chrysander. Ach, Herr Valer, Sie koennten mir nicht ungelegener kommen. Bestaerken Sie ihn fein in seinem Trotze. So? Sie verdienten es wohl, dass ich mich nach Ihrem Wunsche bequemte? Mich auf eine so gottlose Art hintergehen zu wollen?--Mein Sohn, widersprich mir nicht laenger, oder-- Damis. Ihre Drohungen sind umsonst. Ich muss mich fremden Laendern zeigen, die sowohl ein Recht auf mich haben als das Vaterland. Und Sie verlangen doch nicht, dass ich eine Frau mit herumfuehren soll? Valer. Damis hat recht, dass er auf das Reisen dringt. Nichts kann ihm, in seinen Umstaenden, nuetzlicher sein. Lassen Sie ihm seinen Willen, und mir lassen Sie Julianen, die Sie mir so heilig versprochen haben. Chrysander. Was versprochen? Betruegern braucht man sein Wort nicht zu halten. Valer. Ich habe es Ihnen schon beschworen, dass einzig und allein Lisette diesen Betrug hat spielen wollen, ohne die wir von dem Dokumente gar nichts wissen wuerden.--Wie gluecklich, wann es nie zum Vorschein gekommen waere! Es ist das grausamste Glueck, das Julianen hat treffen koennen. Wie gern wuerde sie es aufopfern, wenn sie dadurch die Freiheit ueber ihr Herz erhalten koennte. Chrysander. Aufopfern? Herr Valer, bedenken Sie, was das sagen will. Wir Handelsleute fassen einander gern bei dem Worte. Valer. Oh, tun Sie es auch hier! Mit Freuden tritt Ihnen Juliane das Dokument ab. Fangen Sie den Prozess an, wenn Sie wollen; der Vorteil davon soll ganz Ihnen gehoeren. Juliane haelt dieses fuer das kleinste Zeichen ihrer Dankbarkeit. Sie glaubt Ihnen noch weit mehr schuldig zu sein.-- Chrysander. Nu, nu, sie ist mir immer ganz erkenntlich vorgekommen--Aber was wuerden Sie denn, Valer, als ihr kuenft'ger Mann, zu dieser Dankbarkeit sagen? Valer. Denken Sie besser von mir. Ich habe Julianen geliebt, da sie zu nichts Hoffnung hatte. Ich liebe sie auch noch, ohne die geringste eigennuetzige Absicht. Und ich bitte Sie: was schenkt man denn einem ehrlichen Manne, wenn man ihm einen schweren Prozess schenkt? Chrysander. Valer, ist das Ihr Ernst? Valer. Fordern Sie noch mehr als das Dokument; mein halbes Vermoegen ist Ihre. Chrysander. Da sei Gott vor, dass ich von Ihrem Vermoegen einen Heller haben wollte! Sie muessen mich nicht fuer so eigennuetzig ansehen.--Wir sind gute Freunde, und es bleibt bei dem alten: Juliane ist Ihre! Und wenn das Dokument meine soll, so ist sie um so viel mehr Ihre. Valer. Kommen Sie, Herr Chrysander, bekraeftigen Sie ihr dieses selbst! Wie angenehm wird es ihr sein, uns beide vergnuegt machen zu koennen. Chrysander. Wenn das ist, Damis; so kannst du meinetwegen noch heute die Nacht fortreisen. Ich will Gott danken, wenn ich dich Narren wieder aus dem Hause los bin. Damis. Gehen Sie doch nur, und lassen Sie mich allein. Valer. Damis, und endlich muss ich Ihnen doch noch mein Glueck verdanken? Ich tue es mit der aufrichtigsten Zaertlichkeit, ob ich schon weiss, dass ich die Ursache Ihrer Veraenderung nicht bin. Damis. Aber die wahre Ursache?--(Zu Anton.) Verfluchter Kerl, hast du dein Maul nicht halten koennen?--Gehen Sie nur, Valer-- (Indem Chrysander und Valer abgeben wollen, haelt Anton Valeren zurueck.) Anton (sachte). Nicht so geschwind! Wie steht es mit Lisettens Ausstattung, Herr Valer? und mit-- Valer. Seid ohne Sorgen; ich werde mehr halten, als ich versprochen habe. Anton. Juchhe! nun war die Taube gefangen. Letzter Auftritt Damis (an seinem Tische). Anton. Anton. Noch ein Wort, Herr Damis, habe ich mit Ihnen zu reden. Damis. Und?-- Anton. Sie wollen auf Reisen gehen?-- Damis. Zur Sache! es ist schon mehr als ein Wort. Anton. Je nun! meinen Abschied. Damis. Deinen Abschied? Du denkst vielleicht, dass ich dich ungelehrten Esel mitnehmen wuerde? Anton. Nicht? und ich habe also meinen Abschied? Gott sei Dank! empfangen Sie nun auch den Ihrigen, welcher in einer kleinen Lehre bestehen soll. Ich habe Ihre Torheiten nun laenger als drei Jahr angesehen und selber alber genug dabei getan, weil ich weiss, dass ein Bedienter, wenn sein Herr auch noch so naerrisch ist-- Damis. Unverschaemter Idiote, wirst du mir aus den Augen gehen? Anton. Je nun! wem nicht zu raten steht, dem steht auch nicht zu helfen. Bleiben Sie zeitlebens der gelehrte Herr Damis! (Gehet ab.) Damis. Geh, sag ich, oder!-- (Er wirft ihm sein Buch nach, und das Theater faellt zu.) Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der junge Gelehrte, von Gotthold Ephraim Lessing. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER JUNGE GELEHRTE *** This file should be named 7jngg10.txt or 7jngg10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7jngg11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7jngg10a.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. 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