The Project Gutenberg EBook of Die Ahnfrau, by Franz Grillparzer #15 in our series by Franz Grillparzer Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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Die Ahnfrau Franz Grillparzer Trauerspiel in fuenf Akten (1817) Personen: Graf Zdenko von Borotin Berta, seine Tochter Jaromir Boleslav Guenther, Kastellan Ein Hauptmann Ein Soldat Mehrere Soldaten und Diener Die Ahnfrau des Hauses Borotin Erster Aufzug Gotische Halle. Im Hintergrunde zwei Tueren. An beiden Seitenwaenden, links und rechts, ebenfalls eine Tuere. An einer Kulisse des Vorgrundes haengt ein verrosteter Dolch in seiner Scheide. Spaeter Winterabend. Licht auf dem Tische. Graf Borotin. Berta. Der Graf (am Tische sitzend und auf einen Brief hinstarrend, den er in beiden Haenden haelt). Nun Wohlan, was muss geschehe! Fallen seh ich Zweig' auf Zweige, Kaum noch haelt der morsche Stamm. Noch ein Schlag, so faellt auch dieser Und im Staube liegt die Eiche, Die die reichen Segensaeste Weit gebreitet rings umher. Die Jahrhunderte gesehen Werden, wachsen und vergehen, Wird vergehen so wie sie; Keine Spur wird uebrigbleiben; Was die Vaeter auch getan, Wie gerungen, wie gestrebt, Kaum dass fuenfzig Jahr' verfliessen Wird kein Enkel mehr es wissen Dass ein Borotin gelebt! Berta (am Fenster). Eine grause Nacht, mein Vater! Kalt und dunkel wie das Grab. Losgerissne Winde wimmern Durch die Luft, gleich Nachtgespenstern; Schnee soweit das Auge traegt, Auf den Huegeln, auf den Bergen, Auf den Baeumen, auf den Feldern, Wie ein Toter liegt die Erde In des Winters Leichentuch; Und der Himmel, sternelos, Starrt aus leeren Augenhoehlen In das ungeheure Grab Schwarz herab! Graf. Wie sich doch die Stunden dehnen! Was ist wohl die Glocke, Berta? Berta (vom Fenster zurueckkommend, und sich, dem Vater gegenueber, zur Arbeit setzend). Sieben Uhr hat's kaum geschlagen. Graf. Sieben? Und schon dunkle Nacht! Ach, das Jahr ist alt geworden, Kuerzer werden seine Tage, Starrend stocken seine Pulse Und es wankt dem Grabe zu. Berta. Ei, kommt doch der holde Mai, Wo das Feld sich kleidet neu, Wo die Luefte sanfter wehen Und die Blumen auferstehen! Graf. Wohl wird sich das Jahr erneuen, Diese Felder werden gruenen, Diese Baeche werden fliessen, Und die Blume, die jetzt welket, Wird vom langen Schlaf erwachen Und das Kinderhaupt erheben Von dem weissen, weichen Kissen, Oeffnen ihre klaren Augen Freundlich laechelnd wie zuvor. Jeder Baum, der jetzt im Sturme Seine nackten, duerren Arme Hilfeflehend streckt zum Himmel, Wird mit neuem Gruen sich kleiden. Alles was nur lebt und webt In dem Hause der Natur, Weit umher, in Wald und Flur, Wird sich frischen Lebens freuen, Wird im Lenze sich erneuen: Nie erneut sich Borotin! Berta. Ihr seid traurig, lieber Vater! Graf. Gluecklich, gluecklich nenn ich den, Dem des Daseins letzte Stunde Schlaegt in seiner Kinder Mitte. Solches Scheiden heisst nicht Sterben; Denn er lebt im Angedenken, Lebt in seines Wirkens Fruechten, Lebt in seiner Kinder Taten, Lebt in seiner Enkel Mund. O es ist so schoen, beim Scheiden Seines Wirkens ausgestreuten Samen Lieben Haenden zu vertraun, Die der Pflanze sorglich warten, Und die spaete Frucht geniessen; Im Genusse doppelt fuehlend Den Genuss und das Geschenk. O es ist so suess, so labend, Das was uns die Vaeter gaben Seinen Kindern hinzugeben Und sich selbst zu ueberleben! Berta. Ueber diesen boesen Brief! Ihr wart erst so heiter, Vater, Schienet seiner Euch zu freuen, Und nun, da Ihr ihn gelesen, Seid mit eins Ihr umgestimmt. Graf. Ach, es ist nicht dieses Schreiben, Seinen Inhalt konnt' ich ahnen. Nein es ist die Ueberzeugung, Die sich immer mehr bewaehrt; Dass das Schicksal hat beschlossen, Von der Erde auszustossen Das Geschlecht der Borotin! Sieh, man schreibt mir, dass ein Vetter, Den ich kaum einmal gesehen, Der der einz'ge ausser mir Von dem Namen unsers Hauses, Kinderlos, ein welker Greis, Gaehlings ueber Nacht gestorben. Und so bin ich denn der Letzte Von dem hochberuehmten Stamme, Der mit mir zugleich erlischt. Ach, kein Sohn folgt meiner Bahre, Trauernd wird der Leichenherold Meines Hauses Wappenschild, Oft gezeigt im Schlachtgefild, Und den wohlgebrauchten Degen Mir nach in die Grube legen. Es geht eine alte Sage, Fortgepflanzt von Mund zu Mund, Dass die Ahnfrau unsers Hauses, Ob begangner schwerer Taten, Wandeln muesse ohne Ruh', Bis der letzte Zweig des Stammes, Den sie selber hat gegruendet, Ausgerottet von der Erde. Nun wohlan, sie mag sich freuen, Denn ihr Ziel ist nicht mehr fern! Fast moecht' ich das Maerchen glauben, Denn fuerwahr ein maecht'ger Finger War bemueht bei unserm Fall. Kraeftig stand ich, herrlich bluehend In der Mitte dreier Brueder; Alle raubte sie der Tod! Und ein Weib fuehrt' ich nach Hause, Schoen und gut und hold wie du. Hochbeglueckt war unsre Ehe Und ein Knabe und ein Maedchen Sprossten aus dem keuschen Bund. Bald wart ihr mein einz'ger Trost, Meine einz'ge Lebensfreude, Denn mein Weib ging ein zu Gott. Sorgsam, wie mein Augenlicht, Wahrte ich die teuern Pfaender; Doch umsonst! Vergeblich Streben! Welche Klugheit, welche Macht, Mag das Opfer wohl erhalten, Das die finsteren Gewalten Ziehen wollen in die Nacht! Kaum drei Jahre war der Knabe, Als er in dem Garten spielend Von der Waertrin sich verlief. Offen stand die Gartentuere, Die zum nahen Weiher fuehrt. Immer sonst war sie geschlossen, Eben damals stand sie offen, (bitter) Haett' ihn sonst der Streich getroffen! Ach, ich sehe deine Traenen Treu sich schliessen an die meinen. Weisst du etwa schon den Ausgang? Ach, ich armer, schwacher Mann, Habe dir wohl oft erzaehlet Die alltaegliche Geschichte. Was ist's weiter?--Er ertrank! Sind doch manche schon ertrunken! Dass es just mein Sohn gewesen, Meine ganze, einz'ge Hoffnung, Meines Alters letzter Stab; Was kann's helfen!--Er ertrank-- Und ich sterbe kinderlos! Berta. Lieber Vater! Graf. Ich verstehe Deiner Liebe sanften Vorwurf. Kinderlos konnt' ich mich nennen, Und ich habe dich, du Treue! Ach, verzeih dem reichen Manne, Der sein Habe halb verloren In des Ungluecks hartem Sturm, Und nun mit der reichen Haelfte, Lang an Ueberfluss gewoehnet, Sich fuer einen Bettler haelt. Ach verzeih, wenn das Verlorne In so hellem Lichte glueht, Ist doch der Verlust ein Blitzstrahl, Der verklaert was er entzieht! Ja fuerwahr, ich handle unrecht! Ist mein Name denn das Hoechste? Leb ich nur fuer meinen Stamm? Mag ich kalt das Opfer nehmen, Das du mit der Jugend Freuden, Mit des Lebens Glueck mir bringst! Meines Daseins letzte Tage Seien deinem Glueck geweiht. Ja an eines Gatten Seite, Der dich liebt, der dich verdient, Werde dir ein andrer Name Und mit ihm ein andres Glueck! Waehle von des Landes Soehnen, Frei den kuenftigen Gemahl, Denn dein Wert verbuergt mir deine Wahl! Wie du seufzest!--Hast wohl schon gewaehlet? Jener Juengling?--Jaromir-- Jaromir von Eschen denk ich. Ist's nicht also? Berta. Wag ich es?-- Graf. Glaubtest du dem Vaterauge Bleib' ein Woelkchen nur verborgen, Das an deinem Himmel haengt? Sollt' ich gleich wohl eher schelten, Dass ich erst erraten muss Was ich laengst schon wissen sollte: War ich je ein harter Vater, Bist du nicht mein teures Kind? Edel nennst du sein Geschlecht, Edel nennt ihn seine Tat, Bring ihn mir, ich will ihn kennen, Und besteht er auf der Probe So kann manches noch geschehn. Fallen gleich die weiten Lehen Als erloschen heim dem Thron, Ein bescheidnes Los zu gruenden Hat noch Borotin genug. Berta. O wie soll ich-- Graf. Mir nicht danke! Zahl ich doch nur alte Schulden. Hast nicht du's um mich verdient, Hat nicht er's, der wackre Mann? Denn er war's doch, der im Walde Dir das Leben einst gerettet, Und mit eigener Gefahr? Ist's nicht also, liebe Tochter? Berta. Oh, mit augenscheinlicher Gefahr! Hab ich's Euch doch schon erzaehlet, Wie in einer Sommernacht Ich dort in dem nahen Walde Mich lustwandelnd einst erging, Und vom Schmeichelhauch der Luefte, Von dem Duft der tausend Blueten Eingelullt in suess Vergessen Weiter ging als je zuvor. Wie mit einmal durch die Nacht Einer Laute Klang erwacht, Klagend, stoehnend, Mitleid flehend Mit der Tonkunst ganzer Macht; Girrend bald gleich zarten Tauben Durch die dichtverschlungnen Lauben, Bald mit langgedehntem Schall Lockend gleich der Nachtigall, Dass die Luefte schweigend horchten Und das Laub der regen Espe Seine Regsamkeit vergass. Wie ich so da steh und lausche, Ganz in Wehmut aufgeloest, Fuehl ich mich mit eins ergriffen, Und zwei Maenner, angetan Mit des Mordes blut'ger Farbe, Mit dem Dolch, den Augen draeuend, Seh ich graesslich neben mir. Schon erheben sie die Dolche, Schon glaub ich die Todeswunde, Schreiend, in der Brust zu fuehlen: Da teilt schnell sich das Gebuesche, Reissend springt ein junger Mann, Hoch den Degen in der Rechten, In der Linken eine Laute Auf die bleichen Moerder zu. Wie er ihnen obgesieget, Wie er, einzeln, sie bezwang, Wie die kuehne Tat gelang Weiss ich nicht. In starre Ohnmacht War ich zagend hingesunken. Ich erwacht' in seinen Armen, Und zum Leben neu geboren, Unbehilflich, schwach und duldend Wie ein Kind am Mutterbusen Hing ich an des Teuren Lippen Seine heissen Kuesse trinkend. Und mein Vater, fuer das alles Was er erst fuer mich getan, Konnt' ich wen'ger als ihn lieben? Graf. Und ihr saht euch oefter? Berta. Zufall Liess mich drauf ihn wieder finden. Bald--nicht bloss der Zufall mehr. Graf. Warum flieht er deines Vaters, Seines Freundes Angesicht. Berta. Obgleich edlem Stamm entsprossen, Nur des Hauses edler Stolz, Nicht sein Gut kam auf den Erben. Arm und duerftig wie er ist, Fuerchtet er, hoert' ich ihn sagen, Dass der reiche Borotin Andern Lohn fuer seine Tochter, Als die Tochter selber zahle. Graf. Ich weiss Edelmut zu ehren, Wenn er sich und andre ehrt. Bring ihn mir, er soll erfahren, Dass dem reichen Borotin Er sein reichstes Gut erhalten, Soll erfahren, dass dein Vater Fuer das Gold der ganzen Welt Dich nicht fuer bezahlet haelt.-- Doch jetzt, Berta, nimm die Harfe Und versuch es, meinen Kummer Um ein Stuendchen zu betruegen. Spiel ein wenig, liebe Tochter! (Berta nimmt die Harfe. Bald nach den ersten Akkorden nickt der Alte und schlummert ein. Sobald er schlaeft stellt Berta die Harfe weg.) Berta. Schlummre ruhig, guter Vater! Dass doch all die suessen Blumen, Die du streust auf meinen Pfad, Dir zum Kranze werden moechten Auf dein sorgenschweres Haupt.-- Ich soll also ihm gehoeren, Mein ihn nennen, wirklich mein? Und das Glueck, das schon als Hoffnung Mir der Gueter groesstes schien, Giesst in freudiger Erfuellung Mir sein schwellend Fuellhorn hin! Ich kann's nicht fassen, Mich selber nicht fassen, Alles zeigt mir und spricht mir nur ihn, Den Wolken, den Winden Moecht' ich's verkuenden, Dass sie's verbreiten so weit sie nur ziehn! Mir wird's zu enge In dem Gedraenge Fort auf den Soeller, wie lastet das Haus; Dort von den Stufen Will ich es rufen In die schweigende Nacht hinaus. Und naht der Treue, Dem ich mich weihe, Kuend ich ihm jubelnd das frohe Geschick An seinem Munde Preis ich die Stunde Preis ich die Liebe, preis ich das Glueck. (Ab.) (Pause.--Die Ahnfrau, Bertan an Gestalt ganz aehnlich, und in der Kleidung nur durch einen wallenden Schleier unterschieden, erscheint neben dem Stuhle des Schlafenden und beugt sich schmerzlich ueber ihn.) Graf (unruhig im Schlafe). Fort von mir!--Fort!--Fort! (Er erwacht.) Ah--bist du hier meine Berta? Ei das war ein schwerer Traum, Noch empoert sich mir das Innre! Geh doch nach der Harfe, Berta, Mich verlangt's Musik zu hoeren! (Die Gestalt hat sich aufgerichtet und starrt den Grafen mit weitgeoeffneten toten Augen an.) Graf (entsetzt). Was starrst du so grass nach mir, Dass das Herz im Maennerbusen Sich mit bangem Grausen wendet, Und der Beine Mark gerinnt! Weg den Blick! Von mir die Augen! Also sah ich dich im Traume Und noch siedet mein Gehirn. Willst du deinen Vater toeten? (Die Gestalt wendet sich ab und geht einige Schritte gegen die Tuere.) Graf. So!--Nun kenn ich selbst mich wieder!-- Wohin gehst du Kind? Die Gestalt (wendet sich an der Tuere um. Mit unbetonter Stimme). Nach Hause. (Ab.) Der Graf (stuerzt niedergedonnert in den Sessel zurueck. Nach einer Weile). Was war das?--Hab ich getraeumt?-- Sah ich sie nicht vor mir stehn, Hoert' ich nicht die toten Worte, Fuehl ich nicht mein Blut noch starren Von dem grassen, eis'gen Blick?-- Und doch, meine sanfte Tochter!-- Berta! Hoere, Berta! (Berta und Kastellan kommen.) Berta (hereinstuerzend). Ach, was fehlt Euch, lieber Vater? Graf. Bist du da! Was ficht dich an, Sprich, was ist's, unkindlich Maedchen, Dass du wie ein Nachtgespenst Durch die oeden Saele wandelst Und mit seltsamen Beginnen Lebensmuede Schlaefer schreckst? Berta. Ich, mein Vater? Graf. Du, ja du! Wie, du weisst nicht? Und noch haften Deine starren Leichenblicke Mir gleich Dolchen in der Brust. Berta. Meine Blicke? Graf. Deine Blicke! Zieh nicht staunend auf die Augen! Siehst du, so!--doch nein, viel starrer! Starr?--die Sprache hat kein Wort! Blickst du mich liebkosend an, Um den Eindruck wegzuwischen Jenes finstern Augenblicks? All umsonst! So lang ich lebe Wird das Schreckbild vor mir stehn, Auf dem Todbett werd ich's sehn! Scheint dein Blick gleich Mondenschimmer Ueber einer Abendlandschaft, O ich weiss, er kann auch toeten! Berta. Ach, was hab ich denn begangen, Das Euch also aufgeregt, Und Euch heisst die Augen schelten, Die den Euern bang begegnend Sich mit Wehmutstraenen fuellen. Dass ich Euch im Schlaf verlassen, Unbedachtsam fortgegangen-- Graf. Dass du fortgingst?--Dass du hier warst! Berta. Dass ich hier war? Graf. Standst du nicht Hier auf dieser, dieser Stelle Schiessend deine kalten Pfeile Nach des grauen Vaters Brust. Berta. Als Ihr schliefet? Graf. Kurz erst, jetzt erst! Berta. Eben komm ich von dem Soeller! Als der Schlummer Euch umfing Ging ich sehnsuchtsvoll hinaus Nach dem Teuern umzuschauen. Graf. Schaendlich!--Maedchen, hoehnst du mich? Berta. Hoehnen?--ich, mein Vater?--ich? (Mit ueberstroemenden Augen zu Guenther.) Ach sprich du!--Ich weiss nicht--kann nicht! Guenther. Ja fuerwahr, mein gnaed'ger Herr, Ja, das Fraeulein koemmt vom Soeller. Ich stand bei ihr, und wir schauten In die schneeerhellte Gegend Ob kein Wanderer sich nahe. Erst als Ihr sie gellend rieft, Eilte sie mit mir herbei. Graf (rasch). Und ich sah-- Guenther. Ihr sahet--? Graf. Nichts! Guenther. Ihr saht etwa--? Graf. Nichts! nichts sag ich! (Vor sich hin.) Es ist klar, ich hab getraeumt! Wenn sich gleich die Sinne straeuben, Das Gedaechtnis es verneint, Doch ist's so; ich hab getraeumt! Kann der Schein sich also huellen Ins Gewand der Wirklichkeit? Diese Hand seh ich nicht klarer Als ich jenes Bild gesehn! Und doch, meine sanfte Berta! Es ist klar, ich hab getraeumt!-- Was stehst du so ferne, Berta? Hast du keinen Vorwurf, Liebe, Fuer den harten, rauhen Vater Der so bitter dich gekraenkt? Ach, so warst du schon als Kind, Trugest immerdar zugleich Der Beleid'gung herben Schmerz Und das Unrecht des Beleid'gers. Immer gut und immer schuldlos, Schienst du stets die Schuldige-- Berta (an seiner Brust). Und bin ich nicht wirklich schuldig? Wenn auch nicht als Grund des Zornes, Ach, doch als sein Gegenstand! Graf. Du verzeihst mir also, Berta? Berta. Ihr habt wohl getraeumt, mein Vater! Es gibt gar lebend'ge Traeume! Oder dieser Halle Dunkel Matt vom Kerzenlicht erhellt Taeuscht' in truegender Gestaltung Euer schlummertrunknes Aug'. Oh, ich hab es oft erfahren, Wie die Sinne, aufgeregt, Stumpfe Diener unsrer Seele, Gern fuer wahr und wirklich halten Die verworrenen Gestalten, Die der Geist in sich bewegt. Gestern nur, mein Vater, ging ich In des Zwielichts mattem Strahl Durch den alten Ahnensaal. In der Mitte haengt ein Spiegel, Halb erblindet und voll Flecken. Wie ich ihn vorueber gehe Bleib ich, meinen Anzug musternd, Vor dem matten Glase stehn. Eben senk ich nach dem Guertel Nieder meine beiden Haende, Da--Ihr werdet lachen, Vater! Und auch ich muss jetzt fast laecheln Meiner kindisch schwachen Furcht, Doch in jenem Augenblicke Konnt' ich nur mit Schreck und Grauen Das verzerrte Wahnbild schauen. Wie ich senke meine Haende Um den Guertel anzuziehn, Da erhebt mein Bild im Spiegel Seine Haende an das Haupt, Und mit starrendem Entsetzen Seh ich in dem dunkeln Glase Meine Zuege sich verzerren. Immer sind es noch dieselben Und doch anders, furchtbar anders, Und mir selbst nicht aehnlicher Als ein Lebend'ger seiner Leiche. Weit reisst es die Augen auf Starrt nach mir, und mit dem Finger Droht es warnend gegen mich. Guenther. Weh, die Ahnfrau! Graf (wie von einem ploetzlichen schrecklichen Gedanken ergriffen, vom Sessel aufspringend). Ahnfrau! Berta (verwundert). Ahnfrau? Guenther. Saht Ihr nie ihr Bild im Saale, Euch so aehnlich, gnaed'ges Fraeulein, Gleich als haettet Ihr dem Maler, Lieblich wie Ihr seid, gesessen? Berta. Oftmals hab ich's wohl gesehn, Es mit Staunen mir betrachtet, Und es war mir immer teuer Wegen dieser Aehnlichkeit. Guenther. Und Ihr kennet nicht die Sage, Die von Mund zu Munde geht? Berta. Schon als Kind hoert' ich's erzaehlen, Doch ein Maerchen nennt's der Vater. Guenther. Ach, er fuehlt's zu dieser Frist, Wie er sich's auch selbst verhehle, Fuehlt's im Tiefsten seiner Seele, Dass es mehr als Maerchen ist. Ja, die Ahnfrau Eures Hauses, Jung und bluehend noch an Jahren, Berta, so wie Ihr geheissen, Schoen und reizend, so wie Ihr, Von der Eltern Hand gezwungen, Zu verhasster Ehe Bund, Sie vergass ob neuen Pflichten Langgehegter Liebe nicht; In den Armen ihres Buhlen Ueberfiel sie der Gemahl. Durstend seine Schmach zu raechen, Straft' er selber das Verbrechen Stiess ins Herz ihr seinen Stahl, Jenen Stahl, den in der Blinde Man dort aufgehangen hat, Zum Gedaechtnis ihrer Suende, Zum Gedaechtnis seiner Tat. Ruhe ward ihr nicht vergoennet, Wandeln muss sie ohne Rast, Bis das Haus ist ausgestorben, Dessen Mutter sie gewesen, Bis weit auf der Erde hin Sich kein einz'ger Zweig mehr findet Von dem Stamm den sie gegruendet, Von dem Stamm der Borotin. Und wenn Unheil droht dem Hause, Sich Gewitter tuermen auf, Steigt sie aus der dunkeln Klause An die Oberwelt herauf. Da sieht man sie klagend gehen, Klagend, dass ihr Macht gebricht, Denn sie kann's nur vorhersehen, Ab es wenden kann sie nicht! Berta. Und das ist es--? Guenther. Das ist alles Was ich hier zu sagen wage, Wenn gleich all nicht was ich weiss. Eines ist noch uebrig, eines, Das des Hauses aeltre Diener, Das der Gegend welke Greise Bang sich in die Ohren raunen, Das der Sage heil'ger Mund Aus der Vaeter fernen Tagen In die Enkelwelt getragen. Eines, das den Schluessel gibt Zu so manchem finstern Raetsel, Das ob diesem Hause bruetet. Aber wag ich es zu sagen Hier an diesem, diesem Ort Wo noch kurz zuvor der Schatten-- (Mit scheuen Blicken umhergehend. Berta schmiegt sieh an ihn, und folgt mit ihren Augen den seinigen.) Runzelt Ihr die hohen Brauen Edler Herr? Ich kann nicht anders! Meinen Busen will's zerbrechen Und es draengt mich's auszusprechen Beb ich selber gleich zurueck.-- Kommt hierher, mein Fraeulein, hierher Und vernehmt und staunt und bebt.-- Mit der Ahnfrau blut'ger Leiche Ward der Suende Keim begraben, Aber nicht der Suende Frucht. Das Verbrechen, das des Gatten Blut'ger Rachestahl bestraft, War, wie jene Sage spricht, Wohl das Letzte ihres Lebens Aber ach, ihr erstes nicht. Ihres Schosses einz'ger Sohn, Den Ihr unter Euren Ahnen, Unter Euren Vaetern zaehlt, Der des maecht'gen Borotin Lehen, Gut und Namen erbte, Er-- Graf. Schweig! Guenther. Es ist ausgesprochen. Er, dem Vater unbewusst, War ein Pfand geheimer Lust, War ein Denkmal ihrer Suende! Darum muss sie klagend wallen Durch die weiten, oeden Hallen, Die das Werk von Trug und Nacht Auf ein fremd Geschlecht gebracht. Und in jedem Enkelkinde, Das entsprosst aus ihrem Blut, Hasst sie die vergangne Suende, Liebt sie die vergangne Glut. Also harret sie seit Jahren, Wird noch harren jahrelang Auf des Hauses Untergang; Und ob der sie gleich befreiet, Huetet sie doch jeden Streich, Der dem Haupt der Lieben draeuet, Den sie wuenscht und scheut zugleich. Darum wimmert es so klaeglich In den halbverfallnen Gaengen, Darum pocht's in dunkler Nacht-- (Entferntes Getoese.) Berta. Himmel! Guenther. Weh uns! Graf. Was ist das? (Das Getoese wiederholt sich.) Fast gefaehrlich scheint dein Wahnsinn Er steckt auch Gesunde an. An die Pforte wird geschlagen Einlass fordernd. Geh hinab Und sieh zu, was man begehrt! (Guenther ab.) Berta. Vater, du siehst bleich! Ist's Wahrheit Was der alte Mann da spricht? Graf. Was ist wahr, was ist es nicht? Lass uns eignen Wertes freuen Und nur eigne Suenden scheuen. Lass, wenn in der Ahnen Schar Jemals eine Schuld'ge war, Alle andre Furcht entweichen Als die Furcht ihr je zu gleichen.-- Und jetzt komm, mein liebes Kind, Fuehre mich nach meinem Zimmer. Ist's gleich noch nicht Schlafens Zeit Ruhe heischt der muede Koerper Hat er doch in einer Stunde Mehr als manchen Tag gelebt. (Ab mit Berta.) (Pause.--Dann stuerzt wankend, mit verworrenem Haar und aufgerissenem Wams, einen zerbrochenen Degen in der Rechten, Jaromir herein.) Jaromir (atemlos). Bis hierher!--Ich kann nicht weiter! Wankend brechen meine Kniee, Es ist aus!--Ich kann nicht weiter! (Sinkt gebrochen auf den Sessel hin.) Guenther (nachkommend). Sagt doch Herr, ist das wohl Sitte? Einzudringen so ins Haus Achtlos auf mein mahnend Wehren. Sprecht, was wollt Ihr? was begehrt Ihr? Jaromir. Ruhe!--Nur ein Stuendchen Ruhe, Nur ein kurzes Stuendchen Ruhe!-- Guenther. Was ist Euch begegnet, Herr? Woher kommt Ihr? Jaromir. Dort--vom Walde-- Wurde--wurde ueberfallen-- Guenther. Ach man hoert so manches Unheil Von den Raeubern dort im Walde! Wie bedaur' ich Euch, mein Herr! Ach verzeihet, wenn ich anfangs Eure bange Hast missdeutend Und das Fremde Eures Eintritts Anders sprach, als ich gesollt. Wenn's Euch gutduenkt, folgt mir Herr Nach den oberen Gemaechern, Wo Euch wuerdig Speis und Trank Und willkommne Lagerstaette-- Jaromir. Nein, ich kann--ich mag nicht schlafen! Lass mich hier in diesem Stuhl, Bis die Sinne sich gesammelt Und ich wieder selber bin. (Er legt den Arm auf den Tisch, und den Kopf darauf.) Guenther. Was soll ich mit ihm beginnen? Ganz verwirrt hat ihn der Schreck. Bleib ich? geh ich? Lass ich ihn? Ich will's nur dem Grafen melden, Mag er selber doch empfangen Seinen sonderbaren Gast. (Ab.) Jaromir. Ha, er geht, er geht!--Was soll ich? Sei es denn!--Nun Fassung, Fassung! (Der Graf und Guenther kommen.) Guenther. Hier mein gnaed'ger Herr, der Fremde! Jaromir (steht auf). Graf. Lasst Euch doch nicht stoeren, Herr, Und geniesst der noet'gen Ruhe. Hoch willkommen seid Ihr mir, Doppelt wert, denn Euch empfiehlt Eure Not und Euer Selbst-- Jaromir. Ihr verzeihet wohl die Stunde Und die Weise meines Eintritts. Mag mein Unfall mich entschuld'gen Wo ich selbst es nicht vermag. Dort in jenem nahen Walde Ward ich raeubrisch ueberfallen. Ich und meine beiden Diener Wehrten lang uns ritterlich: Aber wachsend stieg die Menge, Meine treuen Diener lagen Hingestreckt in ihrem Blut. Da gewahr ich meines Vorteils, Und ins dunkle Dickicht springend, Schnell, die Raeuber auf der Ferse, Such ich fliehend zu entrinnen Und das Freie zu gewinnen. Gibt die Hoffnung schnelle Fuesse Leiht dafuer das Schrecken Fluegel. Bald gewinn ich einen Vorsprung, Und heraus ins Freie tretend Blinkt mir Euer Schloss entgegen. Gastfrei schien 's mich einzuladen, Zoegernd folgt' ich,--und bin hier. Graf. Halten wird Euch der Besitzer Was sein Eigentum versprach. Was nur dieses Haus vermag Ist das Eure, Euch zu Dienste. Berta (kommt,). Hoert' ich hier nicht seine Stimme? Ja er ist's!--Mein Jaromir! Jaromir. Berta! (Eilt auf sie zu. Ploetzlich haelt er ein, und tritt mit einer Verbeugung zurueck.) Graf. Waer' es etwa dieser?-- Berta. Ja er ist's, er ist's, mein Vater! Ja er ist's, der mich gerettet, Ja er ist's der teure Mann! Graf. Zieht Euch nicht so fremd zurueck, Seid Ihr doch nicht unter Fremden! Schliesst sie immer in die Arme; Ihr habt Euch ein Recht erworben, Dass sie lebt ist Euer Werk! Wohl mir, dass mir ward vergoennt Den zu sehen, dem zu danken, Der mir meine letzten Tage, Mir mein Sterbebett verschoent, Mit dem Gluecke mich versoehnt. Komm an meine Brust, du Teurer, Lebensretter, Segensengel! Koennt' ich dankbar nur mein Leben Fuer dich hin, du Guter, geben, Wie du deines gabst fuer sie! Jaromir. Staunend steh ich und beschaemt-- Graf. Du? An uns ist's so zu stehn! Ist doch unser Dank so wenig, Ach, und deine Tat so viel! Jaromir. Viel? O dass ich's sagen koennte! Dass es etwas mich gekostet! Dass ich eine Wunde truege, Eine kleine, kleine Narbe Nur als Denkmal jener Tat! Es kraenkt tief das Koestliche Um so schlechten Preis zu kaufen! Graf. Ziert Bescheidenheit den Juengling, Nicht verkenn er seinen Wert! Berta. Glaubt ihm nicht, o glaubt ihm nicht! Er liebt selber sich zu schmaehen, Ich weiss das von lange her! Wie so oft lag er vor mir, Meine Kniee heiss umfassend, Und mit schmerzgebrochner Stimme Rief er klagend, weinend aus, Ich verdiene dich nicht Berta! Er nicht mich, er mich nicht!-- Jaromir. Berta! Graf. Wolltet Ihr wohl, dass sie minder Des Geschenkes Wert erkennte! Trieb Euch gleich zu jener Tat Nur des Herzens edles Streben Recht zu tun und gross und gut, Lasst uns glauben, lasst uns schmeicheln, Dass auf uns, auf unsre Not Auch ein fluecht'ger Blick gefallen, Dass Ihr nicht nur bloss begluecken, Dass ihr uns begluecken wolltet. Wer sich ganz dem Dank entzieht, Der erniedrigt den Beschenkten, Freund, indem er sich erhebt! Jaromir. Was erwidr' ich auf das alles! Wie ich bin, vom Kampf ermuedet, Von den Schrecken dieser Nacht, Taug ich wenig zu bestehen In der Grossmut edlem Wettstreit. Graf. Musstet Ihr mich erst erinnern Dass Ihr mued und ruheduerstend! Berta. Ach, was ist ihm denn begegnet? Graf. Das auf morgen, liebes Kind. Berta komm und lass uns gehn. Unser Guenther mag ihn weisen In das koestlichste Gemach. Dort umhuelle tiefer Frieden Mit der Segenshand den Mueden Bis der spaete Morgen naht. O er hat ein weiches Kissen Ein noch unentweiht Gewissen, Das Bewusstsein seiner Tat!-- So, noch diesen Haendedruck, So, noch diesen Segenskuss, So, mein Sohn jetzt geh zur Ruh' Ein Engel drueck' das Aug' dir zu! Berta (den Alten abfuehrend). Schlummre ruhig! Jaromir. Lebe wohl' Berta (an der Tuere umwendend). Gute Nacht denn! Jaromir. Gute Nacht! (Graf und Berta ab.) Guenther. So, nun kommt mein wackrer Herr Ich will Euch zur Ruhe leiten. Jaromir (in den Vorgrund tretend). Nehmt mich auf Ihr Goetter dieses Hauses, Nimm mich auf du heil'ger Ort, Von dem Laster nie betreten, Von der Unschuld Hauch durchweht. Unentweihte, reine Stelle Werde wie des Tempels Schwelle Mir zum heiligen Asyl!-- Unerbittlich strenge Macht, Ha nur diese, diese Nacht, Diese Nacht nur goenne mir, Harte! und dann steh ich dir! (Mit Guenther ab.) Ende des ersten Aufzuges Zweiter Aufzug Halle wie im vorigen Aufzuge. Dichtes Dunkel. Jaromir (stuerzt herein). Ist die Hoelle losgelassen Und knuepft sich an meine Fersen? Grinsende Gespenster seh ich Vor mir, an mir, neben mir, Und die Angst mit Vampirruessel Saugt das Blut aus meinen Adern, Aus dem Kopfe das Gehirn! Dass ich dieses Haus betreten! Engel sah ich an der Schwelle Und die Hoelle Hauset drin!-- Doch wo bin ich hingeraten Von der innern Angst getrieben? Ist dies nicht die wuerd'ge Halle, Die den Kommenden empfing? Still! Die Schlaefer nicht zu stoeren! Stille! Wenn sie wuerden innen Hier mein seltsames Beginnen! (An des Grafen Gemach horchend.) Alles stille. (An der Tuere zur linken Seite des Hintergrundes.) Welche Laute! Suesse Laute, die ich kenne, Die ich einzuschluerfen brenne! Horch!--ha!--Worte!--Ach sie betet! Betet!--Betet wohl fuer mich! Habe Dank du reine Seele! (Horchend.) "Heil'ger Engel steh uns bei!" Steh mir bei du heil'ger Engel! "Und beschuetz uns!"--O beschuetz uns! Ja beschuetz mich vor mir selber! O du suesses, reines Wesen! Nein, ich kann mich nicht mehr halten, Ich muss hin, ich muss zu ihr. Will vor ihr mich niederstuerzen Und an ihrer reinen Seite Ruh' und Frieden mir erflehn! Ja sie moege ueber mir Wie ob einem Leichnam beten, Und in ihres Atems Wehn Will ich heilig auferstehn! (Er naehert sich der Tuere; sie geht auf und die Ahnfrau tritt heraus, mit beiden Haenden ernst ihn fortwinkend.) Jaromir. Ach, da bist du ja du Holde! Ich bin's Teure, zuerne nicht! Wink mich nicht so kalt von dir, Goenne dem gepressten Herzen Die so lang entbehrte Lust, An der engelreinen Brust, Aus den himmelklaren Augen Trost und Ruhe einzusaugen! (Die Gestalt tritt aus der Tuere, die sich hinter ihr schliesst, und winkt noch einmal mit beiden Haenden ihm Entfernung zu.) Jaromir. Ich soll fort? Ich kann nicht, kann nicht! Wie ich dich so schoen, so reizend Vor den trunknen Augen sehe Reisst es mich in deine Naehe! Ha ich fuehle, es wird Tag In der Brust geheimsten Tiefen Und Gefuehle, die noch schliefen, Schuetteln sich und werden wach.-- Kannst du mich so leiden sehn? Soll ich hier vor dir vergehn? Lass dich ruehren meinen Jammer, Lass mich ein in deine Kammer! Hat die Liebe je verwehrt Was die Liebe heiss begehrt? (Auf sie zueilend.) Berta! Meine Berta! (Wie er sich ihr naehert, haelt die Gestalt den rechten Arm mit dem ausgestreckten Zeigefinger ihm entgegen.) Jaromir (stuerzt schreiend zurueck). Ha! Berta (von innen). Hoer ich dich nicht Jaromir? (Beim ersten Laut vom Bertas Stimme seufzt die Gestalt und bewegt sich langsam in die Szene. Ehe sie diese noch ganz erreicht hat, tritt Berta aus der Tuere, ohne aber die Gestalt zu sehen, da sie nach dem in der entgegengesetzten Ecke stehenden Jaromir blickt.) Berta (mit einem Lichte kommend). Jaromir du hier? Jaromir (die abgehende Gestalt mit den Augen und dem ausgestreckten Finger verfolgend). Da! Da! Da! Da! Berta. Was ist dir begegnet, Lieber? Warum starrst du also wild Hin nach jenem duestern Winkel? Jaromir. Hier und dort, und dort und hier! Ueb'rall sie und nirgends sie! Berta. Himmel, was ist hier geschehn? Jaromir. Ei bei Gott, ich bin ein Mann! Ich vermag was einer kann. Stellt den Teufel mir entgegen Und zaehlt an der Pulse Schlaegen Ob die Furcht mein Herz bewegt! Doch allein soll er mir kommen. Grad als grader Feind. Er werbe Nicht in meiner Phantasie, Nicht in meinem heissen Hirn Helfershelfer wider mich! Komm' er dann als maecht'ger Riese, Stahl vom Haupte bis zum Fuss, Mit der Finsternis Gewalt, Von der Hoelle Glut umstrahlt; Ich will lachen seinem Wueten Und ihm kuehn die Stirne bieten. Oder komm' als grimmer Leu Will ihm stehen ohne Scheu, Auge ihm ins Auge tauchen, Zaehne gegen Zaehne brauchen, Gleich auf gleich. Allein er uebe Nicht die feinste Kunst der Hoelle, Schlau und tueckevoll, und stelle Nicht mich selber gegen mich! Berta (auf ihn zueilend). Jaromir, mein Jaromir! Jaromir (zuruecktretend). O ich kenn dich, schoenes Bild! Nah ich mich wirst du vergehn Und mein Hauch wird dich verwehn! Berta (ihn umfassend). Kann ein Wahnbild so umarmen? Und blickt also ein Phantom? Fuehle, fuehle ich bin's selber Die in deinen Armen liegt! Jaromir. Ja, du bist's! Ich fuehle freudig Deine warmen Pulse klopfen, Deinen lauen Atem wehn. Ja, das sind die klaren Augen, Ja, das ist der liebe Mund, Ja, das ist die suesse Stimme, Deren wohlbekannter Laut Frieden auf mich niedertaut. Ja, du bist's, du bist's, Geliebte! Berta. Wohl bin ich's, o waerst du's auch! Wie du zitterst! Jaromir. Zittern! zittern! Wer sieht das und zittert nicht? Bin ich doch nur Fleisch und Blut, Hat doch keine wilde Baerin Mich im rauhen Forst geboren Und mit Tigermark genaehrt, Steht auf meiner offnen Stirne Doch der heitre Name: Mensch! Und der Mensch hat seine Grenzen! Grenzen, ueber die hinaus Sich sein Mut im Staube windet, Seiner Klugheit Aug' erblindet, Seine Kraft wie Binsen bricht Und sein Innres zagend spricht: Bis hierher und weiter nicht! Berta. Du bist krank, ach geh zurueck, Geh zurueck nach deiner Kammer. Jaromir. Eher in die heisse Hoelle Als noch einmal auf die Stelle! Ehrt Ihr so die Pflicht des Hauses Und des Gastes heilig Recht? Arglos und vertrauensvoll Folgt' ich meinem Fuehrer nach In das weite Prunkgemach. Muede, ruhelechzend steig ich Schnell das hohe Bett hinan Und das Licht ist ausgetan. Wehend fuehl ich schon den Schlummer, Mild wie eine Friedenstaube Mit dem Oelzweig in dem Munde, Ueber meinem Haupte schweben, Und in immer engern Kreisen Sich auf mich herniederlassen. Jetzo, jetzo senkt sie sich, Suesse Ruhe fesselt mich. Da durchzuckt es meine Glieder, Ich erwache, horch und lausche. Laut wird's in dem oeden Zimmer, Rauschend wogt es um mich her Wie ein wehend Aehrenmeer, Seltsam fremde Toene wimmern, Zuckend fahle Lichter schimmern, Es gewinnt die Nacht Bewegung Und der Staub gewinnt Gestalt. Schleppende Gewaender rauschen Durch das Zimmer auf und nieder, Hoer es weinen, hoer es klagen Und zuletzt in meiner Naehe Wimmert es ein dreifach Wehe! Da reiss ich des Bettes Vorhang Auf in ungestuemer Hast; Und mit tausend Flammenaugen Starrt die Nacht mich glotzend an. Lichter seh ich schwindelnd drehen Und mit tausend fahlen Ringen Schnell sich ineinander schlingen, Und nach mir streckt's hundert Haende, Kriecht an mich mit hundert Fuessen, Fletscht auf mich aus hundert Fratzen. Und an meines Bettes Fuessen Daemmert es wie Mondenlicht, Und ein Antlitz tauchet auf Mit geschlossnen Leichenaugen, Mit bekannten, holden Zuegen, Ja, mit deinen, deinen Zuegen. Jetzt reisst es die Augen auf, Starrt nach mir hin, und Entsetzen Zuckt mir reissend durchs Gehirn. Auf spring ich vom Flammenlager, Und durchs flirrende Gemach Stuerz ich fort, der Spuk mir nach. Wie von Furien gepeitscht Lang ich an hier in der Halle. Da hoert' ich dich Holde beten, Will zu dir ins Zimmer treten, Da verstellt mir--Siehst du? Siehst du? Berta. Was Geliebter? Jaromir. Siehst du nicht? Dort im Winkel, wie sich's regt, Wie's gestaltlos sich bewegt! Berta. Es ist nichts Geliebter, nichts, Als die wilde Ausgeburt Der erhitzten Phantasie. Du bist muede, ruh ein wenig, Setz dich hier in diesen Stuhl. Ich will schuetzend bei dir stehn, Labekuehlung zu dir wehn. Jaromir (sitzend, an ihre Brust gelehnt). Habe Dank, du treue Seele! Suesses Wesen, habe Dank! Schling um mich her deine Arme, Dass der Hoelle Nachtgespenster, Scheu vor dem geweihten Kreise, Nicht in meine Naehe treten. Lieg ich so in deinen Armen, Angeweht von deinem Atem, Ueber mir dein holdes Auge; Duenkt es mich auf Rosenbetten In des Fruehlings Hauch zu schlummern, Klar den Himmel ueber mir. (Der Graf koemmt.) Graf. Wer ist hier noch in der Halle? Berta, du? Und ihr? Berta. Mein Vater!-- Jaromir. Weiss ich doch kaum was ich sagen, Weiss kaum wie ich's sagen soll. Toericht werdet Ihr mich nennen, Und fast moecht' ich's selber tun, Fuehlt' ich nicht im tiefsten Innern Jede meiner Fibern beben, Beben, ja; und Ihr moegt glauben, Es gibt Menschen, welche leichter Zu erschuettern sind als ich. Graf. Wie versteh ich?-- Berta. Ach, so hoert nur, Oben in der Erkerstube Hatte man ihn hingewiesen. Schon senkt schlummernd sich sein Auge, Da erhebt sich ploetzlich-- Graf. Ah! Zaehlt man dich schon zu den Meinen? Ist's in jenen dunkeln Orten Also auch schon kundgeworden Sohn, dass du mir teuer bist. Warum kamst du auch hierher! Glaubtest du, getaeuschter Juengling, Wir hier feiern Freudenfeste? Sieh uns nur einmal beisammen In der weiten, oeden Halle, An dem freudelosen Tische; Wie sich da die Stunden dehnen, Das Gespraech in Pausen stockt, Bei dem leisesten Geraeusche Jedes rasch zusammenfaehrt, Und der Vater seiner Tochter Nur mit Angst und innerm Grauen Wagt ins Angesicht zu schauen, Ungewiss, ob es sein Kind, Ob's ein hoellisch Nachtgesicht Das mit ihm zur Stunde spricht. Sieh, mein Sohn, so leben die, Die das Unglueck hat gezeichnet! Und du willst den mut'gen Sinn, Willst die rasche Lebenslust Und den Frieden deiner Brust, Koestlich hohe Gueter, werfen Rasch in unsers Hauses Brand? O mein Kind, du wirst nicht loeschen, Wirst mit uns nur untergehn. Flieh, mein Sohn, weil es noch Zeit ist: Nur ein Tor baut seine Huette Hin auf jenes Platzes Mitte, Den der Blitz getroffen hat. Jaromir. Moege was da will geschehn, Ich will Euch zur Seite stehn, Muss es, mit Euch untergehn! Graf. Nun wohlan, ist das dein Glaube, So komm her an meine Brust So, und dieser Vaterkuss Schliesst dich ein in unsre Leiden, Schliesst dich ein in unsre Freuden. Ja in unsre Freuden, Sohn, Ist kein Dorn doch also schneidend, Dass er nicht auch Rosen traegt. (Der Alte setzt sich, von Jaromir und Berta unterstuetzt, in den Stuhl. Die beiden stehen Hand in Hand vor ihm.) So, habt Dank, habt Dank, ihr Lieben!-- Seh ich euch so vor mir stehen, Mit dem freudetrunknen Auge, Mit dem lebensmut'gen Blick, Will die Hoffnung neu sich regen, Und erloschne, dunkle Bilder Aus entschwundnen, schoenern Tagen Daemmern auf in meiner Brust. Seid willkommen Duftgestalten, Froh und schmerzlich mir willkommen! (Er versinkt in Nachdenken.) Jaromir. Berta, sieh doch nur, dein Vater! Berta (mit ihm etwas zuruecktretend). Lass ihn nur, er pflegt so oefter Und sieht ungern sich gestoert. Aber, Lieber, sei vergnuegt! Sieh, mein Vater weiss schon alles. Jaromir (rasch). Alles? Berta. Ja, und scheint's zu bill'gen! Heute nur--er war so gut, Ach so gut, so mild und sanft. Sanfter, guetiger als du, Der du kalt und trocken stehst, Waehrend ich nicht Worte finde, Fuer mein Fuehlen, fuer mein Glueck. Jaromir. Glaube mir-- Berta. Ei, glauben, glauben! Besser stuend' es dem zu schweigen, Der nicht weiss wie Liebe spricht: Kann der Blick nicht ueberzeugen, Ueberred't die Lippe nicht. Sieh, man hat mir wohl erzaehlet, Dass es leichte Menschen gebe, Deren Liebe nicht bloss brennt Auch verbrennt, und dann erlischt: Menschen, die die Liebe lieben, Aber nicht den Gegenstand; Schmetterlinge, bunte Gaukler, Die die keusche Rose kuessen, Aber nicht weil sie die Rose, Weil sie eine Blume ist. Bist du auch so, Stummer, Boeser? (Vom Naehrahmen eine Schaerpe nehmend.) Ich will dir die Fluegel binden, Binden--binden Trotz'ger--binden Dass kein Gott sie loesen soll! Jaromir. Suesses Wesen!-- (Sie bindet ihm die Schaerpe um.) Graf (hinueberblickend). Wie sie glueht! Wie es sie hinueberzieht! Aller Widerstand genommen Und im Strudel fortgeschwommen. Nun Wohlan, es sei! Der Himmel Scheint mir selbst den Weg zu zeigen, Den ich wandeln soll und muss. Stemmt gleich manches sich entgegen, Glimmt gleich in der tiefsten Brust Noch verborgen mancher Funke Von der einst so maecht'gen Glut. Toericht Treiben! Eitles Trachten! Der Palast ist eingesunken, Kaum noch geben seine Truemmer Eine Huette fuer mein Kind. Wohl es sei! Ach wie so schwer Loesen sich die Hoffnungen, In der Jugend Lenz empfangen, Holde Zeichen, eingegraben In des Baeumchens frische Rinde, Aus des Alters morscher Brust. Als sie mir geboren ward Und vor mir lag in der Wiege Freundlich laechelnd, schoen und hold, Wie durchlief ich im Gedanken Die Geschlechter unsers Landes, Sorgsam waehlend, kindisch suchend Nach dem kuenftigen Gemahl. Fand den Hoechsten noch zu niedrig, Kaum den Besten gut genug: Damit ist's nun wohl vorbei! Ach, ich fuehl es wohl, wir scheiden Kaum so schwer von wahren Freuden, Als von einem schoenen Traum! Berta (an der Schaerpe musternd). Halt mir still, du Ungeduld'ger! Graf. Und ziemt mir so ekles Waehlen? Wenn es wahr was er gesprochen, Was im Nebel der Erinnrung Aus der fernen Jugendzeit Unbestimmt, in sich verfliessend Meine Stirn vorueberschwebt; Wenn sie wahr die alte Sage, Dass der Name, den ich trage, Der mein Stolz war und mein Schmuck, Nur durch tief geheime Suenden-- Fort Gedanke!--Ha, und doch, und doch! Berta (ihr Werk betrachtend). So nun steht es schoen und gut. Aber nun sei mir auch freundlich, Dass mich nicht die Arbeit reue! Graf. Jaromir! Jaromir (aufgeschreckt). Was!--Ihr Herr Graf! Graf. Noch bist du uns Kunde schuldig Von den Deinen, deiner Abkunft. Jaromir von Eschen heisst du, Fern am Rhein wardst du geboren, Dienste suchst du hier im Heer, So erzaehlte mir mein Maedchen, Aber weiter weiss ich nichts. Jaromir. Ist doch weiter auch nichts uebrig. Maechtig waren meine Ahnen, Reich und maechtig. Arm bin ich. Arm, so arm, dass wenn dies Herz, Ein entschlossner kraeft'ger Sinn Und ein schwergepruefter, doch vielleicht Grade darum festrer Wille Nicht fuer etwas gelten koennen, Ich nichts habe und nichts bin. Graf. Du sagst viel mit wenig Worten. Also recht! Du bist mein Mann! Sieh, mein Sohn, ich bin ein Greis. Die Natur winkt mir zu Grabe, Und ein dunkel, dumpf Gefuehl Nennt mir nah des Lebens Ziel. Nie hab ich dem Tod gezittert, Und auch jetzt schreckt er mich nicht. Doch dies Maedchen, sie mein Kind. Koenntest du in meinen Traenen, Hier in meinem Herzen lesen Was sie alles mir gewesen, Du verstuendest meinen Schmerz. Dass ich sie allein muss lassen In der unbekannten Welt, Macht dem Tode mich erblassen, Das ist's was so tief mich quaelt. Sohn, auf dich ist ihrer Neigung Schlaferwachtes Aug' gefallen; Du weisst ihren Wert zu schaetzen, Weisst zu schuetzen was dir wert; Du gabst einmal schon dein Leben Und wirst's freudig wieder geben, Wenn das Schicksal winkt, fuer sie. Dir vertrau ich dieses Kleinod, Sohn du liebst sie? Jaromir. Wie mein Leben! Graf. Und du ihn? Berta. Mehr als mich selbst. Graf. Moeg' denn Gottes Finger walten! Nimm sie hin, die du erhalten! (Schlaege ans Haustor.) Graf. Was ist das?--Wer naht so spaet Noch sich dieses Schlosses Toren! Berta. Gott, wenn etwa-- Graf. Sei nicht kindisch. Glaubst du wohl, verdaechtig Volk Wage sich an feste Schloesser, Wohlverwahrt und wohlbemannt. Guenther (koemmt). Herr, ein koeniglicher Hauptmann An der Spitze seines Haufens Bittet Einlass an der Pforte. Graf. Wie? Soldaten? Guenther. Ja, Herr Graf. Graf. Weiss ich gleich nicht was sie suchen, Oeffne ihnen schnell die Pforten, Stets willkommen sind sie mir. (Guenther geht.) Graf. Was fuehrt den hierher zu uns? Und in dieser Stunde? Gleichviel. Wird doch seine Gegenwart Wohl die Stunden uns befluegeln Dieser peinlich langen Nacht. Berta. Jaromir, geh doch zu Bette. O du bist noch gar nicht wohl! Sieh, ich fuehl's an diesem Zucken, An dem Stuermen deiner Pulse, Dass du krank, bedenklich krank! Jaromir. Krank? ich krank? Was faellt dir ein! Stuermen gleich die raschen Pulse, Grad im Sturme ist mir wohl! (Guenther oeffnet die Tuere. Der Hauptmann tritt ein.) Hauptmann. Ihr verzeihet, mein Herr Graf, Dass ich noch in spaeter Nacht Eures Hauses Ruhe stoere. Graf. Wer des Koenigs Farben traegt Dem ist stets mein Haus geoeffnet; Euch, mein Herr, auch ohne sie. Hauptmann. Hier gruess ich wohl Eure Tochter? Graf. Ja, es ist mein einzig Kind. Hauptmann. Wie soll ich mich hier entschuld'gen? Doch bringt meine Ankunft Schrecken, Soll sie Schrecken auch zerstreun. Jene maecht'ge Raeuberbande, Die die Geissel dieser Gegend-- Graf. Ja, fuerwahr, 'ne schwere Geissel! Dieses Maedchen, meine Tochter, Dass sie lebt noch, dass sie ist, Dankt sie nur dem kuehnen Mute Ihres wackern Braeutigams Jaromir von Eschen hier. Ja er selbst, noch diese Nacht Ward im Forst er ueberfallen, Seine Diener ihm erschlagen, Kaum entging er gleichem Los. Hauptmann. Diese Nacht? Jaromir. Ja, diese Nacht. Hauptmann. Und wann-- Jaromir. Vor drei Stunden etwa! Hauptmann (ihn ins Auge fassend, dann zum Grafen). Euer Eidam? Graf. Ja, mein Herr. Hauptmann. Reistet Ihr ein Stuendchen spaeter War euch jene Angst erspart. (Zu den uebrigen.) Fuerder moegt Ihr ruhig sein Und nichts Arges mehr befahren, Denn die Euer Schrecken waren, Jene Raeuber, sind nicht mehr! Lange schon auf ihren Fersen, Ueberfielen wir sie heute. Nach beherztem, blut'gem Streite Trat der Sieg auf unsre Seite Und die Moerderschar erlag. Teils getoetet, teils gefangen, Retteten sich wen'ge nur; Wir verfolgen ihre Spur. Graf. Nun habt Dank, ihr wackern Krieger, Habt den waermsten, besten Dank! Hauptmann. Jetzt noch nicht, bis es vollendet. Ist der Stamm gleich schon gefallen, Haften doch noch manche Wurzeln; Und ich hab mir's selbst geschworen, Als man mich zur Tat erkoren, Auszurotten diese Brut. Bauern haben ausgesagt, Dass hier in des Schlosses Naehe, In des nahen Weihers Schilf, Den verfallnen Aussenwerken Sich verdaechtig Volk gezeigt. Drum erlaubt, mein edler Graf, Dass ich hier aus Euerm Schlosse, Meiner Spaeher Suchen leite, Stets bereit nach jeder Seite Wo es Not tut abzugehn. Bald, so hoff ich, ist's vorueber. Ringsum stehen meine Posten; Wenn sich auch in Busch und Feld Einer noch verborgen haelt Sollen sie ihn tuechtig fassen, Ihm ist nur die Wahl gelassen Zwischen Ketten, zwischen Tod. Graf. Dieses Schloss ist nicht mehr mein. Bis Ihr Euer Werk vollendet, Ist es Euer, ist des Koenigs. O wie lieb ich diesen Eifer, Der das Rechte schnell ergreift Und fest haelt, was er ergriffen. Hauptmann. Nicht mehr Lob, als ich verdiene. Fuehr ich hier des Rechtes Sache Fuehr ich meine auch zugleich. Hat doch dieses Raeubervolk Mir mein Stammschloss ueberfallen, Und geraubt, gebrannt, gemordet, Dass noch jetzt bei der Erinnrung Mir das Herz im Busen bebt. O mich draengt es, zu bezahlen Was ich schwer nur schuldig bin. Ich will schonen, grimmig schonen! Nicht der Tod in Kampf und Schlacht Werde dieser Brut zu Teile, Nein, dem Rad, dem Henkerbeile Sei ihr schuldig Haupt gebracht. Berta. Nicht doch! Wollt Ihr Menschen richten, Geht als Mensch ans blut'ge Werk! Hauptmann. Haettet Ihr gesehn, mein Fraeulein, Was ich sah, mit Schauder sah, Ihr verschloesset Euer Herz, Wieset das geschaeft'ge Mitleid Gleich 'nem unverschaemten Bettler Von der streng geschlossnen Tuer. Jene rauchenden Ruinen, Von der Flamme Glut beschienen, Greise zagend, Weiber klagend, Kinder weinend An erschlagner Muetter Bruesten Durch die leergebrannten Wuesten. Und dazu nun der Gedanke, Dass die Geldgier, dass die Habsucht Wen'ger feiger Boesewichter-- Jaromir (vortretend und ihn hart anfassend). Wollt Ihr dieses holde Wesen, Ihrer Seele schoenen Spiegel, Der auf seiner klaren Flaeche Rein die Schoepfung stellet dar, Weil er selber rein und klar, Mit der Rachsucht gift'gem Hauch, Mit des Hasses Atem trueben! Lasst sie suesses Mitleid ueben, Und in dem Gefallnen auch Den gefallnen Bruder lieben. O es laesst der Binse wohl Der gebrochnen Eiche spotten! Hauptmann. Rasch ins Feuer, wenn sie brach. Jaromir. Eure Zunge richtet scharf; Doch was vorschnell sie gesuendigt Macht der Arm wohl zoegernd gut. Hauptmann. Ha, wie nehm ich diese Worte? Jaromir. Nehmt sie, Herr, wie ich sie gab. Hauptmann. Waer' es nicht an diesem Orte-- Jaromir. Legtet Ihr den Trotz wohl ab! Hauptmann. Warm seh ich Euch Raeubern dienen! Jaromir. Wer in Not ist, zaehl' auf mich! Hauptmann. Nah der Beste unter ihnen-- Hauptmann. Ruft ihn! Vielleicht stellt er sich! Graf. Jaromir, was muss ich hoeren! Fuehrt der Eifer dich so weit. Magst du meinen Gast beleid'gen, Kannst du Menschen wohl verteid'gen, Welche selber sich verdammt. Doch was gilt's, trotz dieser Hitze Hab ich richtig dich erkannt, Braucht es wen'ge Worte nur Und dem Fehlgriff folgt die Reue, Ja du folgst uns selbst ins Freie Auf der Boesewichter Spur. Jaromir. Ich? Graf. Ja, du! Jaromir. Ich, nimmermehr! Wie? Ich sollte einen Armen, Einen Stiefsohn des Geschicks, Den die unnatuerlich harte Mutter Stiefgesinnt hinausgetrieben, Fern von Wesen seiner Art Zu des Waldes Nachtrevieren Wo im Kreis von Raubgetieren Selber er zum Raubtier ward, Wie, ich sollt' ihm, wenn er naht, Alles bietend was er hat, Mit der Reue herben Zeichen, Statt der Hand, um die er bat, Meinen blut'gen Degen reichen? Wer tut das, und ist ein Mann? Einen Feind mir, der noch ficht, Doch zum Haescher taug ich nicht! Graf. Und wenn ich nun selber gehe, Und, des Koenigs Lehensmann, Diese Haescher fuehre an, Wirst du folgen? Jaromir. Ihr? Graf. Ja, ich. Ich mag Menschenleben schonen, Weiss zu schaetzen Menschenwert: Doch lass uns nicht grausam sein Gegen unsre bessern Brueder Um den Schlimmen mild zu sein. Ob das Herz auch aengstlich bebe, Lass uns tun die strenge Pflicht, Und damit der Gute lebe Mit dem Moerder zum Gericht! Jaromir. Recht gesprochen! Recht gesprochen! Dass die Kindlein ruhig schlafen, Mit den Hunden vor die Tuer! Mir ein Schwert! Ich will hinaus, Will hinaus auf Menschenleben! Ei, sie werden tuechtig fechten! Ist das Leben doch so schoen, Aller Gueter erstes, hoechstes, Und wer alles setzt daran, Wahrlich, der hat recht getan! Waffen, Waffen! Gebt mir Waffen! Fort, hinaus! auf Menschenleben! Lasst die Treiber fertig sein, Und dann wacker losgejagt, Bis der spaete Morgen tagt! Waffen! Waffen! Heda Waffen! Berta. Sagt' ich Euch es nicht, mein Vater? Er ist krank, gefaehrlich krank. Jaromir. Ist's doch nur gerechte Strafe! Seht doch! Konnten sie es wagen Die Verruchten, rueckzuschlagen, Da auf sie das Schicksal schlug! Menschen, Menschen!--Toller Wahn! Ausser uns wer geht uns an? Fort hinaus aus unserm Kahn, Der nur uns und Unsre fasst, Fort hinaus unnuetze Last! Wenn empor ein Schwimmer taucht, Schnell das Ruder wohl gebraucht. Weg vom Rande deine Haende, Dass sich unser Kahn nicht wende, In dem Wellenstrudel ende! Graf. Jaromir, was ficht dich an? Jaromir. Ach verzeiht! Kaum weiss ich's selber! Es ward mir die Jagdlust rege Bei der froehlichen Erzaehlung Wie die Netze sei'n gestellt Und nun bald das Wild gefaellt. Graf (zum Hauptmann). Ihr verzeihet wohl, mein Herr, Seht, der Unfall dieser Nacht, Und dann noch so manches andre, Hat sein Wesen so zerruettet, Dass er kaum er selber noch. Hauptmann. So bewegt, in dieser Stimmung Ist nicht von Beleidigung, Von Verzeihen nicht die Rede. Pflegt der Ruhe, Herr von Eschen. Unser widriges Geschaeft, Hat's gleich seine gute Seite, Taugt fuer kein bewegt Gemuet. Berta. Wohl, mein Lieber, folge mir. Jaromir. Nicht doch! Lass mich! Lass mich! Sieh, Mir ist wohl, wahrhaftig wohl. Hauptmann. Uns geziemt es vorzuschlagen, Anzunehmen steht bei Euch, Und so nehm ich denn jetzt Urlaub Zu vollenden mein Geschaeft. Graf. Doch Herr, kennt Ihr auch die Raeuber? Dass Ihr arglos stille Wandrer Nicht belaestigt ohne Not. Hauptmann. Kennen? Ich nicht. Denn im Dunkeln Ueberfielen wir sie heute, Und in Kampfes blut'gem Ringen Sieht man auf der Feinde Klingen Mehr als auf ihr Angesicht: Doch im Vorgemache draussen Harret einer meiner Leute, Der, von seinem Trupp getrennt, Einst in ihre Hand geraten, Der oft Zeuge ihrer Taten, Und die Raeuber alle kennt. Heda! Holla! (Soldat kommt.) Hauptmann. Walter komme! (Soldat ab.) Graf. Zwinge dich doch laenger nicht, Jaromir, und geh zu Bette. Leichenblass ist dein Gesicht Und aus deinem duestern Auge Blickt des Fiebers dumpfe Glut. Geh zu Bette, lieber Sohn! (Auf die Seitentuere rechts zeigend.) Hier in diesem stillen Zimmer Soll nichts deine Ruhe stoeren. Berta. Jaromir, lass dich erbitten. Jaromir. Wohl, ihr wuenscht es, und es sei! Fast fuehl ich mich selber unpass. (Das Schnupftuch an die Stirne pressend.) (Walter koemmt.) Hauptmann. Komm! Wir machen jetzt die Runde, Und du folgst mir! Walter. Wohl Herr Hauptmann. Hauptmann. Ist dir dein Gedaechtnis treu; Wirst du jeden dieser Raeuber Wieder kennen, der sich zeigt? Walter. Sicher werd ich, sorget nicht! Berta (Jaromir fuehrend). Wie du wankst! Sieh, hier hinein! (Jaromir geht durch die Seitentuere rechts ab.) Graf. So, und jetzt geht denn mit Gott! Hauptmann. Eins ist vorher noch zu tun, Meines Auftrags leichtste Haelfte, Die mir hier zur schwersten wird. Aber sei's, ich muss.--Gar manches Scheint dem Menschen ueberfluessig Und ist's dem Soldaten nicht. Mein Herr Graf, Ihr moegt erlauben, Dass ich Eures Schlosses Innres Noch vor allem erst durchforsche. Graf. Dieses? Meines Schlosses, Herr? Hauptmann. Streng gemessen ist mein Auftrag, Jede Wohnung zu durchsuchen, Wem sie sei, wem sie gehoere, Nach der fluecht'gen Raeuber Spur. Mag ich ungestuem erscheinen, Ich erfuelle meine Pflicht. Und zudem, Ihr moegt verzeihen, Wer buergt Euch fuer Eure Leute? Graf. Und wer Euch, denkt Ihr, fuer mich! Hauptmann. Haett' ich wirklich Euch beleidigt, So bedenkt-- Graf. O lasst das! lasst das! Wird es mir denn nimmer klar Welcher weite Abgrund scheidet Das was ist von dem was war. Muss es mich denn immer mahnen! Ich gedachte meiner Ahnen, Deren Wort hier, weit und breit Mehr galt, als der hoechste Eid, Unter denen der Verdacht Und des Argwohns finstre Macht, Schamrot sich geweigert haetten Diese Hallen zu betreten. Doch ich bin der Letzte und ein Greis! Nun so glaubt denn Euren Augen! (Die Tueren nach der Reihe oeffnend.) Kommt und seht!--Hier dies mein Zimmer Meiner Tochter Schlafgemach (An der Tuere von Jaromirs Gemach.) Hier-- Berta. O goennt ihm Ruhe, Vater! Graf. Nun, Ihr saht ja erst vor kurzem Meinen Eidam es betreten. Hauptmann. Ihr verlangt mich zu beschaemen. Graf. Nur zu ueberzeugen, Herr! Und nun kommt! Hauptmann. Wohin? Graf. Ins Freie Mit Euch auf der Raeuber Spur. Hauptmann. Wie, Ihr wolltet? Graf. Was ich muss. Bin ich nicht Vasall des Koenigs? Und ich kenne meine Pflicht Minder nicht als Ihr die Eure. Drum ohn' eine zweite Mahnung Lasst uns gehen-- Berta. O mein Vater! So bedenkt doch! Graf. Still, mein Kind! Hier hoer ich nur eine Stimme Und die hat bereits gesprochen.-- Kommt mein Herr, und sagt dem Koenig, Dass ich Graf von Borotin Kein Genoss von Raeubern bin, Sagt, dass in des Loewen Hoehle, Statt des kraeftigen, gesunden Einen welken Ihr gefunden, Der gebeugt und hilflos zwar (aufgerichtet) Aber doch noch Loewe war. (Ab mit dem Hauptmann.) Berta. Ach er geht, er hoert nicht, geht! Laesst mich hier allein zurueck, Der Verzweiflung preisgegeben Und der Sorge Natterzahn. Soll ich fuer den Vater beben, Fuerchten was dem Trauten droht? Hab doch nur dies eine Leben Warum zweifach mir den Tod! (An der Tuere von Jaromirs Gemach) Jaromir! Mein Jaromir! Keine Antwort, alles stille, Alles schweigend wie das Grab. Wie bezaehm ich diese Angst, Wie bezaehm ich dieses Bangen, Das mir schwuel wie Wetterwolken Auf der schweren Brust sich lagert. O ich seh es in der Ferne, Es verhuellen sich die Sterne, Es erlischt des Tages Licht, Der erzuernte Donner spricht, Und mit schwarzen Eulenschwingen Fuehl ich es gehaltnen Flugs Sich um meine Schlaefe schlingen. O ich kenn dich finstre Macht, Ahne was du mir gebracht, Muss ich's vor die Seele fuehren! O es heisst, es heisst verlieren, Und des Unheils ganzes Reich Kennt kein Schrecken deinem gleich Weh! Besitzen und verlieren! Besitzen und verlieren!-- Wohin seid ihr goldne Tage? Wohin bist du, Feenland? Wo ich ohne Wunsch und Klage, Mit mir selber unbekannt, Lebte an der Unschuld Hand. Wo ein Haenfling meine Liebe, Eine Blume meine Lust, Und der schmerzlichste der Triebe Noch ein Fremdling dieser Brust. War der Himmel auch umzogen, Heiter strahlte doch mein Sinn Und auf spiegelhellen Wogen Taumelte das Leben hin. Spielend in dem Strahl der Sonne, Lockte mich des Bechers Rand, Und ich trank der Liebe Wonne Und ihr Gift aus seiner Hand. Seit sein Arm mich hat umwunden, Seit ich fuehlte seinen Kuss, Ist das Feenland verschwunden Und auf Dornen tritt mein Fuss; Dornen, die zwar Rosen schmuecken, Aber Dornen, Dornen doch, In dem gluehendsten Entzuecken Fuehl ich ihren Stachel noch. Sehnend wuensch ich seine Naehe, Und er kommt. Wie jauchzt die Braut! Doch wie ich ins Aug' ihm sehe, Werden innre Stimmen laut, Tief im Busen scheint's zu sprechen Wenn mein Blick in seinem ruht, Deine Liebe ist Verbrechen, Gottverhasst ist diese Glut. Jenes dumpfe, truebe Brueten, Seines Auges starrer Blick, Scheint Entfernung zu gebieten Und ich bebe bang zurueck. Doch will ich mich ihm entziehen, Trifft sein Blick mich weich und warm, Mit dem Willen zu entfliehen, Flieh ich nur in seinen Arm, Und wie der Charybde Tosen, Erst von sich stoesst Schiff und Mann, Dann verschlingt die Rettungslosen, Stoesst er ab und zieht er an. Wer mag mir das Raetsel loesen? Ist es gut; warum so bang? Ach und fuehret es zum Boesen; Woher dieser Himmelsdrang? (Mit ausgebreiteten Armen.) Kann mein Flehen dich erreichen, Unerklaerbar hohe Macht, Die ob diesem Hause wacht, So gib gnaedig mir ein Zeichen, Einen Leitstern in der Nacht! Ist es Tod--(Es faellt ein Schuss.) Ha!--Was war das?--Ein Schuss! Deut ich es das grause Zeichen? Ward mein frevler Wunsch erhoert?-- Weh mir!--Weh!--Ich bin allein!-- Ha, allein?--Was streifte da Kalt und wehend mir vorueber!-- Bist du's geist'ge Suenderin?-- Ha, ich fuehle deine Naehe, Ha, ich hoere deinen Tritt! (An der Tuere von Jaromirs Gemach.) Jaromir, wach auf, wach auf! Schuetze deine Berta!--Jaromir! Nur ein Wort, nur einen Laut, Dass du wachst, dass du mich hoerst, Dass ich nicht allein!--Bei dir!-- Schweigst du?--Ha ich muss dich sehen, Dich umfangen, dich umschlingen, Sehen, fuehlen dass du lebst. (Oeffnet die Tuere und stuerzt hinein. Es faellt noch ein Schuss. Heraustaumelnd.) Haltet ein! O haltet ein! Alles leer!--das Fenster offen! Er ist fort!--ist tot! tot!--tot! Ende des zweiten Aufzuges Dritter Aufzug Halle wie in den vorigen Aufzuegen. Berta (sitzt am Tische, den Kopf in die Hand gestuetzt). Liebe das sind deine Freuden, Das Besitz ist deine Lust? Wie sind dann der Trennung Leiden, Und wie martert der Verlust? (Sinkt in ihre vorige Stellung zurueck.) (Pause--Jaromir oeffnet die Seitentuere rechts, und will schnell zurueck da er jemanden erblickt.) Berta. Jaromir!--Du weichst zurueck? Weichst vor mir zurueck?--O bleib! Wie hab ich um dich gezittert, O Geliebter, wie gebebt! Sprich, wie fuehlst du dich? Jaromir (scheu und duester). Gut! Gut! Berta. Gut? O dass ich's glauben koennte! Jaromir, wie siehst du bleich! Gott! Am Arm die Binde-- Jaromir. Binde? Berta. Hier! Jaromir. Ei Scherz! Berta. Ein blut'ger Scherz! Sieh das Blut hier an dem Aermel. Jaromir. Hat's geblutet? Possen, Possen! Berta. Reiss mich doch aus dieser Angst! Wo wardst du, und wie verwundet? (Ihre Augen begegnen den seinigen, er wendet sich schnell ab.) Berta. Du erbebst? du kehrst dich ab? Jaromir (einige Schritte sich entfernend). Nein ich kann nicht, kann nicht, kann nicht! Seh ich diese reinen Zuege, Senkt zu Boden sich mein Blick Und der finstre Geist der Luege Kehrt zur finstern Brust zurueck. Hoelle! eh' du das begehrst, Lass zuvor dies Herz sich wandeln, Und soll ich als Teufel handeln, Mache mich zum Teufel erst! Berta. Jaromir, ich lass dich nicht! Steh mir Rede, gib mir Antwort! Wo wardst du und wie verwundet? Jaromir (mit gesenktem Aug'). Schlafend ritzt' ich mich am Arme. Berta. Schlafend? Du hast nicht geschlafen! Sieh, ich war in deiner Kammer, Du warst fort, das Fenster offen! Jaromir (erschreckend). Ha! Berta. Geliebter, lass mich's wissen! O du weisst nicht, welche Bilder Schwarz vor meine Seele treten. Heiss sie weichen! Heiss sie fliehn! Wo wardst du, und wie verwundet? Jaromir (mit Bedeutung). Du begehrst's, so sei es denn! (Mit Absaetzen.) Angelangt in meiner Kammer Hoert' ich schiessen, klirren, schreien-- Deinen Vater wusst' ich unten-- Wollte helfen--schuetzen--retten-- Weiss kaum selbst mehr was ich wollte. (Gefasster.) Wie ich nun so sinnend stehe, Da gewahr ich einer Linde, Die die frostentlaubten Aste Bis zu jenem Fenster streckt. Ich ergriff die starken Zweige, Die sie hilfreich bot, und steige, Unbesonnen, unbedacht Rasch hinunter in die Nacht. Hundert Schritte kaum gegangen-- Faellt ein Schuss--Ob Freund ob Feind-- Weiss ich nicht--genug--er traf. Da erwacht' ich zur Besinnung, Sah mit Schreck was ich gewagt. Weiter gehen schien gefaehrlich, Drum eilt' ich zurueck zur Linde, Die herab mir half, und finde Auch den Rueckweg so zurueck. Berta. Und bei allen dem befiel dich Auch nicht ein, nicht ein Gedanke Nur an mich, an meinen Schmerz. Einem Einfall hingegeben, Wagtest lieblos du dies Leben Das zugleich das meine ist. O du fuehlst nicht so wie ich! Wenn dich gleiche Sehnsucht triebe, Wuesstest du wohl, dass die Liebe Auch das eigne Leben ehrt, Weil's dem Teuern angehoert. Jaromir (an seinem verwundeten Arm zerrend). Tobe, tobe, heisser Schmerz, Uebertaeube dieses Herz! Berta. Warum zerrst du so am Arme? Deine Wunde-- Jaromir. Ist verbunden! Berta. Rauh die Schaerpe umgewunden! Harter, fuehle meine Schmerzen, Wenn du deine auch nicht fuehlst. Hier ist Balsam--hier ist Linnen-- Mir den Arm! Ich will ihn heilen. Reich mir ihn; ich will versuchen, Ob es mir vielleicht gelingt, Einen jener lieben Blicke, Ein Geschenk in schoenern Tagen, Jetzt als Lohn davonzutragen. Jaromir, ich will's versuchen, Ob die Hand hier mehr erreicht, Als dies Herz voll heisser Triebe, Ach und ob dein Dank vielleicht Reicher ist, als deine Liebe, (Die Schaerpe abloesend.) Sieh doch nur, die schoene Schaerpe, Die ich muehevoll gestickt, Und auf die, statt reicher Perlen, Manche Traene frommer Liebe, Dir einst teurer Schmuck, gefallen, Sieh, wie ist sie doch zerrissen. Ach zerrissen, wie mein Herz! (Sie verbindet ihn. Die Schaerpe faellt vor ihr auf den Boden hin.) Berta. Immer stumm noch, immer duester! Ach du bist so sonderbar. Im Gesichte wechselt Glut Mit des Todes fahler Farbe, Gichtrisch zuckt der bleiche Mund Und dein Aug' sucht scheu den Grund. Gott, du schreckst mich! Jaromir (wild). Schreck ich dich? Berta. Guet'ger Himmel, was war das? Jaromir. Horch!--Im Vorsaal--Hoerst du? Tritte! Fort! Berta. Bleib doch! Jaromir. Nein, nein, nein! Horch, man koemmt!--Schnell fort! fort! fort! (Eilt ins Gemach zurueck.) Berta. Ist er's noch? Ist's noch derselbe? Wie er bebte, und erblich, Wie sein Aug' zu Boden sank! Himmel! Wie er's auch verhehle, Schwer ist noch sein Koerper krank, Oder--schwerer seine Seele. Ein Soldat (koemmt, ein abgerissenes Stueck von einer Schaerpe in der Hand). Ihr verzeiht! Ist hier mein Hauptmann? Berta. Nein, mein Freund. Soldat. Wo mag der sein? Erst war er bei unsern Posten, Und jetzt nirgends aufzufinden. Glaubt' ihn schon zurueckgekehrt Um der Ruhe hier zu pflegen. Berta. Und mein Vater?-- Soldat. Ist bei ihm! Habt nicht Angst, mein holdes Fraeulein. An den Raeubern ist's zu zittern, Denn wir sind auf ihrer Spur. Zielte Kurt ein bisschen schaerfer, Oder hatt' ich bessres Glueck, War der Raeuberhauptmann unser. Ja der Hauptmann! Staunt nur Fraeulein. Ei, ich war ihm nah genug Um ihn wieder zu erkennen! Wie er da so um die Mauern Und durch die Gebuesche kroch, Da schoss Kurt nach ihm, und brav, Denn, bei meiner Treu, es traf, Hier, am Arme. Berta. Gott!--Am Arme? Soldat. Ja, am Arm, 's floss Blut darnach. Taumelnd wankt' er hart und schwer, Und es wollt' uns fast beduenken, Jetzt muess' er zu Boden sinken. Wie ich ihn so wanken sehe, Ich hervor, und auf ihn hin. Hart fasst' ich ihn an am Guertel Und am Hals mit starker Hand, Trotz dem Straeuben, trotz dem Ringen, Meint' es muesse mir gelingen: Doch bald war er aufgerafft, Packte mich mit Riesenkraft, Wie ich mich verzweifelt wehrte, Musst' ich dennoch auf die Erde Und der Hoellensohn verschwand. Ob wir rasch gleich nach ihm setzen, All umsonst, und dieser Fetzen, Blieb statt ihm in meiner Hand. (Das Stueck der Schaerpe hinhaltend.) Berta (es erkennend). Ha! (Sie laesst ihr Schnupftuch auf die Erde fallen, so dass es die am Boden liegende Schaerpe bedeckt, und steht zitternd.) Soldat. Ei ja mein schoenes Fraeulein. Glaubt, fuerwahr es ist kein Scherz Dem da in den Weg zu treten. Ich war lang in seinen Klauen, Und noch jetzt denk ich mit Grauen, Mit Entsetzen jener Zeit. Wenn er so nach seiner Weise Stand in der Gefaehrten Kreise, Mit dem dunkel gluehnden Blick, Wie da nicht ein Laut entschwebte, Und der Mutigste selbst bebte, Und der Ungestuemste schwieg. Bis er maechtig dann begann: Frisch Genossen, drauf und dran! Jeder zu den Waffen eilte, Und der wilde Haufen heulte, Dass es bis gen Himmel drang Und die Gegend rings erklang. Und dann fort der ganze Tross, Er vorauf auf schwarzem Ross, Wie des Teufels Kampfgenoss, Heiss von Wut und Rachgier gluehend, Blitze aus den Augen spruehend. Wo der Haufe sich liess sehen War's um Menschenglueck geschehen; Nichts verschonte ihre Wut, Alles nieder! Menschenblut Rauchte auf der oeden Staette Mit den Truemmern um die Wette. Schaudert ihr? Es ist darnach. Doch gekommen ist der Tag, Wo auch ihnen wird ihr Lohn Und der Henker wartet schon. Berta. Weh! Soldat (den Fetzen auf den Tisch werfend). Da lieg unnuetzes Stueck. Will noch mal hinaus zum Tanz, Und was gilt's, ich bring ihn ganz! Gott befohlen, schoenes Fraeulein! (Ab.) Berta. Weh mir weh!--Es ist geschehn! (In den Sessel stuerzend, und die Haende vors Gesicht schlagend.) Jaromir (die Tuere oeffnend). Ist er fort?--Was fehlt dir Berta? Berta (deutet mit abgewandten Blicken auf das am Boden liegende Schnupftuch hin). Jaromir (es aufhebend). Meine Schaerpe! Berta (haelt ihm das abgerissene Stueck vor, mit bebender Stimme). Raeuber! Jaromir (zuruecktaumelnd). Ha! Nun wohlan, es ist geschehn! Wohl, der Blitzstrahl hat geschlagen, Den die Wolke lang getragen, Und ich atme wieder frei. Fuehl ich gleich es hat getroffen, Ist vernichtet gleich mein Hoffen, Doch ist's gut, dass es vorbei! Jene Binde musste reissen Und verschwinden jener Schein; Soll ich zittern das zu heissen, Was ich nicht gebebt zu sein? Nun braucht's nicht mehr zu betruegen, Fahret wohl ihr feigen Luegen, Ihr wart niemals meine Wahl: Dass ich es im Innern wusste, Und es ihr verschweigen musste, Das war meine gift'ge Qual. Wohl, der Blitzstrahl hat geschlagen, Das Gewitter ist vorbei; Frei kann ich nun wieder sagen Was ich auf der Brust getragen, Und ich atme wieder frei.-- Ja ich bin's, du Ungluecksel'ge, Ja ich bin's, den du genannt! Bin's den jene Haescher suchen, Bin's dem alle Lippen fluchen, Der in Landmanns Nachtgebet Hart an an dem Teufel steht; Den der Vater seinen Kindern Nennt als furchtbares Exempel, Leise warnend: Huetet euch, Nicht zu werden diesem gleich! Ja ich bin's, du Ungluecksel'ge, Ja ich bin's, den du genannt! Bin's den jene Waelder kennen, Bin's den Moerder: Bruder nennen, Bin der Raeuber Jaromir! Berta. Weh mir, wehe! Jaromir. Bebst du Maedchen? Armes Kind, schon bei dem Namen Fasst es dich mit Schauder an? Lass dich nicht so schnell betoeren, Was du schauderst anzuhoeren, Maedchen, das hab ich getan! Dieses Aug', des deinen Wonne, War des Wanderers Entsetzen; Diese Stimme, dir so lieblich, War des Raeuberarms Gehilfin Und entmannte bis er traf; Diese Hand, die sich so schmeichelnd In die deinige getaucht, Hat von Menschenblut geraucht! Schuettle nicht dein suesses Haupt, Ja ich bin's, du Ungluecksel'ge! Weil die Augen Wasser blinken, Weil die Arme kraftlos sinken, Weil die Stimme bebend bricht, Glaubst du, Kind, ich sei es nicht? Ach der Raeuber hat auch Stunden, Wo sein Schicksal, ganz empfunden, Solche Tropfen ihm erpresst. Berta, Berta, glaube mir, Dessen Augen jetzt in Weinen Fruchtlos suchen nach den deinen, Ist der Raeuber Jaromir! Berta. Himmel! Fort! Jaromir. Ja du hast recht! Fast vergass ich wer ich bin! Feige Traenen fahret hin! Darf ein Raeuber menschlich fuehlen? Darf sein heisses Auge kuehlen Einer Traene koestlich Nass? Fort! Von Menschen ausgestossen, Sei dir auch ihr Trost verschlossen, Dir Verzweiflung nur und Hass! Wie ich oft mit mir gestritten, Wie gerungen, wie gelitten, Darnach fraegt kein Menschenrat. Vor des Blutgerichtes Schranken Richtet man nicht die Gedanken, Richtet man nur ob der Tat! Nun, so weiht mich eurem Grimme, Willig steig ich aufs Schafott, Doch zu dir ruft meine Stimme, Auf zu dir du heil'ger Gott! Du hoerst guetig meine Klagen, Dir Gerechter will ich's sagen, Was mein wunder Busen hegt, Du, mein Gott, wirst gnaedig richten, Und ein Herz nicht ganz vernichten, Das in Angst und Reue schlaegt. Unter Raeubern aufgewachsen, Gross gezogen unter Raeubern, Frueh schon Zeuge ihrer Taten, Unbekannt mit milderm Beispiel, Mit dem Vorrecht des Besitzes, Mit der Menschheit suessen Pflichten, Mit der Lehre Lebenshauch, Mit der Sitte heil'gem Brauch; Wirst du wohl den Raeuberssohn, Wirst Gerechter ihn verdammen, Menschenaehnlich, schroff und hart, Wenn er selbst ein Raeuber ward! Ihn verdammen, wenn er uebte, Was die taten, die er liebte, Und an seines Vaters Hand, Dem Verbrechen sich verband. Weisst du doch, wie beim Erwachen Aus der Kindheit langem Schlummer, Er mit Schrecken sich empfand, Seinem schwarzen Lose fluchte, Zweifelnd einen Ausweg suchte, Suchte, Himmel, und nicht fand. Weisst du doch, wie seit den Stunden, Als ich sie, ich sie gefunden, Die mich nun bei dir verklagt, Meinem wuesten Tun entsagt; Weisst du--Doch wozu die Worte! Wie mein Herz auch schwellend bricht, Bleibt versperrt des Mitleids Pforte, Du weisst alles, ew'ges Licht, Und die Harte hoert mich nicht. Ab von mir bleibt sie gewendet.-- Nun wohlan, so sei's vollendet! Ach, geendet ist's ja doch! Ob mein Blut die Erde roetet: Hat doch sie mich schon getoetet, Henker, sprich! Was kannst du noch? (Geht rasch der Tuere zu.) Berta (aufspringend). Jaromir!--Halt ein! Jaromir. Was hoer ich? Das ist meiner Berta Blick! Ihre Stimme toent mir wieder, Und auf goldenem Gefieder Kehrt das Leben mir zurueck. (Auf sie zueilend.) Berta! Berta! Meine Berta! Berta. Lass mich! (Sie eilt fliehend gegen den Vorgrund. Jaromir erreicht sie und fasst ihre Hand, die sie nach einigem Widerstreben in seiner laesst. Sie steht mit abgewandtem Gesichte.) Jaromir. Nein, ich lass dich nicht! Ach soll denn der Ungluecksel'ge, Kaum dem Schiffbruch nur entgangen, Dem die Kraft schon schwindend sinkt, Treibend auf der Wasserwueste, Denn umklammern nicht die Kueste, Die ihm reich entgegenblinkt? Nimm mich auf, o nimm mich auf! Was aus meinem fruehern Leben Noch mir hafte, noch mir bliebe, Alles, bis auf deine Liebe, Als unwuerdig deinem Blick, Stoss ich's in die Flut zurueck; Als ein neues, reines Wesen, Wie aus meines Schoepfers Hand, Lieg ich hier zu deinen Fuessen Um zu lernen, um zu buessen. (Ihre Kniee umfassend.) Nimm mich auf! O nimm mich auf! Mild, wie eine Mutter, leite Mich, dein Kind, wie's dir gefaellt, Dass mein Fuss nicht strauchelnd gleite In der neuen, fremden Welt. Lehr mich deine Wege treten, Glueck gewinnen, Glueck und Ruh', Lehr mich hoffen, lehr mich beten, Lehr mich heilig sein wie du! Berta, Berta, und noch immer, Und noch immer faellt kein Blick Auf den Flehenden zurueck? Meine Berta, sei nicht strenger, Als der strenge Richter, Gott; Der mit seiner Sonne Strahlen In des Suenders letzten Qualen Noch vergoldet das Schafott.-- Ha ich fuehle--dieses Beben-- Ja--du bist mir rueckgegeben! (Die schwach sich Straeubende in seine Arme ziehend.) Berta! Maedchen! Gattin! Engel! (Aufspringend.) Stuerze jetzt die Erde ein! Ist doch hier der Himmel mein! Berta. Jaromir, ach Jaromir! Jaromir. Fort jetzt Traenen, fort jetzt Klagen! Mag das Schicksal immer schlagen, Wenn dein Arm mich, Teure, haelt, Trotz ich einer ganzen Welt. Meine Schuld ist ausgestrichen, Jubelnd bin ich mir's bewusst, Und Gefuehle, laengst verblichen, Bluehen neu in dieser Brust. Wieder bin ich aufgenommen In der Menschheit heil'gem Rund, Und des Himmels Geister kommen Segnend den erneuten Bund. Unschuld mit dem Lilienstengel, Liebe mit der goldnen Frucht, Hoffnung, jener Friedensengel, Der sich jenseits Kronen sucht. Nun stuermt immer, wilde Wogen, Schwellt in himmelhohen Bogen, In des Hafens sichrer Hut Lach ich der ohnmaecht'gen Wut. Und nun hoere, meine Berta! Lange noch eh' ich dich kannte, Dacht ich schon auf kuenft'ge Flucht. Weit von hier, am fernen Rhein Ist ein Schloss, ein Guetchen mein, Gelder, Wechsel stehn bereit, Fertig wie mein Wink gebeut. Dorthin, wo mich niemand kennt, Wo man mich: von Eschen nennt, Nach dem stillen Guetchen hin, Dahin, Berta, lass uns fliehn. Dort fang ich auf neuer Bahn Auch ein neues Leben an, Und nach wenig kurzen Jahren, Duenkt uns was wir frueher waren Wie ein altes Maerchen, kaum Klarer als ein Morgentraum. Berta. Fliehen soll ich? Jaromir. Kann ich bleiben? Kann ich fliehen ohne dich? Berta. Und mein Vater? Jaromir. Weib, und ich? Wohl so bleib, auch ich will bleiben! Hier, hier sollen sie mich finden, Fassen, wuergen, fesseln, binden, Hier vor deinem Angesicht. Wohl, so bleib du gute Tochter, Pflege deinen grauen Vater, Fuehr lustwandelnd ihn hinaus, Hin zu jener schwarzen Staette, Wo auf sturmdurchwehtem Bette Im durch dich vergossnen Blut Dein ermordet Liebchen ruht. Zeig ihm dann am Rabensteine Jene modernden Gebeine-- Berta. Ach, halt ein! Jaromir. Du willst? Berta (halb ohnmaechtig). Ich will! Jaromir. So hab Dank, hab Dank, mein Leben! Schnell jetzt fort, ich kann nicht weilen; Hier wird mich ihr Arm ereilen, Meine Spur ist schon entdeckt. Dieses Schloss wird man durchspueren, Sie durch die Gemaecher fuehren Denn ihr Argwohn ist geweckt. Abwaerts suchen jetzt die Spaeher, Dieses Schlosses Aussenwerke, Seine halbverfallnen Gaenge Sind dem Raeuber laengst bekannt. Dorthin will ich mich verbergen, Bis der Augenblick erscheint, Der auf ewig uns vereint. Wenn erschallt die zwoelfte Stunde Und kein lebend Wesen wacht, Nah ich leise, leis im Bunde Mit der stillen Mitternacht. Im Gewoelbe, wo in Reihen Deiner Vaeter Saerge stehn, Fuehrt ein Fenster nach dem Freien, Dort, mein Kind, sollst du mich sehn-- Und schnell eil ich, wenn das Zeichen Von der lieben Hand erschallt, Schnell dahin, wo unter Leichen, Mir dies liebe Leben wallt. Dort an deiner Vaeter Saergen, Die Verdacht und Argwohn fliehn, Soll die Liebe sich verbergen, Und dann schnell ins Weite hin! Also kommst du? Berta (leise). Ja, ich komme! Jaromir. Also willst du? Berta. Ja, ich will! Jaromir. Jetzt leb wohl, denn ich muss fort; Dass sie uns nicht ueberraschen. Lebend soll man mich nicht haschen. Doch noch eins! Kind, schaff mir Waffen! Berta. Waffen? Waffen? Nimmermehr! Dass du von Gefahr gedraengt, Selber nach dem eignen Leben-- Jaromir. Sei nur unbesorgt, mein Kind. Seit ich weiss wie du gesinnt, Seit ich deinen Schwur gehoert, Hat mein Leben wieder Wert. Auch beduerft' es nicht der Waffen. Um mir Freiheit zu verschaffen, Waer' dies Flaeschchen wohl genug. Berta. Fort dies Flaeschchen! Jaromir. Kind, warum? Berta. Glaubst du denn, mir wuerde Ruh', Glaubst ich koennt' es bei dir wissen Ohne dass mein Herz zerrissen? Jaromir. Macht's dich ruhig, nimm es hin! (Das Flaeschchen auf den Tisch werfend.) Doch nun schaff mir Waffen, Waffen! Berta. Waffen? Ach woher? Jaromir. Ei haengt nicht, Haengt denn nicht an jener Mauer Dort ein Dolch? Berta. Ach lass ihn, lass ihn! Zieh ihn nicht aus seiner Scheide, Unglueck haengt an dieser Schneide. Von dem Dolche, den du siehst, Ward der Ahnfrau unsers Hauses Einst in ungluecksel'ger Stunde Eingedrueckt die Todeswunde. Als ein Zeichen haengt er da Von dem naechtlichen Verhaengnis Das ob unserm Hause bruetet. Blut'ges hat er schon gesehn, Blut'ges kann noch jetzt geschehn! (Die Ahnfrau erscheint hinter den beiden, die Haende, wie abwehrend, gegen sie ausgestreckt.) Berta. Was starrst du so graesslich hin? Mann du zitterst? Ich auch bebe! Grabesschauer fasst mich an, Leichenduft weht um mich her! (Sich an ihn schmiegend.) Ich erstarre! Ich vergehe! Jaromir. Lass mich!--Diesen Dolch da kenn ich! Berta. Bleib zurueck! Beruehr ihn nicht! Jaromir. Sei gegruesst, du hilfreich Werkzeug! Ja du bist's, fuerwahr du bist's! Wie ich dich so vor mir sehe Tauchen ferner Kindheit Bilder, Lang verborgen, lang entzogen Von des Lebens wilden Wogen, Wie der Heimat blaue Berge, Auf aus der Erinnrung Flut.-- An dem Morgen meiner Tage Hab ich dich schon, dich gesehn. Seitdem durch die Nacht des Lebens Schwebtest du mir graesslich vor Wie ein blutig Meteor. In der flucherfuellten Nacht, Als ich auf der ersten Stufe Meinem furchtbaren Berufe Scheu die Erstlinge gebracht, Da sah ich mit bleichem Schrecken In der Wunde, die ich schlug, Statt des Dolches, den ich trug, Deine, deine Klinge stecken. Und seit jenem Schreckenstag Blieb dein Bild mir immer wach! Sei gegruesst, du hilfreich Werkzeug! Lockend seh ich her dich blinken, Und mein Schicksal scheint zu winken. Du bist mein! Drum her zu mir! (Drauf los gehend.) Berta (zu seinen Fuessen). Ach, halt ein! Jaromir (immer unverwandt auf den Dolch blickend). Weg da!--Zurueck! (Er nimmt den Dolch. Die Ahnfrau verschwindet.) Jaromir. Was ist das? Was ist geschehn? Als du dort noch flimmernd hingst, Schien von deiner blut'gen Schneide Auszugehn ein gluehend Licht, Das durch der Vergangenheit Nachtumhuellte Nebeltaeler, Scheu, mit mattem Strahle flammte. Und Gestalten, oft gesehn, Wie in einem fruehern Leben Fuehlt' ich ahnend mich umschweben. Diese Hallen gruessten mich Dies Geraet schien mir zu winken, Und in meines Busens Gruenden Schien ich mir mich selbst zu finden. Und jetzt ausgeloescht, verweht, Wie ein Blitzstrahl kommt und geht. Berta. Diesen Dolch! O leg ihn hin! Jaromir. Ich, den Dolch? Nein, nimmermehr! Er ist mein, ist mein, ist mein! Ei fuerwahr ein tuechtig Eisen! Wie ich ihn so pruefend schwinge Wird mit eins mir guter Dinge Und mein innres Treiben klar. Wen's mit dir, mein guter Stahl, Mir gelingt so recht zu fassen, Der wird mich wohl ziehen lassen Und koemmt nicht zum zweitenmal. Nun leb wohl, leb wohl mein Kind! Mutig! Froh! Die Zukunft lacht! Und gedenk!--Um Mitternacht! (Mit erhobenem Dolche ins Seitengemach ab.) Ende des dritten Aufzuges Vierter Aufzug Halle wie in den vorigen Aufzuegen. Lichter auf dem Tische. Berta sitzt, den Kopf in die flachen Haende und diese auf den Tisch gelegt. Guenther (kommt). Ihr seid hier, mein gnaed'ges Fraeulein? Moegt Ihr weilen so allein In den duesteren Gemaechern Und in dieser, dieser Nacht? Wahrlich, eine schreckenvollre Hat dies Aug' noch nie gesehn. Wimmernd heult der Sturm von aussen Und im Innern schleicht Entsetzen Sinnverwirrend durch das Schloss. Auf den dunkeln Stiegen rauscht es, Durch die oeden Gaenge wimmert's, Und im Grabgewoelbe drunten Poltert's mit den morschen Saergen, Dass das Hirn im Kreise treibt Und das Haar empor sich straeubt. Manches steht uns noch bevor, Wandelt doch die Ahnfrau wieder; Und man weiss aus alten Zeiten, Dass das Grosses zu bedeuten, Schweres anzukuenden hat, Unglueck oder Freveltat! Berta. Unglueck oder Freveltat? Unglueck, ach und Freveltat.-- Reichte nicht das Unglueck hin Dieses Dasein zu vernichten, Warum noch den schweren Frevel Laden auf die wunde Brust? Warum, du gerechtes Wesen, Noch mit des Gewissens Fluch Deinen harten Fluch verschaerfen? Warum, Gott, zwei Blitze werfen, Wo's an einem schon genug? Guenther. Ach, und Euer grauer Vater Draussen in dem Wintersturm Blossgestellt der Wut des Wetters Und der blut'gen Raeuber Dolch! Berta. Dolch?--Was sagst du?--Welcher Dolch? Gab ich? Nahm er nicht? Guenther. Liebes Fraeulein, Lasst den Mut nicht ganz entweichen! Alle diese trueben Zeichen Sind ja doch nur Wetterwolken, Die des Sturmes Nahn verkuenden: Doch nicht alle Donner zuenden, Und des Blitzes gluehnder Brand Liegt in Gottes Vaterhand. Berta. Du hast recht.--In Gottes Hand! Du hast recht!--Ja ich will beten! Er wird Hilf' und Trost verleihn; Er kann schlagen, er kann retten, Er kann strafen und verzeihn! (Am Sessel niederknieend.) Guenther (ans Fenster tretend). Es erhellet sich die Gegend, Fackeln streifen durch das Feld. Man verfolgt den Rest der Raeuber, Der sich hier verborgen haelt. Berta (knieend). Heil'ge Mutter aller Gnaden, Lass mich dir mein Herz entladen, Aus mich schuetten meinen Schmerz; Mild, mit weichem Finger streife Von der Brust den Kummer, traeufe Balsam in dies wunde Herz! Guenther. Rund herum im Kreis sie stehen, Jeder Ausweg ist verstellt. Da mag keiner wohl entgehen, Wie er sich verborgen haelt. Berta (in steigender Angst). Huell ihn ein in deinen Schleier Den Geliebten, mir so teuer, Er ist ja zurueckgekehrt! Wollest gnaedig ihn bewahren! Fuehr ihn durch der Spaeher Scharen, Fuehr ihn durch der Feinde Schwert! Guenther. Waer' doch Euer Vater hier. Dass es ihn hinausgetrieben! Waer' er doch bei uns geblieben, Wenn--mit Schaudern denk ich's mir! Berta. Schau herab vom Sternensitze, Und auch ihn, auch ihn beschuetze, Dem man schon so viel geraubt; Was den Teuern, Lieben draeuet, Sei auf dieses Haupt gestreuet, Sei gelegt auf dieses Haupt! Guenther. Jetzt scheint etwas auf gespuert! Alles eilt der Mauer zu. Setzt er sich auch noch zur Wehr, Der entkoemmt wohl nimmermehr. Berta (in hoechster Angst, fast schreiend). Wend es ab!--Ach, wende! wende! Hier erheb ich meine Haende. Oder ende!--ende!--ende! (Pause.--Beide horchen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit. Berta richtet sieh langsam auf.) Guenther. Horch!--Ein Schrei! Berta. Ein Schrei! Guenther. Wieder Stille. Berta. Wieder Stille-- Guenther. Himmel! War das nicht die Stimme? Berta. Wessen Stimme? Guenther. Fort Gedanke! Das zu denken waer' schon Tod! Berta. Wessen Stimme? Guenther. Ei nicht doch! Alle stehen sie versammelt Rings um einen Gegenstand, Der, so scheint's, am Boden liegt. Berta. Liegt? Am Boden liegt? Guenther, Ich kann Nicht hinvor bis dahin blicken, Denn des Hauses scharfer Vorsprung Hemmt die Aussicht nach der Seite. Doch duenkt mich an jener Linde, Die das Fenster dort beschattet-- Berta. An der Linde? Guenther. Ja, so duenkt mich. Berta. An der Linde?--Liegt am Boden? Guenther. Wie ich sagte. Also scheint's. Berta. Gott, mein Jaromir! Guenther. Ei Fraeulein, Der schlaeft ruhig in der Kammer. Berta. Schlaeft? Ach schlaeft um nie zu wachen! Guenther. Horch, man koemmt.--Da lasst uns fragen Was sich unten zugetragen. (Hauptmann kommt.) Hauptmann (eintretend). Heda! Betten! Tuecher! Betten! Guenther. Ach sagt an doch, edler Herr! Berta (steht bewegungslos). Hauptmann. Ihr auch hier, mein holdes Fraeulein? Darauf war ich nicht bereitet. Hilfe wollt' ich hier begehren, Nicht des Ungluecks Bote sein. Euer Vater ist-- Berta (schnell). Und Er? Hauptmann. Wer, mein Fraeulein? Berta. Und--die Raeuber? Hauptmann. Noch ist es uns nicht gelungen. Ach und Euer Vater-- Berta. Nicht?-- Nun habt Dank fuer Eure Botschaft! 2 Hauptmann. Botschaft? Welche Botschaft? Berta. Dass-- Ich erwarte wollt' ich sagen, Ich erwarte Eure Botschaft. Hauptmann. Hoert sie denn mit wenig Worten.-- Euer Vater ist verwundet. Berta. Ist verwundet? Wie, mein Vater? O ich will ihn pflegen, warten, Sorglich heilen seine Wunden, Und er soll gar bald gesunden An der Tochter frommen Brust. Hauptmann. Nun mich freut's, dass meine Botschaft, Euch gefasster, mut'ger trifft, Als ich fuerchtete und--hoffte. Guenther. Also war's doch seine Stimme! Ich will alsogleich hinaus-- Hauptmann. Bleib! Bereite lieber alles, Denn man bringt ihn schon hierher. Hart traf ihn der Stoss des Raeubers-- Berta. Ha!--des Raeubers? Hauptmann. Wohl, des Raeubers; Wessen sonst? Doch ja, Ihr wisst nicht.-- Wir durchstreiften rings die Gegend, Euern Vater in der Mitte, Denn trotz meiner warmen Bitte, Blieb er, tief die Kraenkung fuehlend, Die ich schuldlos ihm gebracht, Helfend, leitend unter uns-- Horch! Da rauscht's durch die Gebuesche, Und die Wachen rufen's an. Keine Antwort. Meine Leute Froh ob der gefundnen Beute Stuerzen jubelnd drauf und dran. Und nach einem jener Gaenge Die in wildverworrner Menge, Halb verfallen, weit umhin Dieses Schlosses Wall umziehn, Sahn wir einen Schatten fliehn. Euer Vater stand der Naechste, Und mit vorgehaltnem Degen Stuerzt er jugendlich verwegen, Nach dem Raeuber in den Gang. Da ertoent ein matter Schrei. Eilig stuerzen wir herbei. Euer Vater liegt am Boden, Ohne Leben, ohne Odem, Seiner selbst sich nicht bewusst, Einen Dolch in seiner Brust. Berta. Einen Dolch? Hauptmann. Ja, liebes Fraeulein! Berta. Einen Dolch? Hauptmann. Ja, einen Dolch. Berta. Fort! hinaus! hinaus! hinaus! Hauptmann (sie zurueckhaltend). Bleibt doch, liebes Fraeulein, bleibt doch! Seht man bringt ihn.-- (Soldaten und Diener bringen den Grafen auf einer Tragbahre, die sie in der Mitte der Buehne niedersetzen.) Berta. Gott! Mein Vater! Lasst mich! Lasst mich! Hauptmann. Ruhig, Fraeulein! Denn Ihr toetet Euch und ihn! Ruhig! Berta. Ruhig?--Lasst mich! Lasst mich! (Sich losreissend und an der Bahre niederstuerzend.) Vater! Vater! O mein Vater! Graf (in Absaetzen). Ah bist du es, meine Berta? Gutes Maedchen, armes Kind, Armes, armes, armes Kind! Berta. Vater, mir nicht diese Guete, Vater, mir nicht diese Huld, Sie vergroessert meine Schuld! Graf. Wenn in jenem Augenblicke Bei der Fackeln fernem Licht Mich getaeuscht mein Auge nicht, Wenn er's war, er den ich meine-- Armes, armes Kind, dann weine Um dich selber, nicht um mich! Wo ist Jaromir? Berta (bebend, leise). Ich weiss nicht. Graf. Wo ist Jaromir, mein Kind? Berta (ihr Gesicht in die Kissen verbergend). Vater! Vater! Graf. Nun, es sei! Fahre wohl denn, fahre wohl Meine letzte, einz'ge Hoffnung! Wohl, die Sonne ist hinunter, Ausgeglimmt der letzte Schein, Dunkle Nacht bricht rings herein. Es ist Schlafens-, Schlafenszeit!-- Gutes Maedchen, armes Kind, Klage, dulde, leide, stirb! Dir kann nimmer Segen werden, Fuer dich gibt's kein Glueck auf Erden, Bist du ja doch meine Tochter, Bist doch eine Borotin. Guenther. Haltet ein, mein gnaed'ger Herr! Eure matte, wunde Brust Leidet unter Eurem Sprechen. Graf. Lass mich, treuer Diener, lass mich Noch einmal, am Rand des Grabes, Diesem wuesten, wirren Leben, Wuest und rauh und dennoch schoen, Noch einmal ins Auge sehn. Seine Freuden, seine Leiden Mich zum letzten, letzten Abschied, Noch einmal als Mensch mich fuehlend, Druecken an die Menschenbrust. Noch zum letzten Male schluerfen Aus dem bittersuessen Becher-- Und dann Schicksal nimm ihn hin! Berta. Vater, nein! Nicht sterben!--Nein! Nein, Ihr duerft nicht, duerft nicht sterben! Seht, ich klammre mich an Euch Seht, Ihr duerft, Ihr koennt nicht sterben! Graf. Willst du mit den Kinderhaenden In des Schicksals Speichen greifen? Seines Donnerwagens Lauf Haelt kein sterblich Wesen auf. (Ein Soldat koemmt.) Soldat (zum Hauptmann). Eben hat man einen Raeuber, Der im Schilfe lag verborgen Von dem nahgelegnen Weiher, Edler Herr, hier eingebracht. Graf. Einen Raeuber? Berta. Guet'ger Gott! Graf. Juengling noch? Von schlankem Wuchse? Soldat. Nein, Herr Graf, beinah schon Greis. Er verlangt mit Euch zu sprechen. Wicht'ges hab' er zu verkuenden, Wichtiges fuer ihn und Euch. Hauptmann. Mag der Boesewicht es wagen Dieses Mannes letzte Stunden-- Graf. Lasst ihn kommen, lieber Herr! Hat er sich gen mich vergangen, Will ich sterbend ihm verzeihn, Oder ward vielleicht von mir Ihm Beleid'gung oder Unbild, Soll ich aus dem Leben scheiden Mit des Armen Fluch beschwert? Hauptmann. Wohl, er komme! (Soldat ab.) Guenther. Gnaed'ger Herr, Unbequem ist dieses Lager. Ihr erlaubt es wohl, wir tragen Euch in Euer Schlafgemach. Graf. Nein, nicht doch! Hier will ich bleiben, Hier in dieser heil'gen Halle: Die des Knaben muntre Spiele, Die des Juenglings bunte Traeume, Die des Mannes Taten sah, Soll auch sehn des Greises Ende. Hier, wo meiner Ahnen Geister Mich mit leisem Flug umschweben, Hier, wo von den hohen Waenden Eine lange, wuerd'ge Reihe, Die noch jetzt der Ruhm erhebt, Niederschaut auf ihren Erben, Wo die Vaeter einst gelebt, Soll der letzte Enkel sterben! (Boleslav tritt ein, von Wachen gefuehrt.) Boleslav (sich auf die Kniee niederwerfend). Gnaed'ger Herr, ach habt Erbarmen! Lasst mich Gnade, Gnade finden, Sprecht fuer mich ein maechtig Wort! Und zum Lohne will ich dann Eine Kunde Euch erteilen, Die schnell Euer Siechtum heilen, Euch mit Lust erfuellen soll. Graf. Gibt's fuer mich gleich keine Kunde, Die so maechtig wie du sprichst, Doch versprach ich dir zur Stunde, Hier in meines Freundes Geist, Wenn's zum Guten was du weisst Sollst du gnaed'ge Richter finden, Gnaedig auch bei schweren Suenden. Boleslav. Wohl so hoert, ach, und verzeiht! Einst, jetzt sind's wohl zwanzig Jahre, Ging ich eines Sommerabends, Damals schon auf schlimmen Wegen, Hier an Euerm Schloss vorbei. Wie ich lauernd ringsum spaehe, Da gewahr ich an dem Weiher, Der an Eure Mauern stoesst, Einen schoenen, holden Knaben, Kaum drei Jahre mocht' er haben; Der warf spielend Stein auf Stein In die klare Flut hinein. Guenther. Guet'ger Gott! Graf. Was werd ich hoeren! Boleslav. Schoen und koestlich war sein Kleid, Und um seinen weissen Nacken Hing ein funkelndes Geschmeid. Mich geluestet nach der Beute. Ringsum schau ich, nirgends Leute, Ich und er nur ganz allein. Ich versuch's ihn anzulocken, Abzulocken ihn vom Schlosse, Zeig ihm Blumen, zeig ihm Fruechte, Und der Knabe froh und heiter Folgt mir weiter, immer weiter Bei des Abends Daemmerschein In den duestern Wald hinein. Graf. Ach es war, es war mein Sohn! Guenther. Und wir glaubten ihn ertrunken, In des Weihers Schlamm versunken, Weil sein Hut im Wasser schwamm! Graf. Jubelst du in toller Lust, Glaubst du, dass in Raeubers Brust Menschlichkeit und Mitleid wohnet? Glaubst du, dass er ihn verschonet? Boleslav. Ja ich habe ihn verschont! Morden wollten ihn die Brueder, Dass nicht durch des Knaben Mund Unsre Wege wuerden kund, Doch ich setzte mich dawider. Und als die Gefaehrten schwoeren, Nimmer soll' er wiederkehren Aus des Waldes Nacht heraus In der Eltern heimisch Haus, Da, Herr, dau'rte mich der Kleine, Da ward Euer Sohn der meine. Bald vergass er Euch und sich, Und er ehrt als Vater mich. Graf. Gott! Mein Sohn!--Er lebt! er lebt! Aber wie?--Ha, unter Raeubern! Ist wohl gar?--Weh ist-- Boleslav (mit gesenkten Augen). Was ich! Graf. Raeuber?--Gott, er sagt nicht: Nein! Schweigt erstarrt und sagt nicht: Nein! Ha mein Sohn ein Raeuber, Raeuber! Haett' ihn doch dein schwarzer Mund Tueckisch Wassergrab verschlungen, Besser, schien's mir gleich so hart, Waer' sein Name nie erklungen, Als mit Raeuber jetzt gepaart. Aber ach, was fluch ich ihm? Gott, hab Dank fuer diesen Strahl! Raeuber! War's denn seine Wahl? Bring ihn, Guter, bring ihn mir, Auch fuer den Raeuber dank ich dir! Boleslav. Er ist hier in Euerm Schlosse! Graf. Hier?-- Boleslav. Ja, Herr, Euch unbekannt. Jener Fremde der heut abend Matt und bleich um Zuflucht bat-- Berta. Jaromir? Boleslav. Derselbe, ja! Graf. Teufel! Schadenfroher Teufel! Nimm's zurueck das Donnerwort, Nimm's zurueck! Boleslav. Er ist's, mein Herr! Graf. Widerruf! Boleslav. Ich kann nicht, Herr! Graf (sich mit hoechster Anstrengung aller Kraefte vom Lager aufrichtend). Widerruf! Hauptmann (besaenftigend zum Grafen). Herr Graf! (Auf Boleslav zeigend.) Fort mit ihm! Boleslav. Mein Herr Ritter! Hauptmann. Fort mit ihm! (Boleslav wird abgefuehrt.) Graf. Er geht fort, und sagt nicht: Nein! So begrabt mich denn ihr Mauern, Und Verwuestung brich herein, Stuerzet ein ihr festen Saeulen, Die der Erde Ball getragen, Denn den Vater hat sein Sohn erschlagen! (Zuruecksinkend.) Berta (aufs Lager hinstuerzend). Todespforte tu dich auf! (--Pause.--Alle stehen in stummen Entsetzen.) Graf. Wie hab ich so oft geklagt, Dass ein Sohn mir ward versagt, Kampfgerecht und lehenbar, Wie der Vaeter hohe Schar. Seht des Schicksals giftigen Hohn! Seht, ich habe einen Sohn, Es erhielt ihn mild am Leben, Mir den Todesstreich zu geben! Wenn mein Aug' sich traenend netzte, War die Klage ohne Not, Vaeter, ich bin nicht der Letzte! Noch lebt einer!--am Schafott!-- Was liegt dort zu meinen Fuessen Und blinkt mich so blutig an? Guenther (den Dolch aufhebend und hinhaltend). 's ist der Dolch, der Euch verwundet! Graf. Dieser war es? Dieser Dolch? Ja du bist es, blutig Eisen, Ja, du bist's, du bist dasselbe, Das des Ahnherrn blinde Wut Tauchte in der Gattin Blut. Ich seh dich, und es wird helle, Hell vor meinem trueben Blick. Seht ihr mich verwundert an? Das hat nicht mein Sohn getan! Tiefverhuellte, finstre Maechte Lenkten seine schwanke Rechte! (Guenthern anfassend.) Wie war, Alter, deine Sage, Von der Ahnfrau frueher Schuld, Von dem suendigen Geschlecht, Das in Suenden ward geboren Um in Suenden zu vergehn! Seht ihr jenen blut'gen Punkt Aus der grauen Vaeterwelt, Gluehendhell herueberblinken? Seht, vom Vater zu dem Sohne Und vom Enkel hin zum Enkel Rollt er wachsend, wallend fort, Und zuletzt zum Strom geschwollen, Hin durch wildgesprengte Daemme, Ueber Felder, ueber Fluren, Menschendaseins, Menschengluecks Leichtdahingeschwemmte Spuren, Waelzt er seine Fluten her, Uferlos, ein wildes Meer. Ha, es steigt, es schwillt heran, Des Gebaeudes Fugen krachen, Sinkend schwankt die Decke droben Und ich fuehle mich gehoben! Tiefverhuellte Warnerin, Suend'ge Mutter suend'ger Kinder, Trittst du draeuend hin vor mich? Triumphiere! Freue dich! Bald, bald ist dein Stamm vernichtet; Ist mein Sohn doch schon gerichtet! Nimm denn auch dies Leben hin, Es stirbt der letzte Borotin! (Sinkt sterbend zurueck.) Guenther. Gott! Es sprengen die Verbande! Weh, er stirbt! (Ueber ihn gebeugt, die Hand auf seine Brust gelegt, nach einer Pause.) Er ist nicht mehr!-- Kalt und bleich sind diese Wangen, Diese Brust hat ausgebebt. Qualvoll ist er heimgegangen, Qualvoll, so wie er gelebt. Fahr denn wohl, du reine Seele, Ach und deine Tugenden Tragen dich wie lichte Engel, Von der Erde Leiden los In des Allerbarmers Schoss. Schlummre bis zum Morgenrot, Guter Herr, und was dies Leben, Karg und hart, dir nicht gegeben, Gebe freundlich dir der Tod! (Er sinkt betend auf die Kniee nieder. Der Hauptmann und alle Umstehenden entbloessen die Haeupter. Feierliche Stille.) Hauptmann. So, ihm ward der Andacht Zoll! Und jetzt Freunde, auf, zu raechen Das entsetzliche Verbrechen Auf des blut'gen Moerders Haupt! Guenther. Wie, Ihr wolltet? Hauptmann. Fort, mir nach! (Ab mit seinen Leuten.) Guenther. Guet'ger Himmel! Haltet ein! Hoert Ihr nicht? Es ist sein Sohn! Meines Herren einz'ger Sohn! Fraeulein Berta!--Hoert doch, hoert! (Dem Hauptmanne nach.) Berta (sich aufrichtend). Rief man mir?--Nu, Berta rief es, Ei, und Berta ist mein Name.-- Aber nein, ich bin allein! (Vom Boden aufstehend.) Stille, still! Hier liegt mein Vater, Liegt so sanft und regt sich nicht. Stille! Stille! Stille! Stille! Wie so schwer ist dieser Kopf, Meine Augen truebe, truebe! Ach ich weiss wohl, manche Dinge, Manche Dinge sind geschehn, Noch vor kurzem erst geschehn; Sinnend denk ich drueber nach; Aber ach, ein lichter Punkt, Der hier an der Stirne brennt, Der verschlingt die wirren Bilder! Halt! Halt! Sagten sie denn nicht, Nicht, mein Vater sei ein Raeuber? Nicht mein Vater, nicht mein Vater! Jaromir, so hiess der Raeuber! Der stahl eines Maedchens Herz Aus dem tiefverschlossnen Busen, Ach, und statt des warmen Herzens Legte er in ihren Busen Einen kalten Skorpion, Der nun grimmig, wuetend nagt Und zu Tod' das Maedchen plagt. Und ein Sohn erschlug den Vater (freudig.) Und mein Bruder kam zurueck, Mein ertrunkner, toter Bruder! Und der Bruder--Halt!--Hinunter! Nur hinunter, da hinunter! Fort in euren schwarzen Kaefich! (Die Hand krampfig aufs Herz gepresst.) Nage, nage, gift'ges Tier, Nage, aber schweige mir! (Ein Licht vom Tische nehmend.) Ei, ich will nur schlafen gehn, Schlafen, schlafen, schlafen gehn. Lieblich sind des Schlafes Traeume, Nur das Wachen traeumt so schwer! (Ihre umherschweifenden Blicke auf den Tisch heftend.) Was blinkt dort vom Tisch mich an? O ich kenn dich, schoenes Flaeschchen! Gab mir's nicht mein Braeutigam? Gab zum Brautgeschenke mir's. Sprach er nicht als er mir's gab, Dass in dieser kleinen Wiege Schlummernd drin der Schlummer liege? Ach der Schlummer! Ja, der Schlummer! Lass an deinem Rand mich nippen, Kuehlen diese heissen Lippen, Aber leise--leise--leise.-- (Sie geht auf den Zehenspitzen, mit jedem Schritte mehr wankend auf den Tisch zu. Eh' sie ihn noch erreicht, sinkt sie zu Boden.) Ende des vierten Aufzuges Fuenfter Aufzug Schlosszwinger. Von allen Seiten halbverfallene Werke. Links an einer Wand des Vorgrundes ein Fenster in der Mauer. Im Hintergrunde ein Teil des Wohngebaeudes mit der Schlosskapelle. Jaromir (kommt durch die Nacht). So,--Hier ist der Ort, das Fenster! Hier in diesen wuesten Mauern Will ich tiefverborgen lauern, Bis des Glueckes Stunde schlaegt. (Auf und ab gehend.) Fort, ihr marternden Gedanken, Schlingt nicht eure dunkeln Ranken In dies weichliche Gefuehl! Pfui! Der nie dem Tod gezittert, Fest und mutig, den erschuettert Loser Bilder leichtes Spiel!-- Ha, und wenn ich ihn erschlug, Ihn der mich erschlagen wollte, Was ist's, dass ich zittern sollte? Hat die Tat nicht Grund genug? Hab ich ihm den Tod gegeben, War's in ehrlichem Gefecht, Ei, und Leben ja um Leben, Spricht die Sitte, spricht das Recht! Wer ist's, der darob erroetet, Dass er seinen Feind getoetet, Was ist's mehr?--Drum fort mit euch, War ich sonst doch nicht so weich!-- Und wenn's recht, was ich getan, Warum fasst mich Schauder an? Warum brennt es hier so heiss, Warum wird mein Blut zu Eis? Warum schien's, als ich es tat, In dem schwarzen Augenblicke, Teufel zoegen mich zur Tat, Gottes Engel mich zuruecke! Als ich fliehend in den Gang, Der Verfolger nach mir sprang, Schon sein Atem mir im Nacken, Jetzt mich seine Haende packen, Da rief's warnend tief in mir, Deine Waffen wirf von dir Und dich hin zu seinen Fuessen, Suess ist's durch den Tod zu buessen! Aber rasch, mit neuer Glut Flammt empor die Raeuberwut Und ruft ungestuem nach Blut. Vor den Augen seh ich's flirren, Hoer es um die Ohren schwirren, Geister, bleich wie Mondenglanz, Wirbeln sich im Ringeltanz, Und der Dolch in meiner Hand Gluehet wie ein Hoellenbrand! Rette, ruft es, rette dich! Und blind stoss ich hinter mich. Ha es traf. Ein wimmernd Ach Folgt dem raschen Stosse nach, Mit bekannter, suesser Stimme, Mit erstorbner Klagestimme. Bebend hoer ich sie erschallen. Da fasst ungeheure Angst Mich mit kalten Eises-Krallen. Wahnsinn zuckt mir durchs Gehirn. Bebend such ich zu entweichen Mit dem blutigen Kains-Zeichen Flammend auf der Moerderstirn. All mein Ringen, all mein Treiben Kann den Ton nicht uebertaeuben, Immer droehnt mir dumpf und bang In das Ohr sein hohler Klang; Und mag ich mir's immer sagen: Deinen Feind hast du erschlagen; Ruft der Hoelle gift'ger Hohn: Das war keines Feindes Ton!-- Doch wer naht dort durch die Truemmer, Eilig schreitend auf mich zu? Tor! Den Rueckweg findst du nimmer, Ich muss fallen, oder du. Denn wenn einmal nur der Tiger Erst gesaettigt seine Wut, Bleibt die Gierde ewig Sieger Und sein Innres schreit nach Blut. (Er zieht sich zurueck.) (Boleslav kommt.) Boleslav. Gott sei Dank! Es ist gelungen, Ledig bin ich meiner Haft, Doch von Mauern noch umrungen Und schon schwindet meine Kraft. Dass ich ihn doch finden koennte, Ihn, den Teuern, den ich suche, Meinen, seinen, unsern Sohn. Werf ich mich mit Jaromir Zu des maecht'gen Vaters Fuessen, O dann muss der Richter schonen, Trifft desselben Schwertes Streich, Doch den Sohn mit mir zugleich. Jaromir (hervortretend). Das ist meines Vaters Stimme! Boleslav. Jaromir!--du bist's? Jaromir. Ich bin's. Boleslav. Sei gesegnet! Jaromir. Grossen Dank! Ei, behaltet Euren Segen, Raeubers Segen ist wohl Fluch. Und woher des Wegs, mein Vater? Welcher Dietrich, welche Leiter Fuehrt Euch in des Sohnes Arm? Boleslav. Ach, ich war in Feindeshaenden. An dem Weiher dort gefangen, Ward ich in das Schloss gebracht. Doch benutzend die Verwirrung, Die des Grafen jaehe Krankheit Unter seine Diener streute, Sucht' ich Rettung, und entsprang. Jaromir. Und entsprangt? Ihr seid mein Mann! Seht, so hab ich auch getan; Denn uns blueht kein Glueck, uns beiden, Unter unbescholtnen Leuten, In des Waldes Nacht und Graus, Fuehlt ein Raeuber sich zu Haus. Recht mein Vater! Wackrer Vater! Wuerdig eines solchen Sohns. Boleslav. Solchen Sohns?--Er weiss noch nicht!-- Jaromir, du nennst mich Vater! Jaromir. Soll ich nicht?--Wohl, tauschen wir! Nehmt den Vater Ihr zurueck, Doch erlasst mir auch den Sohn! Boleslav. Wozu mag noch Schweigen frommen, Ist die Stunde doch gekommen, Wo die Huelle fallen muss. Nun wohlan denn, so erfahre Das Geheimnis langer Jahre: Wer dir gab des Lebens Licht. Lass den Dank nur immer walten, Denn ich habe dir's erhalten, Wenn auch gleich gegeben nicht. Jaromir. Ha!--Wenn gleich gegeben nicht? Nicht gegeben? Nicht gegeben? Boleslav. Nein, mein Sohn, nicht mehr mein Sohn. Jaromir. Nicht dein Sohn?--Ich nicht der Sohn Jenes Raeubers Boleslav? Alter Mann, ich nicht dein Sohn? Lass mich's denken, lass mich's fassen, O es fasst, es denkt sich schoen! Ich gehoerte mit zum Bunde, Den verzweifelnd ich gesucht, Und Gott haette in der Stunde Der Geburt mir nicht geflucht? Meinen Namen nicht geschrieben Ein in der Verwerfung Buch, Duerfte hoffen, duerfte lieben Und mein Beten ist kein Fluch? (Boleslav hart anfassend.) Ungeheuer! Ungeheuer! Und du konntest mir's verhehlen, Sahst mich gift'ge Martern quaelen, Sahst des Innern blut'gen Krieg, Ha, und deine Lippe schwieg! Schlichst dich kirchenraeuberisch In des reinen Kinderbusens Unentweihtes Heiligtum; Stahlst des teuren Vaters Bild Von der gottgeweihten Schwelle, Setztest deines an die Stelle! Ungeheuer! Ungeheuer! Wenn ich im Gebete kniete, Und des Dankes Gegenstand, Der, mir selber unbekannt, In dem heissen Herzen brannte, Lebensschenker, Vater nannte, Segen auf ihn niederflehte, Schlichst du dich in die Gebete, Eignetest dir, Moerder, du, Meiner Lippen Segen zu! Sprich's noch einmal, sprich es aus, Dass du dir den Vaternamen Wie ein feiger Dieb gestohlen, Moerder! Dass ich nicht dein Sohn! Boleslav. Ach mein Sohn-- Jaromir. Sprich es nicht aus! Deine Zunge toene Mord, Aber nicht dies heil'ge Wort!-- Nicht dein Sohn! Ich nicht dein Sohn! Habe Dank fuer diese Nachricht! Moerder! Darum hasst' ich dich, Seit ich Gottes Namen nenne, Seit ich Gut und Boeses kenne. Darum bohrten deine Blicke Sich wie Meuchelmoerder-Dolche In des Knaben warme Brust, Darum fasst' ihn kalter Schauder, Wenn du mit den blut'gen Haenden Seine vollen Wangen strichst, Dich zu ihm herunter neigtest, Auf erschlagne Leichen zeigtest, Und dein Mund mit Laecheln sprach: Werd ein Mann, und tu mir nach! Und ich Tor, ich blinder Tor, Ich verstand des eignen Innern Tief geheime Warnung nicht, Rang mit meinem weichen Herzen, Rang in fruchtlos blut'gem Ringen Um ihm Liebe abzudraengen Fuer des Mannes greises Haar, Der der Unschuld Henker war. Boesewicht, gib mir zurueck, Was mir die Geburt beschieden, Meiner Seele goldnen Frieden, Meines Daseins ganzes Glueck, Meine Unschuld mir zurueck! Boleslav. Gott im Himmel! Hoere doch! Jaromir. Und wo ist, wer ist mein Vater? Fuehr mich hin zu seinen Fuessen. Lass ihn einen Landmann sein, Der mit seiner Stirne Schweiss Seiner Vaeter Erbe duenget. Hin zu ihm! An seiner Seite, Will ich gern, ein Landmann nur, Mit der sparsamen Natur Ringen um die karge Beute, Legen meiner Traenen Saat Mit dem Samen in die Erde, Froh wenn mir die Hoffnung naht, Dass noch beides gruenen werde. Lass ihn einen Bettler sein; Ich will leiten seine Schritte, Teilen seine duerft'ge Huette, Teilen seine Angst und Not, Teilen sein erbettelt Brot; Will, wenn spaete Sterne blinken, Auf den nackten Boden sinken, Und mich reich und selig duenken, Reicher als kein Koenig ist, Wenn der Schlaf mein Auge schliesst. Sprich wo ist er? Fuehr mich hin! Boleslav. Nun wohlan, so folge mir! Nicht ein niedrig dunkler Landmann Nicht ein Sklav' in Bettlertracht, Nein, ein Mann von Rang und Macht, Den des Landes Hoechste kennen Und den Fuersten Bruder nennen, Dem der Ersten Haupt sich beugt, Jaromir, hat dich gezeugt. Heiss den duestern Missmut fliehn, Denn dein Los ist nicht so herbe, Stolz sieh auf den Boden hin, Du trittst deiner Vaeter Erbe, Bist ein Graf von Borotin! Jaromir (zusammenfahrend). Ha!-- Boleslav. Deiner Kindheit erstes Lallen Hoerten dieses Schlosses Hallen, Hier hast du das Licht erblickt, Und bei des Besitzers Kuessen Hast du ohne es zu wissen Vaters Brust ans Herz gedrueckt. Jaromir (schreiend). Nein! Boleslav. Es ist so wie ich sagte! Komm mit mir hinauf zu ihm. Des Gesetzes rauhe Stimme, Hart und fuerchterlich dem Raeuber, Mildert seinen strengen Ton Gegen jenes Maecht'gen Sohn! Komm mit mir, weil es noch Zeit. Hart verletzt liegt er darnieder Und wer weiss, ersteht er wieder, Denn nur jetzt, in dieser Nacht, In des Schlosses duestern Gaengen, Unsrer Brueder Spur verfolgend Traf ihn eines Fluecht'gen Dolch. Jaromir. Teufel! Schadenfroher Teufel! Toetest du mit einem Wort? Glaubst du, weil ich keine Waffen? Die Natur, die halb nichts tut, Gab mir Krallen, gab mir Zaehne, Gab zu der Hyaene Wut Mir auch Waffen der Hyaene! Natter, lass mich dich zertreten, Senden dich ins Heimatland! Koennen deine Worte toeten, Besser kann's noch diese Hand! (Auf ihn losgehend.) Boleslav. Er ist rasend! Rettung! Hilfe! (Fliehend ab.) Jaromir. Waer' es wahr? Ha waer' es wahr, Was des Untiers Mund gesprochen? Und wovon schon der Gedanke, Nur das Bild der Moeglichkeit, Meine raschen Pulse stocken, Mir das Mark gerinnen macht. Waer' es Wahrheit?--Ja, es ist! Ja, es ist! es ist! es ist! Ja! toent's durch die dumpfen Sinne, Ja! heult's aus dem finstern Innern Und die schwarzen Schreckgestalten, Die vor meiner Stirne schweben, Neigend ihre blut'gen Haeupter, Winken mir ein graesslich Ja! Ha und jener Klageton, Der erscholl in blut'ger Stunde Aus des Hingesunknen Munde, Er ist meinem Ohre nah Und seufzt wimmernd, sterbend: Ja! Er mein Vater, er mein Vater! Ich sein Sohn, sein Sohn und--Ha! Wer spricht hier? Wer sprach es aus? Aus das Wort, das selbst ein Moerder, In des Herzens tiefste Falten Bleich und bebend sich verbirgt. Wer sprach's aus? Sein Sohn und Moerder! Ha, sein Sohn, sein Sohn und Moerder! (Die Haende vors Gesicht schlagend.) Was die Erde Schoenes kennet, Was sie hold und lieblich nennet, Was sie hoch und heilig glaubt, Reicht nicht an des Vaters Haupt. Balsam stroemt von seinen Lippen Und auf wem sein Segen ruht, Der schifft durch des Lebens Klippen Laechelnd ob der Stuerme Wut. Doch wer in der Sinne Toben, Gottesraeuberisch, verrucht, Gegen ihn die Hand erhoben Ist verworfen und verflucht. Ja, ich hoer mit blut'gem Beben Wie der ew'ge Richter spricht: Allen Suendern wird vergeben, Nur dem Vatermoerder nicht! Sprenge deine starken Fesseln Gift'ges Laster, komm hervor Aus der Hoelle offnem Tor. Lass sie los die schwarzen Scharen, Die so lang gebunden waren. Hinterlist mit Netz und Stricken, Luege mit dem falschen Wort, Neid, du mit den hohlen Blicken, Mit dem blut'gen Dolche Mord! Meineid mit dem gift'gen Mund, Gotteslaestrung, toller Hund, Der die Zaehne grimmig bleckt Gegen den, der ihn gepflegt. Brecht hervor, durchstreift die Welt Und veruebt was euch gefaellt. Was ihr auch getan, getrieben, Ungestraft moegt ihr's verueben, Euer Tun reicht nicht hinan, Nicht an das, was ich getan! Ha, getan!--Hab ich's getan? Kann die Tat die Schuld beweisen, Muss der Taeter Moerder sein? Weil die Hand, das blut'ge Eisen, Ist drum das Verbrechen mein? Ja ich tat's, fuerwahr ich tat's! Aber zwischen Stoss und Wunde, Zwischen Mord und seinem Dolch, Zwischen Handlung und Erfolg Dehnt sich eine weite Kluft, Die des Menschen gruebelnd Sinnen, seiner Willensmacht Beginnen, Alle seine Wissenschaft, Seines Geistes ganze Kraft, Seine bruestende Erfahrung, Die nicht aelter als ein Tag, Auszufuellen nicht vermag. Eine Kluft, in deren Schoss, Tiefverhuellte, finstre Maechte Wuerfeln mit dem schwarzen Los Ueber kommende Geschlechte. Ja, der Wille ist der meine, Doch die Tat ist dem Geschick, Wie ich ringe, wie ich weine, Seinen Arm haelt nichts zurueck. Wo ist der, der sagen duerfe: So will ich's, so sei's gemacht! Unsre Taten sind nur Wuerfe In des Zufalls blinde Nacht. Ob sie frommen, ob sie toeten? Wer weiss das in seinem Schlaf! Meinen Wurf will ich vertreten, Aber das nicht was er traf! Dunkle Macht, und du kannst's wagen Rufst mir Vatermoerder zu? Ich schlug den, der mich geschlagen, Meinen Vater schlugest du!-- --Doch wer haelt dies Bild mir vor? Ha, wer fluestert mir ins Ohr? Halt! Lass mich die Kunde teilen! Wunden, sprichst du, Wunden heilen Und Verwundete genesen. Habe Dank du guet'ges Wesen, Segensbote habe Dank! Mit der Hoffnung auf sein Leben Hast du meines mir gegeben, Das verzweifelnd schon versank. Ja, er wird, er muss gesunden, Heilen muessen jene Wunden, Die der Hoelle gift'ger Trug, Nicht der Sohn dem Vater schlug. Ich will hin zu seinen Fuessen, Will die blut'gen Male kuessen, Und des Schmerzes heisse Glut Kuehlen mit der Traenen Flut. Nein, in jenen duestern Fernen, Waltet keine blinde Macht, Ueber Sonnen, ueber Sternen Ist ein Vateraug' das wacht; Keine finstern Maechte raten Blutig ueber unsern Taten, Sie sind keines Zufalls Spiel, Nein, ein Gott, ob wir's gleich leugnen, Fuehrt sie, wenn auch nicht zum eignen, Immer doch zum guten Ziel. Ja, er hat auch mich geleitet, Wenn ich gleich die Hand nicht sah, Der die Schmerzen mir bereitet, Ist vielleicht in Wonne nah. (Die Fenster der Schlosskapelle haben sich waehrend dem erleuchtet, und sanfte, aber ernste Toene klingen jetzt herueber.) Was ist das?--Habt Dank! Habt Dank! Saeuselt, saeuselt, holde Toene, Saeuselt lieblich um mich her, Sanft und weich, wie Silberschwaene Ueber ein bewegtes Meer. Schuettelt eure weichen Schwingen, Traeufelt Balsam auf dies Herz, Lasst die Himmelslieder klingen, Einzuschlaefern meinen Schmerz. Ja, ich kenne eure Stimme, Ihr sollt laden mich zum Bund, Der mich rief in Donners Grimme, Ruft mich jetzt durch euren Mund. Lasst ihr mich Verzeihung hoffen? Ihr toent fort und sagt nicht: Nein, Seht die Pforten stehen offen, Friedensboten ziehet ein! (Die Toene nehmen nach und nach einen immer ernsteren Charakter an, und begleiten zuletzt folgende Worte:) Chor (von innen). Auf, ihr Brueder! Senkt ihn nieder In der Erde stillen Schoss, In der Truhe Finde Ruhe, Die dein Leben nicht genoss. Jaromir. Aendert ihr so schnell das Antlitz Unerklaerte Geisterstimmen? Habt so lieblich erst geschienen, Zoget ein, wie Honigbienen, Und jetzt kehrt ihr fuerchterlich Euren Stachel wider mich! Das sind keine Friedensklaenge, Ha, so toenen Grabgesaenge! Dort in der Kapelle Licht-- Stille Herz! Weissage nicht! Ich will sehen, sehen, sehen! Sollt' ich drueber auch vergehen. (Er klettert an verfallenem Gestein bis zum Kapellfenster empor.) Gesang (faehrt fort). Hat hienieden Auch den Frieden Dir dein eigen Kind entwandt, Dort, zum Lohne, Statt dem Sohne Reicht ein Vater dir die Hand. Und den Blinden Wird er finden Wie er Abels Moerder fand, Das Verbrechen Wird er raechen Mit des Richters schwerer Hand. Jaromir (wankend und bleich zurueckkommend). Was war das?--Hab ich gesehn? Ist es Wahrheit, Wahrheit, Wahrheit, Oder spiegeln diese Augen Nur des Innern dunkle Bilder Statt der lichten Aussenwelt? Starr und dumpf in wuestem Graus Lag das weite Gotteshaus, Seine leichenblassen Wangen Mit des Trauers Flor umhangen; Am Altar des Heilands Bild Abgewandt und tief verhuellt, Als ob Dinge da geschehen, Die's ihn schaudre anzusehen. Und aus schwarzverhuelltem Chor Wanden Toene sich empor, Die um Straf' und Rache baten Ueber ungeheure Taten. Und am oeden Hochaltar, Ringsum eine Dienerschar, Lag, umstrahlt von dumpfen Kerzen, Eine Wunde auf dem Herzen, Weit geoeffnet, blutig rot, Lag mein Vater bleich und tot. Wie, mein Vater? Mag ich's sagen? Nein, lag der, den ich erschlagen, Denn, was auch die Hoelle spricht, Nein, er war mein Vater nicht! Bin ich ja doch nur ein Mensch, Meine Taten, wenn gleich schwarz, Sind ja doch nur Menschentaten, Und ein Teufel wuerde beben, Gaelt' es eines Vaters Leben. Hab ich doch gehoert, gelesen Von der Stimme der Natur, Waer' mein Vater es gewesen, Warum schwieg sie damals nur? Musste sie nicht donnernd schreien, Als der Dolch zum Stoss geneigt, Halt! Dem deine Haende draeuen, Moerder, der hat dich gezeugt! Und wenn sie, sie die ich liebe, Liebe?--Nein die ich begehre, Wenn sie meine Schwester waere, Woher diese heisse Gier, Die mich flammend treibt zu ihr? Schwester? Schwester! Toller Wahn! Zieht es so den Bruder an? Wenn uns Hymens Fackeln blinken, Wir uns in die Arme sinken, In des Brautbetts Bindeglut, Dann erst nenn ich sie mein Blut. Mir wird Tag. Die Nebel schwinden, Es erhellet sich die Nacht. Was ich suchte will ich finden, Was ich anfing sei vollbracht! Glaubst du, Wuensche koennen retten, Und entsuehnen kann ein Wort? Nie muss man den Weg betreten, Wer ihn trat, der wandle fort. Sie muss ich, ja sie besitzen, Mag der Himmel Rache blitzen, Mag die Hoelle Flammen spruehn Und mit Schrecken sie umziehn. Wie der tolle Wahn sie heisse, Weib und Gattin heisst sie hier Und durch tausend Donner reisse Ich die Teure her zu mir. Hier der Ort und hier das Fenster! Die Entscheidungsstunde naht Und mahnt laut mich auf zur Tat. (Im Hinaufsteigen.) Schauderst Liebchen? Sei nicht bange! Sieh, du harrest nicht mehr lange, In des Heissgeliebten Arm Ruht sich's selig, ruht sich's warm! (Durchs Fenster hinein.) (Hauptmann kommt mit Soldaten, die Boleslav fuehren.) Hauptmann. Suche nicht mehr zu entrinnen, Du hast Sorgfalt uns gelehrt! Ruhig und nicht von der Stelle! Aber wo ist dein Geselle? Hier, sprachst du, verliessest du ihn? Boleslav. Ja, mein Herr! Hauptmann. Er ist nicht hier! Soldat. Herr, an jenem kleinen Fenster Sah ich es von weitem blinken, Und es wollte mich beduenken, Dass ein Mensch in voller Hast Durch die enge Oeffnung steige. Und ich wette, Herr, er war's; In des Schlosses innern Gaengen Suchet er wohl Sicherheit. Hauptmann. Wohl, nicht mehr kann er entweichen, Wo er sei, an jedem Ort Soll die Rache ihn erreichen. Und nun folgt mir! Eilig fort! (Ab mit den Soldaten.) Grabgewoelbe. Im Hintergrunde das hohe Grabmal der Ahnfrau mit passenden Sinnbildern. Rechts im Vorgrunde eine Erhoehung, mit schwarzem Tuch bedeckt. Jaromir (kommt). So! Hier bin ich!--Mutig! Mutig!-- Schauer weht von diesen Waenden, Und die leisgesprochnen Worte Kommen meinem Ohre wieder Wie aus eines Fremden Mund.-- Wie ich gehe, wie ich wandle, Ziehet sich ein schwarzer Streif, Dunkel wie vergossnes Blut Vor mir auf dem Boden hin, Und ob gleich das Innre schaudert, Sich empoeret die Natur, Ich muss treten seine Spur. (Seine Haende begegnen sich.) Ha, wer fasst so kalt mich an? Meine Hand?--Ja, 's ist die meine. Bist du jetzt so starr und kalt, Sonst von heissem Blut durchwallt, Kalt und starr wie Moerderhand, Moerder, Moerder, Moerderhand! (Vor sich hinbruetend.) Possen!--Fort! Gebt euch zur Ruh'! Fort, es geht der Hochzeit zu! Liebchen, Braut, wo weilest du? Berta, Berta, komm! Die Ahnfrau (tritt aus dem Grabmale). Wer ruft? Jaromir. Du bist's! Nun ist alles gut, Wieder kehret mir mein Mut. Lass mich Maedchen dich umfangen, Kuessen diese bleichen Wangen-- Warum trittst du scheu zurueck, Warum starrt so trueb dein Blick, Lustig Maedchen, lustig Liebe! Ist dein Hochzeittag so truebe? Ich bin heiter, ich bin froh, Und auch du sollst's sein, auch du! Sieh mein Kind, ich weiss Geschichten, Wunderbar und laecherlich, Luegen, derbe, arge Luegen, Aber drum grad laecherlich. Sieh sie sagen--Lustig, lustig! Sagen, du seist meine Schwester! Meine Schwester!--Lache Maedchen, Lache, lache sag ich dir! Ahnfrau (mit dumpfer Stimme). Ich bin deine Schwester nicht. Jaromir. Sagst du s doch so weinerlich. Meine Schwester!--Lache sag ich! Und mein Vater--Von was anderm! Alles ist zur Flucht bereitet, Komm! Ahnfrau. Wo ist dein Vater? Jaromir. Schweige! Schweig! Ahnfrau (steigend). Wo ist dein Vater? Jaromir. Weib, Schweig und reiz mich laenger nicht! Du hast mich nur mild gesehn, Aber wenn die finstre Macht In der tiefen Brust erwacht Und erschallen laesst die Stimme, Ist ein Leu in seinem Grimme Nur ein Schosshund gegen mich; Blut schreit's dann in meinem Innern, Und der Naechste meinem Herzen Ist der Naechste meinem Dolch. Darum schweig! Ahnfrau (mit starker Stimme). Wo ist dein Vater! Jaromir. Ha! Wer heisst mich dir Rede stehn?-- Wo mein Vater?--Weiss ich's selbst? Meinst du jenen bleichen Greis Mit den heil'gen Silberlocken? Sieh, den hab ich eingesungen, Und er schlaeft nun, schlaeft nun, schlaeft! (Die Hand auf die Brust gepresst.) Manchmal, manchmal regt er sich, Aber legt sich wieder nieder, Schliesst die schweren Augenlider Und schlaeft murrend wieder ein.-- Aber Maedchen, narrst du mich? Komm mit mir, hinaus ins Freie! Schuettelst du dein bleiches Haupt? Eidvergessne, Undankbare, Lohnst du so mir meine Liebe, Lohnst du so was ich getan? Was mir teuer war hienieden, Meiner Seele goldnen Frieden, Welt und Himmel setzt' ich ein Um dich mein zu nennen, mein! Kenntest du die Hoellenschmerzen, Die mir nagen tief im Herzen, Fuehltest du die grimme Pein, Koenntest Reine du es wissen, Was ein blutendes Gewissen, O du wuerdest milder sein, O du sagtest jetzt nicht: Nein! Ahnfrau. Kehr zurueck! Jaromir. Ha, ich? zurueck? Nimmermehr! Nicht ohne dich, Geh ich, Weib, so folgst du mir. Und wenn selbst dein Vater kaeme, Und dich in die Arme naehme, Mit der grassen Todeswunde, Die mit offnem, blut'gem Munde, Moerder! Moerder! zu mir spricht, Meiner Hand entgingst du nicht. Ahnfrau. Kehr zurueck! Jaromir. Nein, sag ich, nein! (Man hoert eine Tuere aufsprengen.) Ahnfrau. Horch, sie kommen! Jaromir. Mag es sein! Leben, Berta, dir zur Seite Oder sterben neben dir. Ahnfrau. Flieh, entflieh, noch ist es Zeit! (Eine zweite Tuere wird eingesprengt.) Jaromir. Berta! Hierher meine Berta. Ahnfrau. Deine Berta bin ich nicht! Bin die Ahnfrau deines Hauses, Deine Mutter, Suendensohn! Jaromir. Das sind meiner Berta Wangen, Das ist meiner Berta Brust, Du musst mit! Hier stuermt Verlangen Und von dorther winkt die Lust. Ahnfrau. Sieh den Brautschmuck den ich bringe! (Sie reisst das Tuch von der bedeckten Erhoehung. Berta liegt tot im Sarge.) Jaromir (zuruecktaumelnd). Weh mir!-- Truggeburt der Hoelle! All umsonst! Ich lass dich nicht! Das ist Bertas Angesicht Und bei dem ist meine Stelle! (Auf sie zueilend.) Ahnfrau. So komm denn Verlorner! (Oeffnet die Arme. Er stuerzt hinein.) Jaromir (schreiend). Ha!-- (Er taumelt zurueck, wankt mit gebrochenen Knieen einige Schritte und sinkt dann an Bertas Sarge nieder.) (Die Tuere wird aufgesprengt. Guenther, Boleslav, der Hauptmann und Soldaten stuerzen herein.) Hauptmann (hereinstuerzend). Moerder, gib dich! Du musst sterben! (Die Ahnfrau streckt die Hand gegen sie aus. Alle bleiben erstarrt an der Tuere stehen.) Ahnfrau (sich ueber Jaromir neigend). Scheid in Frieden, Friedenloser! (Sie neigt sich zu ihm herunter und kuesst ihn auf die Stirne, hebt dann die Sargdecke auf und breitet sie wehmuetig ueber beide Leichen. Dann mit emporgehobenen Haenden:) Nun wohlan, es ist vollbracht, Durch der Schluesse Schauernacht Sei gepriesen ew'ge Macht!-- Oeffne dich, du stille Klause, Denn die Ahnfrau kehrt nach Hause! (Sie geht feierlichen Schrittes in ihr Grabmal zurueck. Wie sie verschwunden ist, bewegen sich die Eingetretenen gegen den Vorgrund zu.) Hauptmann. Ha, nun bist du unser-- Guenther (eilt dem Sarge zu, hebt die Decke auf und spricht mit Traenen). Tot! (Der Vorhang faellt.) Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Ahnfrau, von Franz Grillparzer. End of the Project Gutenberg EBook of Die Ahnfrau, by Franz Grillparzer *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE AHNFRAU *** This file should be named 7frau10.txt or 7frau10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7frau11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7frau10a.txt Produced by Delphine Lettau and Gutenberg Projekt-DE. Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. 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